Sie hat es geschafft. Nach der ersten Hochrechnung steht fest, dass die Ochsenfurter Verlegerin Simone Barrientos vom fünften Platz der Landesliste sicher für die Linke in den Bundestag einziehen wird.
Rund zwei Dutzend Freunde und Parteianhänger haben an ihrem Wohnhaus in der Ochsenfurter Altstadt gemeinsam mit der 54-Jährigen der ersten Prognose entgegen gefiebert. Als die Zahlen auftauchen, mischt sich ihre Freude mit dem Entsetzen über das gute Abschneiden der AfD.
„Für die Parlamentsarbeit heißt das, dass man weiß, wofür und wogegen man kämpfen muss“, sagt sie in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis.
In knapp 60 Infoständen und 15 Podiumsveranstaltungen hat die Kandidatin in den vergangenen Wochen für sich und ihre Partei geworben, dazu noch Plakate geklebt und Tausende von Zeitungen verteilt. „Wir haben hart für diesen Erfolg gearbeitet“, so Barrientos.
In Bayern hat die Linke ihr Stimmenergebnis der Bundestagswahl 2013 fast verdoppelt. Umso enttäuschter ist Simone Barrientos darüber, dass ihre Partei im Osten an Boden verliert, vor allem an die AfD. Sie selbst stammt aus der Lutherstadt Eisleben in Sachsen-Anhalt und hat lange in Berlin gelebt, bevor sie vor fünf Jahren nach Ochsenfurt gezogen ist.
Simone Barrientos betreibt den linken Verlag „Kulturmaschinen“, in dem unter anderem die Werke von Franz-Josef Degenhardt erschienen sind. Seit zwei Jahren engagiert sie sich intensiv in der Flüchtlingshilfe, besonders in der Betreuung unbegleiteter Jugendlicher.
Auch den jungen Afghanen, der im Juli 2016 im Regionalzug nach Würzburg eine chinesische Reisegruppe mit einer Axt angegriffen hat und danach von der Polizei erschossen wurde, kannte sie. Der Fall verhilft Simone Barrientos – unfreiwillig, wie sie sagt – zu bundesweiter Bekanntheit. In mehreren Fernseh-Talkrunden stellt sie sich vor der Flüchtlinge.
Soziale Ungerechtigkeit sei die Hauptursache für die politischen Verwerfungen in Deutschland und der ganzen Welt, schreibt sie auf ihrer Internetseite. Daneben zählt sie die Gleichstellung und die Kulturförderung zu den Schwerpunkten ihrer politischen Arbeit.
Was das Wahlergebnis für sie persönlich bedeutet, kann Simone Barrientos an diesem Wahlabend nur schwer in Worte fassen. „Ich hab seit drei Wochen schlecht geschlafen, weil das Hirn dauernd gerattert hat und ich nicht wusste, ob sich mein Leben jetzt diametral ändert“, sagt sie. Spätestens am Sonntagabend ist diese offene Frage zur Gewissheit geworden.