
Die jahrelange Beschäftigung ausländischer Schwarzarbeiter kommt eine Baufirma aus Unterfranken teuer: Nun kam der Zoll in Schweinfurt dem Unternehmen auf die Schliche, das über Jahre hinweg die Anwerbung der Arbeiter konspirativ über eine Tarnfirma im Ausland organisiert hatte. Der 53-jährige Geschäftsführer des Bauunternehmens wurde vom Landgericht Würzburg bereits zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt.
Die Beweisaufnahme habe den Einsatz der Schwarzarbeiter für Maurer-, Schaler- und Eisenflechtarbeiten auf Baustellen quer durch Deutschland belegt – und zwar über Jahre hinweg. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls ging von einem Tatzeitraum von Oktober 2018 bis Juli 2020 aus.
Über eine Tarnfirma im Ausland rekrutiert
Der Geschäftsführer habe sich "im großen Stil" an türkischen Arbeitskräften bedient, hieß es vonseiten des Zolls, "die er in ihrem Herkunftsland für den befristeten Einsatz auf den in Deutschland befindlichen Baustellen anwerben ließ". Wohl wissend, dass die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Entsendung nicht vorlagen.
Das Bauunternehmen tarnte das Engagement deshalb über "eine eigens im Ausland gegründete, wirtschaftlich inaktive Scheinfirma". Und der Unternehmer wollte Geld sparen, indem er die Arbeiter nicht zur Sozialversicherung in Deutschland anmeldete. Daneben "beschäftigte er weitere Arbeitskräfte" denen er schwarz Löhne auszahlte.
Aufwendige Ermittlungen waren nötig, um die komplexen Betrugsstrukturen aufzudecken, hieß es. "Durchsuchungen, an denen rund 100 Beamte des Zolls beteiligt waren, erstreckten sich auf mehrere Orte im Bundesgebiet", macht Zollsprecherin Julia Friesacher deutlich.
Millionenschaden für die Kassen
Das Landgericht Würzburg sah es als erwiesen an, dass sich der Bauunternehmer in insgesamt 82 Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie in 21 Fällen des Betrugs zu Lasten der SOKA-Bau, der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft, schuldig gemacht hat. Der ermittelte Gesamtschaden an veruntreuten Sozialabgaben beträgt 1,2 Millionen Euro. Dazu kommt ein Vermögensschaden wegen des Betrugs zu Lasten der SOKA-Bau in Höhe von rund 450.000 Euro sowie ein Schaden für die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft in Höhe von etwa 260.000 Euro.
Zusätzlich zu seiner Haftstrafe wird der Bauunternehmer zur Kasse gebeten: Weil er den tariflichen oder gesetzlichen Mindestlohn nicht zahlte, ist ein Bußgeld in Höhe von 10.000 Euro an die Straf- und Bußgeldstelle des Hauptzollamts Schweinfurt fällig.
Trend zur Schwarzarbeit steigt
Der Fall fällt in eine Zeit, in der Schwarzarbeit immer häufiger wird: Nach einer aktuellen Prognose des Ökonomen Friedrich Schneider stieg der Umfang der Schattenwirtschaft 2023 bundesweit um 80 Milliarden Euro auf geschätzt 463 Milliarden. Das Verhältnis der prognostizierten Schattenwirtschaft zum Bruttoinlandsprodukt wächst laut dem Finanzwissenschaftler demnach auf 10,7 Prozent der Wirtschaftsleistung.
In der Region kämpft der Zoll gegen den beunruhigenden Trend an. 2022 hat die Finanzkontrolle in ihrem Zuständigkeitsbereich in Unter- und Oberfranken einen Schaden durch Schwarzarbeit in Höhe von 32,8 Millionen Euro festgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 14 Prozent. Vor Gericht haben die zur Anklage gebrachten Fälle zu insgesamt rund 35 Jahren Haft geführt.