Ein Kloverschlag, ein Waschbecken und zwei Betten. In dieser Gefängniszelle treffen Irene, die Alteingesessene, und Svenja Maria aufeinander. "Eine unausweichliche Begegnung" heißt das Schauspiel von Carsten Steuwer, das seine Uraufführung im KuZu des Theater Chambinzky feiern konnte.
"Ich mach dich fertig", begrüßt Irene die sich höflich vorstellende Neue im Frauengefängnis. "Dumme Kuh" ist noch eine der harmloseren Titulierungen, mit der sie ihre frisch eingelieferte Zellengenossin beschimpft, meist wirft sie mit Worten wie "Schlampe" und "Nutte" um sich. Bis sich die Rollen wandeln. Aus der zunächst naiv wirkenden Svenja wird die mit hoffnungsvollen Blicken in die Zukunft, mit Visionen und kreativen Ideen. Nach ersten Schreck- und Schocktagen erkennt sie die Defizite in Irenes Leben, spricht deren Sehnsüchte und ihre festgefahrene Resignation an. "Du bequatscht mich, und die Welt wird rosarot", schreit die ihre Verzweiflung in die karge Zelle (Bühne: Ulrike Schäfer, Andreas Zehnder). Doch sie lässt sich auf die Neue ein, lässt sich "weichspülen", wie sie es widerstrebend empfindet. Senvja, das Knastdasein und die Langeweile knacken ihr hart gewordenes Ich.
Im Lauf ihres Zusammenlebens erzählen sich die beiden aus so unterschiedlichen Milieus Stammenden ihre Lebensgeschichten. Svenja hat gedealt, um ihrem damaligen Freund ihre große Liebe zu beweisen. Mittlerweile weiß sie, wie dumm ihre Handlungsweise war. Auch Irene war unglaublich verliebt. "Er" war mega im Bett, bis er sich zu einem Sadisten entwickelte. Anfänglich spielte sie mit in seinem Spiel….
Als Autor bedient sich Carsten Steuwer komprimiert aller möglichen Klischees. Zeigt Gewalt, Sehnsüchte nach Hautkontakt und sexuelle Defizite auf – eben alles, was sich Ottonormalverbraucher unter dem Aufenthalt im Frauenknast vorstellt. Doch langsam aber sicher nehmen die beiden Schauspielerinnen in ihren Rollen für sich ein, ihr vitales Spiel macht das Geschehen glaubhaft und mancher Kalenderspruch wird glaubwürdig.
Dazu kommen gute Regieeinfälle (ebenfalls Carsten Steuwer), manch humorvoller Moment und vor allem das intensive Spiel von Hanna Franke als Svenja, deren sich krümmende und zusammenziehende Zehen verraten, was in ihrem Inneren vor sich geht, und Katharina Müller in der Rolle der Irene, die mit Gestik und Mimik ihren Seelenzustand sichtbar macht, die Lippen schürzt, Zähne und Zunge mahlen lässt. Intensiver Beifall für die beiden, die durchgehend mit Eifer und Herzblut spielen.
"Eine unausweichliche Begegnung" ist noch bis 5. August im Chambinzky zu sehen.