Zum runden Geburtstag trugen die Aktiven die Original Ochsenfurter Festtags-Gautracht. Dazu gehört bei den Damen auch eine kunstvoll geflochtene Frisur, die apart mit Perlen geschmückt wird. „Früher hatten die Frauen ganz lange Haare, etwa einen Meter lang, und saßen in Sechser- oder Achterreihen hintereinander und machten die Haare und Zöpfe mit Schweinschmalz geschmeidig“, erzählt Rosi Brauner.
Für eine komplette Feiertagsfrisur brauchte man ungefähr drei bis vier Stunden pro Kopf. Deshalb wurde sie auch nur zu ganz besonderen Anlässen, wie hohen Feiertagen oder Hochzeiten getragen. Im Anschluss daran blieb die Frisur sechs Wochen lang erhalten, bevor das Haar wieder gewaschen wurde, weiß Brauner noch aus der eigenen Familie. So viel Zeit und Mühe für nur einen Tag wäre ja schade gewesen.
Weil aber heutzutage kaum jemand mehr so viel Zeit hat, behelfen sich die Frauen des Volkstrachtenvereins mit Haarteilen aus echten Haaren. Diese sind originalgetreu nachgeflochten. Doch das Flechtwerk sei eine besondere Kunst, das kaum jemand mehr beherrscht. Nur eine ältere Dame in Baldersheim, die es noch von ihrer Mutter gelernt hatte.
„Bei ihr haben wir uns das ganz genau angesehen und mit Fotos und einem Video dokumentiert, wie es geht“, berichtet Trachtenwartin Elke Engert. „Theoretisch können wir es, aber in der Praxis haben wir es noch nicht probiert“, sagt sie. Aber sie hofft, dass sie das Kunstwerk aus 32 Einzelzöpfen durch die genaue Dokumentation in Zukunft hinkriegen werden. Wichtig ist ihr, dass das Wissen nicht verloren geht.
Wichtig sei aber auch der sorgsame Umgang mit den teilweise 150 Jahre alten, wertvollen Trachten. Denn waschen oder reinigen könne man sie auf keinen Fall. Nur die Blusen, Unterwäsche und Strümpfe. Bei den aufwendig gearbeiteten Plissee-Röcken, Schürzen und Mutzen heißt das Zauberwort: Lüften, lüften, lüften. Alle Trachten des Vereins werden deshalb in Ehren und mit Ehrfurcht getragen, versichert Engert.
Zahlreiche Gäste hatte sich das Geburtstagskind zur Feier eingeladen: die Tanzgruppe, Sänger und Stubenmusik aus Marktoberdorf, den Trachtenverein Würzburg und den historischen Burschenverein Sommerhausen. Die Musikkapelle Gelchsheim spielte zünftig auf.
Eine besondere Überraschung hatte Bürgermeister Rainer Friedrich, der selbst auch in Tracht gekommen war, mitgebracht: Eine große rechteckige Torte. Als Dankeschön und Anerkennung für die vom Trachtenverein geleistete Arbeit.
Über 220 Mitglieder zählt der Ochsenfurter Volkstrachtenverein heute. 50 Erwachsene tragen die Tracht und sind als Tänzer oder Sänger aktiv. 14 Kinder zwischen drei und 15 Jahren zählt die Kindergruppe sowie zehn Personen zwischen 15 und 27 Jahren die Jugendgruppe.
Stolz ist man, dass die Kinder und Jugendlichen mit Begeisterung und Freude dabei sind, um noch möglichst lange das Vereinsmotto zu verwirklichen, sagt Rosi Brauner. Und das heißt: „Sitt und Tracht der Alten wollen wir erhalten.“