Christian Brückner: Ein paar Anmerkungen vorneweg: Vor dem Wettbewerb war ich nur einmal als Tourist für einen Tag in Würzburg. Außerdem war dies das erste Projekt, das ich gemeinsam mit meinem Bruder Peter in Angriff nahm. Diese Partnerschaft war ursprünglich gar nicht geplant. Es war ein Experiment. Wir haben uns an einem verregneten Tag hier getroffen und sind mehr oder weniger schweigend mehrere Stunden durch das Gelände gelaufen. Es war dieses Speichergebäude und seine Umgebung – der Fluss, der Steinberg, die Festung. Wir merkten schnell: Das ist ein besonderer Ort. Uns war auch unser Ansatz schnell klar: Kratzen, Kehren, Saubermachen. Das Gebäude musste im Wesentlichen bleiben und in die Jetztzeit transportiert werden. Dass unser erster gemeinsamer Entwurf gleich den ersten Wettbewerbspreis gewann, das war für uns unglaublich. Brückner&Brückner kannte damals nämlich noch niemand.
BrücKner: Ich kriege heute noch eine Gänsehaut, wenn ich an den Tag der offenen Tür zur Eröffnung des Kulturspeichers denke. Da waren wir gespannt wie die Menschen unseren Bau annehmen. Die Reaktionen waren eine wunderbare Bestätigung. Auch die Tatsache, dass wir danach so viele und hochkarätige Preise dafür bekamen.
Unsere Handschrift ist über die Jahre entstanden. Im Rückblick auf den Kulturspeicher kann ich sagen, es ist der spannende Umgang mit der Substanz, das Weiterbauen, das Schaffen einer Einheit aus Altem und Neuem, die Spannung zwischen Innen und Außen. Wir wollen keine heiligen Hallen schaffen. Deshalb gibt es im Kulturspeicher neben den Schatztruhen der Kunst auch kunstfreie Räume. Wichtig ist für uns auch der ständige Dialog mit der Umgebung. Der Kulturspeicher ist unser Schlüsselprojekt, daraus hat sich vieles entwickelt. Wir haben uns damals schon gefragt, ob das ein ,One Hit Wonder' bleiben würde. Glücklicherweise kam es anders und wir konnten anschließend und bis heute weitere Wettbewerbe gewinnen und auch umsetzen.
BrückNer: Es war uns wichtig, für die Bauzeit ein Projektteam einzurichten, da brauchten wir ein Büro. Wir haben hier sehr viele wertvolle Menschen kennengelernt und eine sehr schöne Stimmung vorgefunden, da hätte es weh getan, den Ort nach der Fertigstellung des Kulturspeichers wieder zu verlassen.
Brückner: Wir haben das damals schon diskutiert. Aber es gibt bei einem Neubau immer die Abwägung zwischen den Investitionen in den Bau und denen in den Unterhalt. Das Gebäude seinerzeit taubensicher zu planen hätte ein Vermögen gekostet. Das war damals in der wirtschaftlichen Abwägung ein Argument. Außerdem ist diese Art von Fassade damals erstmals entworfen, entwickelt und konstruiert worden. Da waren praktisch keine Vergleiche möglich. Wir mussten aus klimatechnischen Gründen auch eine äußere Hülle planen, die so dicht war wie irgendwie möglich, um Temperaturschwankungen im Inneren zu minimieren. Außerdem sind die Steinlamellen ein extremer Schutz für die dahinter liegende Glasfassade.
Dann gab es ja auch von 2002 bis 2005 gar keine Probleme mit den Tauben. Dann kam die erste Taube und es war vorbei. Da hätte man viel schneller reagieren müssen. Über die Jahre gerechnet ist die jetzige Reinigung auch gar nicht übermäßig teuer. Jetzt werden wir aber Maßnahmen ergreifen und punktuell, dort wo es Durchschlupfmöglichkeiten gibt, Drähte spannen, die es verhindern, dass die Tauben eindringen. Jetzt haben wir eine wirtschaftlichere Lösung als wir sie damals hätten haben können.
brückner: In dieser Beziehung hätte ich mir mehr erhofft. Da gibt es sicherlich noch Potenziale, die entdeckt und genutzt werden können.
Brückner: Als Nicht-Würzburger (Brückner stammt aus dem oberpfälzischen Tirschenreuth, d. Red.) glaube ich, dass die Zerstörung der Stadt am 16. März 1945 ganz wichtig ist. Damit muss man sich ernsthaft befassen. Man darf dieses Ereignis aber auch nicht als vordergründiges Argument dafür verwenden, nichts zu verändern. Man muss sich trotzdem fragen, wo und wie man die Stadt weiterentwicklen kann. Wir versuchen aus dem Ort, aus der Geschichte und den Geschichten des Ortes, Antworten zu finden. Dieser Rückblick ist evident wichtig. Wir entwickeln Gebäude, die nur an dem einen Ort so sein können wie sie sind. Dann wird das Gestern, Heute und Morgen respektiert. Wir wollen mit unseren Gebäuden sehr nah an der Bevölkerung sein und eine hohe Akzeptanz finden. Das ist in Würzburg nicht schwieriger als anderswo.
Brückner: Der Ruf der Architekten hat in den letzten Jahrzehnten allgemein gelitten und damit auch der Stellenwert von Architektur in der Gesellschaft. Es gab viele starke Persönlichkeiten unter den Architekten, die nicht primär auf Dialog gesetzt haben. Damit kämpfen die jüngeren Architekten heute. Zu oft wurden architektonische Skulpturen in Städte gesetzt und danach verschwand der Planer wieder. Gebrauchsarchitektur braucht aber den Dialog. Außerdem kommt hinzu, dass jeder glaubt, über Architektur urteilen zu können. Architektur ist aber viel tiefgründiger als die Optik der Fassade. Gute Gebäude haben Charakter und Seele.
brückner: Gute Architektur berührt die Menschen emotional. Das ist der Kernaspekt. Man muss aber auch berücksichtigen, dass die Gebäude sehr, sehr lange stehen. Das darf man nicht vernachlässigen.
brückner: Wenn, dann aus den Lehr- und Wanderjahren während des Studiums. Mein Bruder hat in München studiert und Peter Zumthor (international bekannter Schweizer Architekt, d. Red.) war einer seiner Lehrer. Ich studierte an der Kunstakademie in Stuttgart bei David Chipperfield (britischer Architekturstar, der beispielsweise die neue Berliner Museumsinsel plante, d. Red.). Wir waren nur zwölf Leute im Semester und so konnte man viel miteinander sprechen. Das hat schon etwas bewirkt.
Brückner: Natürlich die Frankenhalle, das ist gar keine Frage. Dieser Baustein fehlt im Quartier am Alten Hafen noch.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die „Lamelle“, zumal in der Größe, wie sie hier zum Einsatz kommt, nicht zum Formenschatz von Architekten zu rechnen ist, wohl aber zu dem von Raumausstattern und Dekorateuren.
Ein Architekt der nicht Rechnen kann. Angenommen das Gebäude steht 100 Jahre, die Fenster werden alle 5 Jahre geputzt, Kosten für das Putzen 300.000,00 Euro pro Putzung. Macht für 100 Jahre sage und schreib 6.000.000,00 Euro (in Worten 6 Millionen Euro). Nicht eingerechnet sind da die Teuerung des Stundenlohns und sonstige Teuerungen (z.B. Gerüst, Putzmittel, Wasser usw.).
Dazu kommt noch, dass man durch die Fenster nicht viel sehen kann, außer eine durch Tauben verschissene Steinfassade, die der Architekt direkt davor platziert hat.
Ja das macht gute Architektur! Sie macht die Leute/Bürger stinksauer wegen einer solchen abartigen Geldverschwendung.