So banal und verwunderlich es klingt: Alles, was Sieglinde Küffner derzeit fehlt, sind Gummibänder in jeglichen Ausführungen. Das, was sie davon an Vorrat in ihrem Nähzimmer hatte, ist längst aufgebraucht, seit sich die Schneidermeisterin und Handarbeitslehrerin an der St.-Ursula-Realschule und Maria-Ward-Schule wegen der durch das Coronavirus bedingten Schulschließungen am 13. März in den "Zwangsurlaub" verabschieden musste. "Einfach abwarten ist doch nicht die Lösung", dachte sich die Schneiderin und startete ihre "Produktion" von vereinfachten Gesichtsmasken.
Nichtstun war für Sieglinde Küffner aus Leinach in all ihren bisherigen Lebenslagen noch nie eine Option. Vermutlich liegt dies in ihrer Kreativität begründet, die sie auch das Schneiderhandwerk erlernen ließ. Im Bayerischen Wald, in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, lernte sie von frühester Kindheit an, dass jeder der sieben Geschwister Verantwortung für den anderen übernehmen musste und so mit seinem ganz persönlichen Anteil zum Lebensunterhalt der Familie beitrug. Gesellschaft im Miniaturformat also.
Für den Nächsten aktiv werden
Das in ihr tief verwurzelte Verantwortungsgefühl für ihr ganz privates Umfeld war für die Schneidermeisterin auch Auslöser, in der Coronkrise für ihre Nächsten aktiv zu werden. Durch die mit weiteren Familienangehörigen gemeinsame Pflege der Schwiegereltern, bestand auch tagtäglich Kontakt zu betagten Senioren, die zur Risikogruppe gehören.
Um die Senioren zu schützen, und "weil hierbei auch der Eigenschutz nicht zu vernachlässigen ist", fertigte sie aus einfachsten Materialien den Prototyp einer Gesichtsmaske. Freilich im Bewusstsein, das dies nie und nimmer den offiziellen Hygienebestimmungen entsprechen könne, aber:"Besser ein Minimalschutz, als gar keiner", dachte sich Küffner.
Um ein maximales Maß an Hygiene zu erzielen, verwertet die Schneidermeisterin als Material für ihre Minimal-Gesichtsmasken ausgediente Bettlaken. "Das hat den Vorteil, dass die Masken zur Reinigung in der üblichen Kochwäsche oder auch einzeln in kochendem Wasser abends gewaschen werden können. Bis zum Morgen sind sie wieder trocken", erklärt die Schneiderin. Nicht nur ihre Großfamilie in Leinach wurde mittlerweile mit den improvisierten Atemmasken ausgestattet. So lange sie Vorrat an Gummibändern zur Befestigung der Masken im Gesicht hatte, versorgte Küffner uneigennützig auch ihren Freundes- und Bekanntenkreis mit ihrer Kreation.
Schutzmasken in den Bayerischen Wald geschickt
Selbst in den Bayerischen Wald, wo noch fünf ihrer Geschwister leben, hat sie für deren Familien auf dem Postweg eine Lieferung geschickt. Dem Paket legte sie sogar eine Anleitung bei, wie die Minimal-Gesichtsmaskn selbst zu fertigen sind. Die Rückmeldungen belegen, dass auch in ihrer früheren Heimat die "Produktion" für ein Mindestmaß an Sicherheit angelaufen ist.
Und obwohl sie inzwischen ihren gesamten Vorrat an Gummibändern aufgebraucht hat, bietet die Schneidermeisterin unentgeltlich allen Interessenten ihre Hilfe und ihre Kreation an, soweit sie die unverzichtbaren Gummis zur Verfügung stellen können. Ausgediente Bettlaken und Nähfaden gehen ihr so schnell nicht aus.