Wie immer zum Semesterende lädt die Opernschule der Hochschule für Musik zu einer Opernproduktion in das Theater in der Bibrastraße ein. Diesmal gehen die Studentinnen und Studenten einen weiten Schritt in die historische und musikalische Vergangenheit, auf dem Programmzettel steht die Oper „Hippolyte et Aricie“ von Jean-Philippe Rameau.
Unter dem Dirigat von Jörg Sträube musiziert ein vorwiegend aus weiblichen Mitgliedern bestehendes Orchester. Es setzt die feine Tonsprache des Franzosen um, der als Zeitgenosse von Bach und Händel mit seiner beschwingt-eleganten Komposition ein ganzes Stück entfernt ist von den oft als steif und streng empfundenen Werken des Barock, und betont die emotional aufgeladene Musik des als Begründer der heutigen Harmonielehre angesehenen Komponisten.
Eine Liebesgeschichte
Es geht um eine Liebesgeschichte aus der griechischen Mythologie. Bis sich Hippolyte und Aricie im Happy End in die Arme schließen können, stehen ihrem Glück allerlei Hindernisse im Weg. Im Grund eine Allerweltsgeschichte, die das Team der Opernschule spannend aufbereitet hat.
Es ist immer wieder verblüffend, wie Regisseur Holger Klembt samt Assistentin Sylvia Rudolf mangelnde Mittel durch Fantasie und Esprit ersetzen. In ihrer Inszenierung bringen sie die Macken der Götter und deren allzu menschlichen Probleme charmant und humorvoll auf den Punkt, lassen sich für die Bebilderung des Fortgangs der Handlung allerlei einfallen. So regiert in der Unterwelt ein Mafiosi mit seinen Bodyguards in abenteuerlicher Verkleidung und fuchtelt zeitenübergreifend mit Seil, Dolch und Pistolen. Wenn aus dem Orchestergraben die Hölle tobt, der Sturm peitscht, wogt ein breites Stoffstück gleich einem unendlichen Meer über die Bühne. Für passende Atmosphäre sorgen aufgestellte hohe Quader, durch Licht- und Standortwechsel (Bühne: Andreas Herold), die der Handlung um Liebe, Eifersucht, Verfehlung und Versöhnung Rahmen geben.
Sängerische Qualitäten
Auch die jungen, französisch singenden Sängerinnen und Sänger haben einiges zu bieten und imponieren in ihren gut geführten Rollen. Dazu kommen beachtliche sängerische Qualitäten. Mit runder, ausgereifter Stimme übersteht Bariton Hoyeon Song als Thésée den Seelenkonflikt, in den ihn Sohn Hippolyte stürzt. Dem gibt Tenor Jeonyeop Seok eine gefällige, kraftvolle Stimme mit sorgfältig austarierten lyrischen Momenten. Sopranistin Anna Feit als Aricie hat eine leicht spitz angehauchte Höhe, gefällt in der Mittellage. Mit Lida Dimitriadi steht eine dramatische Phedre auf der Bühne, deren Mezzosopran die Fülle der Töne warm gestaltet. Gefallen finden auch Bass Mooyeol Yang als Pluto und die Sopranistin Graciela Rivera Quiroz in der Rolle der Diana.