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Würzburg
Seit 40 Jahren gibt es das Frauenhaus der AWO in Würzburg
Setzen sich im AWO-Frauenhaus für Frauen ein, die häusliche Gewalt erlitten haben (von links): Helga Schraud, Ute Wagner, Beate Fröhlich, Brita Richl, Theresa Hauff, Alina Graßel und Helma Höfner.
Foto: Stefana Körner | Setzen sich im AWO-Frauenhaus für Frauen ein, die häusliche Gewalt erlitten haben (von links): Helga Schraud, Ute Wagner, Beate Fröhlich, Brita Richl, Theresa Hauff, Alina Graßel und Helma Höfner.
Bearbeitet von Michael Mahr
 |  aktualisiert: 21.12.2020 02:14 Uhr

Ein Frauenhaus – für was soll das gut sein? Diese Frage aus den 1970er Jahren würde heute niemand mehr stellen. Frauenhäuser sind unabdingbar als Schutz- und Kriseneinrichtungen für Frauen, die in ihrem häuslichen Umfeld Gewalt erlitten haben, heißt es in einer Pressemitteilung der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Das zeigen die beiden vor 40 Jahren gegründeten Frauenhäuser der AWO und des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF) in Würzburg. Viele hundert Frauen und Kinder seien in den vier Jahrzehnten vom Team des AWO-Frauenhauses unterstützt worden. Das Anti-Gewalt-Angebot sei sukzessive erweitert worden, informiert Frauenhausleiterin Brita Richl.

Wie viele Frauen Gewalt erleiden, sei schwer zu sagen, denn die Dunkelziffer ist groß. Geschätzt werde, dass etwa jede dritte Frau häusliche Gewalt erlebt. Die Nachfrage nach den Plätzen des AWO-Frauenhauses war und ist deshalb seit der Gründung der Einrichtung hoch. "Wir waren immer voll belegt und wir mussten immer Frauen abweisen", berichtet Richl in der Pressemitteilung. Noch etwas ziehe sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des AWO-Frauenhauses: "Wir hatten immer relativ viele Frauen mit Migrationshintergrund und wir hatten immer viele Kinder."

Wer einmal hinter die Kulissen geschaut habe, werde nie mehr im Zweifel sein, wie wichtig die Einrichtung Frauenhaus ist, sagt sie. "Unsere Frauen sind immer vielen Gewaltarten ausgesetzt, keine hat nur eine einzige Form von Gewalt erlebt." Die meisten Frauen hätten jahrelang in einem "Gewaltkontinuum" gelebt, bevor sie ins Frauenhaus flohen.

Mehr öffentliche Förderung als vor 40 Jahren

Inhaltlich habe sich die Arbeit mit den Klienten verändert, insbesondere durch die neuen Medien. Früher seien Frauen, die ins Frauenhaus geflohen sind, unerreichbar gewesen für ihre Familie. "Heute kann es sein, dass sie über das Smartphone von ihrem Partner oder von der Familie weiter unter Druck gesetzt werden", so Richl.

Die gewachsene Bedeutung der Frauenhäuser könne man daran ablesen, dass es heute weit mehr öffentliche Förderung gebe als noch vor 40 Jahren. Seit dem vergangenen Jahr fließe auch endlich mehr Geld für Personal. Vor allem aber würden Projekte gefördert, die dazu beitragen, dass mehr von Gewalt betroffene Frauen Hilfe erhalten. So begann das Team vor knapp fünf Jahren gemeinsam mit dem Frauenhaus des SkF in Würzburg, auf bedrohte Frauen zuzugehen. „Kommt die Polizei zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt, werden die Frauen gefragt, ob ihre Daten an uns weitergegeben werden dürfen“, erläutert Richl.

Infomaterial in der Region verteilt

Gerade in ländlichen Strukturen, wo das traditionelle Rollenverständnis noch immer große Bedeutung habe, sei dieser Ansatz wichtig, erläutert Richl mit Blick auf das Einzugsgebiet des Frauenhauses. Frauen aus ländlichen Gebieten empfänden nach wie vor große Scham, sich an ein Frauenhaus zu wenden. „Während des ersten Lockdowns kam es ganz klar zu mehr Gewalt in der Familie, doch bei uns fiel auf, dass weniger Frauen als sonst im Hilfesystem angekommen sind“, sagt Richl.

Das Team des Frauenhauses habe die Region abgeklappert und Infomaterial an all jenen Stellen deponiert, die auch während des Lockdowns für Frauen noch erreichbar waren. Das habe zum Teil Verwunderung hervorgerufen: Es gibt doch heute das Internet als einfache Möglichkeit, in Kontakt zu kommen. Doch Frauen mit Fluchthintergrund könnten oft nicht einmal in ihrer Muttersprache lesen und schreiben.

2019 sei ein Projekt hinzugekommen, das sich "Second-Stage" nennt. Es unterstützt Frauen, die soweit sind, dass sie aus dem Frauenhaus ausziehen können, bei der Wohnungssuche. 

Neues Frauenhaus in Planung

Im Jubiläumsjahr der Einrichtung erfüllt sich für das Team des AWO-Frauenhauses ein Traum: Richl lässt derzeit ihre langjährige Frauenhauserfahrung in das Raumkonzept eines neues Frauenhaus einfließen, das voraussichtlich in drei Jahren bezogen werden kann. Dort werde Platz für 13 Frauen und ihre Kinder sein. Drei Apartments stünden für Rollstuhlfahrerinnen zur Verfügung. Außerdem könnten Frauen mit Seh- oder Höreinschränkung aufgenommen werden.

Während sich die Frauen im Frauenhaus psychisch und körperlich stabilisieren und regenerieren könnten, hätten Täter im Projekt Family-Power der AWO Gelegenheit, sich mit ihren Aggressionen auseinanderzusetzen. Das Projekt werde 2021 zu einer unterfrankenweiten Fachstelle ausgebaut.

 
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