
Ein Festspielchor sind sie nicht. Obwohl sie sich mit einem Richard-Wagner-Medley in edle Höhen wagen. Lohengrin, der Holländer, Tannhäuser und die Walküren, in einer eigenwilligen Version und zum Kichern komisch, erklingen sicher eher selten in der Posthalle. "Philhomoniker" nennt sich der seit 1990 bestehende Schwulenchor aus München, begleitet vom E-Piano. Beweglich in Stimmbändern und Hüften, wippen die Sänger, die Fliege um den Hals, Fahne und Staubwedel über den Köpfen. Kunterbunt wogen und summen und rocken sie die Bühne, was das Zeug hält.
Es ist ein buntes Programm, das die gut 30 Männer und ihre Dirigentin Marja Giesen nach Würzburg mitgebracht haben. "I want to be free" von Queen gehört dazu, und das Mutmacherlied "Geronimo" der australischen Popband Sheppard. Mit viel Gefühl erklingen "Puff, der Zauberdrachen", der Folksong, der zur Hippiehymne wurde und von vielen Berühmtheiten, auch Marlene Dietrich interpretiert wurde, und Charles Trenets poetisches "La mer" .
Immer wieder nehmen sich die sympathischen jungen, mittelalten und älteren Sänger augenzwinkernd selbst auf den Arm, schieben zwischen die einzelnen Gesangsnummern kleine Videos mit Esprit und Witz und beenden ihr offizielles Programm mit der Europahymne, die sich zwischendurch zum Gaudium des Publikums in eine Rap-Version verirrt. Jubelnder Beifall ist ihnen sicher.
Nein, sie flüstern nicht! Und sie sind weder gedämpft noch zurückhaltend, wenn sie auftreten. Die knapp 40 Sängerinnen und Sänger von "Sotto voce", dem gemischten Popchor aus Würzburg, der von verschiedenen Dirigenten geleitet wird, machen sich seit 2007 einen guten Namen. Beheimatet im queeren WuF-Zentrum in Würzburg singen bei Sotto voce Menschen aller Lebenslagen und Geschlechter.
frenetischer Applaus für "How will I know" von Whitney Houston
Ihre Konzerte sind Kraftfutter für das Gemüt, melodisch, füllig und raumgreifend. Schwarz-grün gekleidet, zeigen die Sängerinnen und Sänger schon in "Wenn du tanzt", dem schrägen Song der deutschen Indie-Pop-Band "Von wegen Lisbeth" aus Berlin, was sie sich musikalisch vorstellen. Gut aufeinander eingespielt, präsentieren sie sich melodisch-kräftig, mit kontrastreichem Gestalten. Für den süß-bitteren Song "How will I know" von Whitney Houston erntet der mit Enthusiasmus und Drive agierende Chor frenetischen Applaus und im eher deprimierenden "Happy ending" von Mika liefert er dem Solisten David Häusner einen tönenden Teppich, auf dem der sich kreativ und strömend ausleben kann.
Bemerkenswert sind auch die Solisten Carina Goldbrunner und Steven Stiefvater, wenn sie gemeinsam mit Sängerinnen und Sängern um Ed Shiraans "Give me love" flehen. Der seinerzeit für den Grammy nominierte Rocksong der englischen Sängerin Natascha Bedingfield "Unwritten" aus dem Jahr 2004 gefällt nicht nur in dem Film "Wo die Liebe hinfällt", sondern neuerdings auch wieder, nicht zuletzt durch die Interpretation von Sotto Voce, wie das rhythmische Klatschen des Publikums beweist. Und mit "Good Vibrations" überschwemmten damals nicht nur amerikanischen Rocker, nämlich die Beach Boys, sondern an diesem Abend auch der Chor sein animiertes Publikum.
Für die heftig geforderte Zugabe drängen sich am Ende beide Chöre auf der Bühne, um sich gemeinsam singend zu verabschieden.