Drei Millionen Euro sind viel Geld. Wenn es Kosten sind, dann wird ein Unternehmen darauf achten, sie zu drücken oder gar zu vermeiden. Nicht so bei Koenig & Bauer: Drei Millionen Euro im Jahr kostet die werkseigene Berufsschule. Bei dem Würzburger Druckmaschinenhersteller ist man sich seit Jahren klar: Das ist gut angelegtes Geld. Daran wird nicht gerüttelt.
Werkberufsschule gibt es seit fast 150 Jahren
Seit Generationen nicht. Denn die Schule gibt es seit 1868. Sie ist weit und breit einzigartig, denn für gewöhnlich schicken Firmen ihre Lehrlinge in Berufsschulen, die von der öffentlichen Hand geführt werden.
Dass Koenig & Bauer (KBA) einen eigenen Weg geht, ist in der sozialen Verankerung des 200 Jahre alten Unternehmens begründet: 1855 ließ Fanny Koenig eine fabrikeigene Krankenkasse gründen. Die Witwe von KBA-Gründer Friedrich Koenig war damit der Sozialpolitik im Stile Bismarcks Jahre voraus.
Die Betriebskrankenkasse war der Anfang einer Reihe von internen Einrichtungen, die bei KBA zum Wohl der Belegschaft geschaffen wurden, darunter eine Stiftung für ältere Mitarbeiter, eine Sparkasse und eben eine „Fabrik-Fortbildungsschule“ – die Vorläuferin der heutigen Werkberufsschule.
Schule ist so etwas wie eine Speerspitze im Werk
Fast 150 Jahre nach ihrer Gründung ist sie im Würzburger Werk mittlerweile eine Art Speerspitze. Neues für die Produktion wird hier ausprobiert, neue Erkenntnisse wandern direkt zurück an die Werkbänke im Stammwerk nebenan. „Wir haben hier eine Vorreiterrolle“, sagt Schulleiter Reinhard Munz.
Nach seinen Worten kommen er und seine Lehrer bis zu drei Mal im Jahr mit den Verantwortlichen der KBA-Produktion zusammen, um über Trends und Entwicklungen zu sprechen, die im Werk umgesetzt werden könnten. Bei einem Ja werden die neuen Maschinen oder Handgriffe nach Munz' Worten oft zuerst in der Werkberufsschule eingesetzt. „Das ist hier alles wie in der Produktion drüben – nur kleiner“, erklärt der 64-Jährige. Und vom Feinsten sei es auch: So stehen in der Schule zwei topmoderne, computergesteuerte Maschinen zum Drehen und Fräsen von Metall – eine kostet laut Munz bis zu 400 000 Euro.
Das Beste sei für die Schule gerade gut genug. Bewähren sich solche Neuheiten und ihre Software, dann werden sie später im restlichen Werk eingesetzt.
Acht Berufe werden gelehrt
120 junge Menschen werden derzeit in acht Handwerksberufen an der KBA-Schule ausgebildet, auch Frauen. Unter den Lehrlingen sind Elektroniker, Gießereimechaniker, Zerspanungsmechaniker, Technische Produktdesigner und vor allem Mechatroniker – einer der populärsten Handwerksberufe zurzeit.
Elektrotechnik ist mittlerweile am populärsten
Überhaupt sei alles rund um Elektrotechnik schwer im Kommen, sagt Schulleiter Munz. Nach seiner Einschätzung hat sich die Zahl derer, die bei KBA in diesem Metier arbeiten, in den vergangenen 30 Jahren vervierfacht. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir irgendwann mal nur noch im Bereich Elektrotechnik ausbilden.“
Acht Klassen mit im Schnitt 17 Schülern hat die Werkberufsschule, 6 Ausbilder und 4 Studienräte stehen ihnen zur Seite. Im Theorieunterricht gibt es die Fächer Deutsch, Sozialkunde, Religion, Englisch und Sport. Zwar orientiere sich der Unterricht an den staatlichen Lehrplänen und Ausbildungsordnungen, so Munz. Aber im Detail ist die von ihm seit 1988 geleitete Einrichtung auf dem Werksgelände im Würzburger Hafen frei: Sie steht im Rang einer staatlich zugelassenen Privatschule.
Lehrer sind gleich ums Eck
Den Vorteil schlechthin sieht Munz in der räumlichen Nähe: Während anderswo Lehrbetrieb und Berufsschule an unterschiedlichen und zum Teil weit voneinander entfernten Orten seien, habe KBA alles unter einem Dach. Ausbilder und Lehrer sind laut Munz permanent und schnell erreichbar. Kein Wunder: Sie sind ja gleich um die Ecke.
Weiteres Plus in den Augen des Schulleiters: Weil für die Auszubildenden Theorie und Praxis verschmelzen, seien sie besonders effektiv. Will heißen: Was der Lehrling vorhin gelernt hat, kann er nachher gleich an der Werkbank ausprobieren. Das scheint bei den jungen Menschen anzukommen: Der Alltag sei abwechslungsreich, die Ausbildung gut und die Werkberufsschule eine prima Sache – so Stimmen bei einer Art internen Umfrage vor einem Jahr unter Auszubildenden.
Viel mehr Bewerber als Lehrstellen
All diese positiven Signale sind längst nach draußen gedrungen: Für die 25 Ausbildungsplätze zum 1. September 2017 hat es laut Munz 150 Bewerber gegeben. Mehr noch: Bei dem Schulleiter klopfen nach eigener Aussage immer wieder andere Firmen an, weil sie in der Werkberufsschule ihre Mechatroniker ausbilden lassen wollen.
Weil das aber für KBA nicht kostentragend sei, müsse man ablehnen, so Munz. Wenige Ausnahmen gibt es freilich. So sind in der KBA-Schule seit Jahren immer wieder Azubis von Danone in Goßmannsdorf und von der Tochterfirma KBA-Metronic. „Das ist eine Auftragsausbildung“, erklärt Munz. Was bedeutet: KBA bietet die Berufsschule, Danone und Metronic bezahlen dafür.
Alle Azubis werden übernommen
Die ersten eineinhalb Jahre sind die Lehrlinge am Stück in der Werkberufsschule, die restlichen zwei Jahre sind sie hauptsächlich in der Produktion des Stammwerkes. Dort haben die jungen Menschen nach Darstellung von Munz ausgezeichnete Perspektiven: „Wir übernehmen nach der Ausbildung alle.“
KBA feiert sein Jubiläum
Koenig & Bauer wird seine Gründung vor 200 Jahren im September vier Tage lang feiern. Höhepunkt für die Öffentlichkeit ist ein Tag der offenen Tür. Das Programm: Mittwoch, 20. September 10 Uhr internationale Pressekonferenz 14 Uhr Capital Market Day für Finanzanalysten und Werksführungen für Jubiläumsgäste
Donnerstag, 21. September 17 Uhr Festakt für geladene Gäste Freitag, 22. September 10 Uhr Werksführungen für Festgäste 18 Uhr Mitarbeiterabend im Festzelt Samstag, 23. September 9-17 Uhr Tag der offenen Tür für Belegschaft und Bevölkerung mit Rundgängen auf dem Werksgelände, Unterhaltungsprogramm und Festzeltbetrieb.