"Papa, das Haus fällt ein." Ein ziemlich lauter Knall habe seine sechsjährige Enkeltochter erschreckt. Voller Angst sei sie aus ihrem Zimmer gerannt. "Das gab es noch nie", sagt Friedrich Hetzer aus Greußenheim. "Das Haus hat gewackelt wie bei einem Erdbeben."
Friedrich Hetzer wohnt zusammen mit seiner Frau in der Jägerstraße in Greußenheim. 1975 haben die Hetzers ihr Wohnhaus in der Siedlung gebaut. Nebenan ist der Frisiersalon, den erst Ehefrau Thekla geführt und den jetzt Tochter Nadja übernommen hat. Auch sie wohnt mit ihrer Familie hier. "Die Scheiben im Salon haben gewackelt", erzählt sie. Und in ihrer Wohnung würden seitdem die Türen klemmen.
Klirrende Gläser und klapperndes Geschirr
Es geht um den 9. März. Im Steinbruch Benkert, der auf der anderen Seite des Herchenbergs bei Roßbrunn liegt, wurde wieder gesprengt. Gut einen Kilometer ist die riesige Grube, in der heimischer Muschelkalk abgebaut wird, von der Jägerstraße in Greußenheim entfernt. "Seitdem wir hier wohnen gibt es den Steinbruch. Sprengungen sind für uns nicht ungewöhnlich", sagt Friedrich Hetzer und betont mehrmals: "Wir sind auch nicht gegen den Steinbruch. Aber die Sprengungen dürfen nicht so gewaltig sein."
Friedrich Hetzer fordert, dass die zuständigen Behörden Messungen durchführen. Denn, "die ganze Siedlung wackelt, das müsste doch angezeigt werden", sagt er und bekommt viel Zustimmung von seinen Nachbarn. Waltraud Geißler beispielsweise hat kleine Risse in den Wänden ihrer Wohnung. "Die Gläser im Schrank haben geklirrt", berichtet sie. "Diese Sprengung war wirklich brutal." Und auch Gertrud Volkenstein hat sie bemerkt. "Bei mir hat das Geschirr geklappert." In der Wohnzimmer-Vitrine der Hetzers klafft seit der Sprengung ein deutlicher Riss in der Glasscheibe.
Schon oft hätten sie nach derart gewaltigen Detonationen im Roßbrunner Werk der Firma Benkert angerufen und sich beschwert, erzählen die Betroffenen aus der Jägerstraße. "Ihr müsst weniger Sprengstoff nehmen", beschwerte sich Friedrich Hetzer über eine andere Sprengung am 24. März. Das ginge nicht, "weil wir dann öfter sprengen müssten", habe er von einem Mitarbeiter der Firma zur Antwort bekommen. Danach wandte er sich ans Landratsamt Würzburg.
Erschütterungen lagen unter den zulässigen Grenzwerten
Die Behörde hat reagiert und Hetzers Beschwerde überprüft. Das Ergebnis teilt die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage dieser Redaktion mit: "Die Beanstandungen haben sich nicht bestätigt. Die durchgeführten Erschütterungs- und Lärmmessungen zeigen, dass die Erschütterungen und der Lärm, der von den Sprengungen im Steinbruch ausgehen, deutlich unter den zulässigen Grenzwerten liegen." Die Messungen hätten ergeben, dass die maximalen Schwinggeschwindigkeiten 10,6 Prozent und 7,8 Prozent des zulässigen Wertes erreichten. Sei seien damit so geringfügig gewesen, dass die von Friedrich Hetzer geschilderten Glas- und Gebäudeschäden nicht durch die Sprengerschüterungen verursacht worden sein können.
Auch das Gewerbeaufsichtsamt und der beim Landratsamt angesiedelte technische Umweltschutz waren beteiligt und haben die Sprengprotokolle vom 9. und 24. März, über beide Sprengungen hatte sich Friedrich Hetzer beschwert, eingesehen. Der Betreiber des Steinbruchs lässt bei Sprengungen regelmäßig Erschütterungsmessungen durchführen. Bei beiden Sprengungen seien drei Sprenglagen verwendet worden, teilt das Landratsamt mit. Die Tiefe der Bohrlöcher, der Abstand oder die Lademenge seien dabei nahezu gleich gewesen.
Hat das Gewerbeaufsichtsamt an der falschen Stelle gemessen?
Dazu habe es eine Sprengung am 8. April gegeben, bei der auch Behördenvertreter anwesend waren. Das Gewerbeaufsichtsamt hat die Erschütterungen im Steinbruch und am Fundament der Wanderer-Hütte in Greußenheim gemessen und die Ergebnisse "liegen deutlich unter den zulässigen Grenzwerten". Weil die Wanderer-Hütte näher zum Steinbruch liegt als das Wohnhaus von Friedrich Hetzer seien bei ihm noch geringere Werte zu erwarten, heißt es vom Landratsamt.
"So darf man aber nicht vorgehen", sagt Richard Lankes vom bayerischen Sprengverein. "Zählbare Messungen müssen am Fundament des betroffenen Wohnhauses oder auf Deckenebene gemacht werden", sagt er. Das sei in Teil 3 der DIN-Norm 4150 geregelt. Es gebe schon Fälle, da werde, wenn man sich eine Uhr vorstellt, bei der Ziffer sechs nichts gemessen, bei zwölf aber schon. Dabei spielten viele Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel den jeweiligen Grundwasserspiegel oder die Beschaffenheit des Bodens.
Was sagt der Werkleiter der Firma Benkert zu den Vorwürfen?
Friedrich Hetzer ist nicht zufrieden mit dem Vorgehen der Behörden. "Das ist nicht nachvollziehbar", sagt er und fordert, dass in den betroffenen Wohngebieten und direkt an den Häusern gemessen wird. "Erst dann liegt ein Ergebnis vor, das nachvollziehbar ist."
Von der Firma Benkert nimmt Heiko Tuch Stellung. Er ist Werkleiter in Roßbrunn und bestätigt, dass es nach einer Sprengung am 24. März eine Beschwerde aus Greußenheim gab. Im Rahmen der Eigenkontrolle würden Erschütterungsmessungen vorgenommen und diese hätten am besagten Tag weit unter den zulässigen Grenzwerten gelegen.
Dazu verweist Tuch auf verschiedene Erschütterungsmessungen in Wohngebäuden in der Greußenheimer Raiffeisenstraße. "Die Erschütterungen wurden festgestellt, es konnten jedoch schädliche Auswirkungen auf die Bausubstanz ausgeschlossen werden", so der Werkleiter.
Eine Schall(wellen)übertragung hängt immer auch vom Material ab, durch das sich die Wellen fortpflanzen. Von daher halte ich es sehr wohl für möglich, dass ein Kawumm in der einen Richtung keinen, und in einer anderen Richtung erheblichen Schäden anrichtet.
Ganz abgesehen davon: wenn sich durch eine Sprengung Türöffnungen verziehen und Risse in den Wänden entstehen, wäre es mir als Anwohner relativ wurscht, ob die Messungen an der Sprengstelle "Daten innerhalb der zulässigen Grenzwerte" hatten oder nicht. Da gehört ein Statiker vom Bauaufsichtsamt her, der überprüft, wie groß die Schäden an den Gebäuden sind, und ob man z.B. abstützen muss.
Und kein Paragraphenreiter, der auf die scheinbar eingehaltenen Zahlen guckt.
Sehr ungut, dass es hier offensichtlich versäumt wurde. Deshalb sehe ich schwarz hinsichtlich einer möglichen Haftung der Fa. Benkert. Was aber nichts daran ändert, dass sehr wahrscheinlich hier die Sprengungen Schäden verursacht haben.
Das alte Lied: Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Stiefel.
Danke!
27.09.2019, aktualisiert: 07.04.2020
Demo in Thüngersheim: Wie 50 Menschen den Wald retten wollen
Das ist kein Protest? VG
1. „einen ganzen bewaldeten Berg roden“,dürfte wohl völlig übertrieben von Ihrer Seite sein.
2.Bei der Rodung des gesamten damaligen Weinberggeländes und der Schaffung einer Kultursteppe übelster Art ging kein Thüngersheimer Bürger auf die Staße zum demonstrieren.Wenn der schnöde Mammon winkt halten selbst diese Pseudonaturschützer ihre ansonsten große Klappe.