Sein Alter mag man ihm fast nicht glauben. Doch es stimmt. Der Franzose mit der Trikolore-Perücke und der roten Quietschnase ist heuer im Mai 80 Jahre jung geworden. Bis vor wenigen Jahren lief Michel Descombes noch Marathon, seit 1984 hat er über 200 Marathonläufe absolviert, seine Bestzeit beträgt 2:51 Stunden. Auch nach einer Bandscheiben-Operation blieb er dem Sport treu, nur in anderer Form: Bei vielen Lauf-/Triathlon-und Radtour-Veranstaltungen ist er als "Motivationsmaschine", wie er selbst sagt, dabei. Die kühlere Jahreszeit verbringt Descombes mittlerweile auf den Kanaren, aber auch dort sammelt er für krebskranke Kinder.
Michel Descombes ist als lustiger Sport-/Charity-Clown "bekannt wie ein bunter Hund". 1989 lief er zu Fuß von Paris nach Berlin und traf dort den damaligen Regierenden Bürgermeister Walter Momper. Anlass des Laufs war der Beginn der Französischen Revolution vor 200 Jahren. Ein Schild mit der Aufschrift "Freiheit für alle – Nieder mit der Mauer" hatte er dabei. Zufälle, die das Leben schreibt: Im November 1989 fiel die Mauer. Als Napoleon verkleidet traf Descombes beim Marathon in Chicago Barack Obama, den er als sehr lustigen Menschen in Erinnerung hat.
Descombes private Hoffnungstour
Ein Stück weit ermöglicht hat ihm seine Betätigung sein Beruf: Bis zum Rentenalter 1996 arbeitete er bei der Bank of America. "Morgens und abends Training, dazwischen arbeiten", fasst es der 80-Jährige knapp zusammen. Irgendwann sei dann die Intention gekommen, beim Marathon Spenden zu sammeln. Insgesamt habe er für den guten Zweck seitdem etwa 240 000 Euro gesammelt. Unter anderem für krebskranke Kinder, zum Beispiel bei seinem "Lauf der Hoffnung".
Jetzt hat sich Michel Descombes erneut zu einer privaten "Hoffnungstour" aufgemacht, die schrecklichen Bilder der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal vor Augen. Er kennt dort Menschen persönlich, weiß um deren Verlust von Hab und Gut. Michel Descombes machte sich also kurzfristig zu einer neuen Geldsammlungs-Fahrrad-Aktion von seinem Wohnort im hessischen Ebsdorf (Landkreis Marburg-Biedenkopf) zum Triathlon in Roth bei Nürnberg auf.
Die etwa 330 Kilometer lange Strecke führte über Lohr, Würzburg, Ochsenfurt, Oberickelsheim, Uffenheim, Ansbach nach Roth zum Challenge. Der 80-Jährige hatte zuvor 26 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister angeschrieben, deren Orte an der Strecke liegen. Eine Handvoll habe geantwortet.
Mit seinem "Haltet durch"-Baguette-Schild und im roten Clown-Kostüm mit weißen Herzen traf er am Donnerstagabend in Ochsenfurt ein. Bürgermeister-Stellvertreterin Rosa Behon empfing ihn. Wegen Corona habe man seinen Besuch nicht groß publik gemacht, erklärte sie. Doch in seinem Kostüm fiel Descombes dennoch auf. Das Schild und die Spendenbüchse an seinem Fahrrad verrieten den Zweck seiner Aktion. Und der ein oder andere Euro purzelte in die Dose. "Ich freue mich über jeden kleinen Betrag", sagte Descombes, der im Oktober das gesammelte Geld im Ahrtal zielgerichtet übergeben will. Auch für einen Plausch auf Französisch mit einer Bürgerin nahm sich der 80-Jährige gerne Zeit.
Es seien eben auch solche Begegnungen mit den Menschen, die er genießt, erzählte er Rosa Behon. Die überreichte ihm auch eine Spende der Stadt. Nach seiner Übernachtung im Altstadt Gästehaus bei der Familie McBride, die ihm die Übernachtung als Unterstützung der Aktion schenkte, brach Descombes am Freitag auf Richtung Oberickelsheim. Apropos geschenkt: Bekomme er etwas umsonst, gleiche er dies mit seinem Geld als Spende für den guten Zweck aus, versicherte er.
In Oberickelsheim begrüßte ihn Bürgermeister Michael Pfanzer. Er hatte für die nächsten Kilometer auch Mitradler für Descombes, im Kostüm von "Super-Michel", organisiert. Ursula Renner und ihre Enkel Romy und Mika fuhren mit.