
Kirchenasyl ist politisch umstritten. Kritisch von den Behörden beobachtet, hat es sich dennoch hierzulande zu einer wichtigen Institution entwickelt. Mehrere Pfarreien praktizieren es bayern- und bundesweit. Bei einer Podiumsdiskussion während der Nacht der offenen Kirchen sagte jüngst Schwester Katharina Ganz von den Oberzeller Franziskanerinnen in einem Nebensatz, dass ihre Gemeinschaft mehreren Asylbewerbern Kirchenasyl gewährt habe, ohne dies öffentlich zu machen.
Auf Nachfrage der Redaktion konkretisiert die Generaloberin ihre Aussage. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren in begründeten Einzelfällen insgesamt zwölf Personen stilles Kirchenasyl gewährt.“ Man habe das nicht publik gemacht, weil man den Schutz der Betroffenen gewährleisten wolle, erklärt sie, ohne weitere Angaben über die Flüchtlinge zu machen. Bewusst erzählt sie nichts über deren Herkunft und was aus ihnen geworden ist.
Zudem schweigt die Ordensfrau darüber, ob es einen aktuellen Fall von Kirchenasyl im Kloster gibt. Kirchenasyl ist die zeitlich befristete Aufnahme von Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus, denen bei Abschiebung in ihr Herkunftsland Folter und Tod drohen. Oder für die mit einer Abschiebung nicht hinnehmbare soziale, inhumane Härten verbunden sind. Die Praxis ist aber ein Dorn im Auge mancher Politiker, die dann vor dem „Missbrauch“ des Kirchenasyls warnen.
Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation von Flüchtlingen betont die Generaloberin: „Die aktuelle Not berührt uns sehr.“ Ihre Gemeinschaft könne und wolle sich nicht verschließen, wenn es darum gehe, Menschen beizustehen, die ihre Heimat haben verlassen müssen.
„Derzeit führen wir intern intensive Gespräche darüber, wie wir den Menschen langfristig helfen können, indem wir ihnen zum Beispiel Wohnraum zur Verfügung stellen“, so Schwester Katharina. Dazu überprüfe man gerade die Kapazitäten des Klosters beziehungsweise versuche, neue zu schaffen. Eine jetzt eingerichtete Arbeitsgruppe soll die vorhandenen Möglichkeiten abklären, erläutert die Ordensschwester weiter.
Nach ihren Angaben wurden bereits Arbeitsplätze für Frauen in den Einrichtungen der Franziskanerinnen geschaffen. In Oberzell habe man einige Flüchtlinge beschäftigt; durch Übernahme in Anstellungsverhältnisse eröffne man ihnen langfristige Perspektiven. Für Schwester Katharina leistet das Kloster damit einen „wichtigen Beitrag für die Integration der Angekommenen in unserem Land“. Auch wenn das Kloster Oberzell ein großes Areal ist, hat es der Generaloberin zufolge keinen Leerstand und kann deshalb auch keine große Menschenmenge unterbringen. Frei gewordene Wohnungen seien in den vergangenen Jahren konsequent vermietet worden, unter anderem im Rahmen des Projekts „Wohnen für Hilfe“ für Studentinnen.
Auf dem Klostergelände befindet sich die Montessori-Schule Würzburg. Ihre Fachoberschule (FOS), die zurzeit am Berliner Ring untergebracht ist, soll mit ihren 60 Schülerinnen und Schülern voraussichtlich im Schuljahr 2016/17 wieder aufs Klostergelände zurückkehren. Ein Gebäude soll nun deshalb für schulische Zwecke renoviert werden. „Nach über zehn Jahren Wartezeit konnte im letzten Jahr einem Antrag der Schule stattgegeben werden, die die bisher ausgelagerte Fachoberschule gerne ebenfalls in Oberzell unterbringen möchte“, so Schwester Katharina.
Mit ihrem Engagement für Flüchtlinge betreten die Franziskanerinnen kein Neuland. Seit Jahren engagieren sich die Schwestern teilweise haupt- und ehrenamtlich in der Betreuung von Flüchtlingen – vorwiegend in der medizinischen Versorgung in der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber oder beim Deutschunterricht.