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Würzburg
Sinn und Religion: Ostern und das Licht des Lebens
Bischof Franz Jung
Foto: Patty Varasano | Bischof Franz Jung
Bischof Franz Jung
 |  aktualisiert: 17.04.2020 02:10 Uhr

"Würde ich sagen: ‚Finsternis soll mich bedecken, statt Licht soll Nacht mich umgeben‘, auch die Finsternis wäre für dich nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie Licht." Die Worte des Beters aus Psalm 139 kommen mir in diesen bewegten Tagen nicht aus dem Sinn. Der rasche Wechsel von hellen und dunklen Momenten, von Licht und Finsternis wird zu einer Achterbahn der Gefühle. Auf der einen Seite die erschütternden Bilder endlos aneinander gereihter Särge. Auf der anderen Seite die Meldung, dass deutsche Kliniken nach denkbar kurzem Vorlauf für das Schlimmste gerüstet sind. Gespräche mit Menschen am Rande der Verzweiflung, die vor dem beruflichen und finanziellen Aus stehen und nicht wissen, wie sie ihre Fixkosten bestreiten sollen.

Dann wieder Lichtblicke, wenn Anwohner selbstverständliche Nachbarschaftshilfe beim Einkauf leisten oder wenn beim Großeinsatz der Rettungskräfte im Altenheim ein Pizzaservice umsonst liefert, um die Helfer zu unterstützen. Ratlose Gesichter, weil seit langem geplante Operationen über Nacht abgesagt werden.

Dann wieder die Nachricht, dass von vielen Seiten Anstrengungen unternommen werden, um die dringend benötigte Schutzkleidung bereit zu stellen. Satellitenbilder, die zeigen, dass die Natur aufatmet, weil die Industrie ihren Betrieb heruntergefahren hat. Im Gegensatz dazu wieder Bilder von Menschen auf der Flucht unter freiem Himmel, schutzlos den Unbilden der Natur und der Ansteckungsgefahr ausgesetzt.

Die Reihe gegensätzlicher Erfahrungen ließe sich endlos fortsetzen. Jeder von uns kann von seinen ganz persönlichen lichten und dunklen Momenten in den vergangenen Wochen und Tagen berichten. Das Gebet des Psalmisten liest sich wie ein Zuspruch in Zeiten der Depression. Auch wenn man zu versinken droht in der Finsternis der Hoffnungslosigkeit: die Finsternis ist vor Gott nicht finster, die Nacht leuchtet wie der Tag. Ein wunderbares Trostwort.

Die Finsternis und ihre Schrecken bleiben. Sie werden nicht übergangen oder kleingeredet. Denn seit dem ersten Schöpfungstag gehört der Wechsel von Licht und Finsternis, von Tag und Nacht, zu unserer Lebenserfahrung. Aber die Finsternis hat nicht das letzte Wort, auch nicht in Augenblicken, in denen wir uns nach mehr Licht sehnen.

Nicht umsonst feiert die Kirche Ostern immer nach dem ersten Frühlingsvollmond, zu dem Zeitpunkt also, da die Tage wieder länger werden als die Nächte. Der Wechsel in der kosmischen Ordnung wird zum Symbol für den Sieg des Lichtes über die Finsternis. Denn seit Jesus Christus in die Finsternis des Todes hinabgestiegen ist, leuchtet sein Licht auch in der Finsternis. Niemand kann dieses Licht mehr löschen als Lampe der Hoffnung und Leuchtfeuer der Liebe Gottes inmitten der Nacht.

In der Osternachtfeier der Kirche symbolisiert das Osterfeuer den Sieg des Lebens über den Tod. Wenn der Ruf inmitten der Nacht erschallt "Lumen Christi!", "Christus, das Licht!", dann wissen wir, dass wir mit ihm aus dem Dunkel ins Licht gehen - besser in Sein Licht gehen, denn Christus selbst ist unser Lichtblick und Augenstern. Seit seinem Sieg über den Tod ist für ihn und uns die Finsternis nicht finster. Seit Ostern leuchtet die Nacht wie der Tag, ist die Finsternis wie Licht.

Von Herzen wünsche ich Ihnen allen eine gesegnete und hoffnungsvolle Osterwoche

 
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    "Seit Ostern leuchtet die Nacht wie der Tag, ist die Finsternis wie Licht." - Ist seit Ostern der Kreis auch eckig? -
    Stephen Hawking: "Die Religion ist ein Märchen für diejenigen, die sich vor der Dunkelheit fürchten."
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