
„Kinder an die Macht“, so sang Herbert Grönemeyer vor 33 Jahren. Weiter heißt es in dem Lied:
„Gebt den Kindern das Kommando
Sie berechnen nicht, was sie tun
Die Welt gehört in Kinderhände
Dem Trübsinn ein Ende
Wir werden in Grund und Boden gelacht“
Eine uralte Utopie hat der deutsche Musiker in eigene Worte gekleidet. In diesen Tagen könnte es vom Text her fast ein Weihnachtslied sein. Immerhin feiert die Christenheit, dass ein Kind mit göttlicher Macht zur Welt kommt. Die Hirten eilen zum Stall von Bethlehem, um genau zu sehen, was passiert ist. Die Weisen aus dem Morgenland begeben sich auf eine Weltreise, um das Königskind zu finden. Auf dem Weg hat sogar der böse König Herodes versucht, die weitgereisten Fremden für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Damals wie heute ist so ein Verhalten der Mächtigen recht vertraut. Doch die Sterndeuter lassen sich nicht beirren, folgen dem Stern und finden den neugeborenen Jesus. Hocherfreut beten sie das Kind an und überreichen ihre kostbarsten Geschenke.
Die Weihnachtsgeschichte erzählt von der Hoffnung auf eine ganz andere Art der Macht, die eines Kindes. Selbst der despotische Herrscher Herodes steht als Verlierer da. Dafür sind die Ärmsten der Armen, die obdachlosen Hirten auf dem Feld, bei diesem Kind ganz besonders wertvoll und willkommen.
Ist das ein süßer Traum, der so schnell vergeht wie Plätzchengeschmack auf der Zunge?
Vielleicht haben die Sterndeuter und die Hirten Recht, dass dieses Jesuskind ganz reale Macht hat. Doch anders als selbstherrliche Regierungen und Wirtschaftslenker, vertraut es sich der Welt mit Haut und Haar an. Davon berührt, sorgen Maria und Joseph für das Kind mit all ihrer Kraft. Bei jedem Taufgespräch erlebe ich als Pfarrer, was ein kleines Baby vermag. Es stellt das Leben seiner Eltern auf den Kopf und sie tun alles für ihr Kind.
Dieses Jesuskind wird erwachsen und stellt selbst die Kinder in die Mitte. Das könnte eine Ermutigung sein, sich in der Gegenwart jungen Menschen zuzuwenden und auf sie zu hören. Bei „Fridays for Future“ sind auch durch Würzburg Tausende für mehr Klimaschutz auf die Straßen gegangen. Erstaunlich, durch ihre bloße friedliche Präsenz hat diese Jugendbewegung im vergangenen Jahr die politische Diskussion vorangebracht.
Das Fest von Jesu Geburt kann die Sicht auf die Welt zurechtrücken: Das vermeintlich Kleine hat einen unendlichen Wert, durch das neugeborene Kind in Bethlehem wird die Macht der Liebe ganz stark.
Max von Egidy ist Pfarrer in der Gethsemanekirche Würzburg Heuchelhof und stellvertretender Dekan