Hundestatue, Fernsehschränke oder ein eigenes Buch: Am Vinzentinum im Würzburger Stadtteil Grombühl entscheidet sich jeder Schüler der Jahrgangsstufe 8 für eine Jahresarbeit. Ein Schuljahr lang planen, organisieren, werkeln und proben die Schüler an dieser Arbeit.
Ziel soll es sein, eigene Ideen zu verwirklichen und persönliche Kontakte zu Fachleuten außerhalb der Schule zu knüpfen, die im besten Fall den Schritt in die Arbeitswelt erleichtern sollen.
Tim Seybold hat sich für eine außergewöhnliche Arbeit entschieden. "Mich hat es schon als kleiner Junge auf Campingplätzen genervt, bei einem Kettcar selbst treten zu müssen", sagt der gebürtige Gräfenberger (Lkr. Forchheim). Deswegen wollte Seybold erst ein elektronisches Kettcar bauen, entschied sich dann aber für ein anderes Gefährt. Fest entschlossen ging er vergangenen Sommer zu seiner Lehrerin Barbara Kallfelz und stellte ihr das Konzept eines elektronischen Dreirads vor. "Ich musste sie nicht lange von der Idee überzeugen", erinnert sich der 16-jährige Schüler, der heute in die neunte Klasse geht.
530 Arbeitsstunden brauchte es bis zum fertigen E-Trike
Aus der Idee ist im vergangenen Schuljahr dann erst einmal eine Skizze geworden. "Leider kann ich nicht so gut malen, deswegen hat mir eine Freundin dabei geholfen", gibt Seybold lachend zu. Aus den Strichen auf Papier ist nach rund 530 Arbeitsstunden dann auch tatsächlich ein elektronisches Gefährt geworden. "Ich hatte früher eine Modelleisenbahn und kannte mich deswegen mit dem Tüfteln und der Elektronik aus", sagt er. Das Trike mit zwei Elektromotoren beschleunigt auf 25 Stundenkilometer und ist in der ganzen Schule längst bekannt. Selbst der Hausmeister liefert sich mit Tim Seybold den einen oder anderen Wettbewerb um die beste Rundenzeit. "Ich bin aber immer noch ein bisschen schneller", sagt der Schüler stolz.
Dass das Trike auch fahren kann, beweist der junge Tüftler in der Turnhalle der Schule. Mit geübter Hand am Gas und in lässiger Pose zischt er von einem Ende der Halle zum anderen. Der leise Antrieb ist dabei kaum zu hören. Selbst draußen im Schnee steuert der Tüftler das Trike problemlos um die Kurven – auch, wenn die Fahrt bei verschneitem Boden herausfordernder ist.
Dass das Trike überhaupt fährt, verdankt er der Mithilfe von Freunden und Firmen im Umkreis. Alleine fünf Unternehmen haben ihn beim Bau unterstützt. Besonders stolz erzählt Seybold von einer bayerischen Firma, die mit ihren Elektrofahrzeugen sogar mit Lamborghini zusammenarbeitet. "Das war alles sehr spannend, weil es ja wirklich keine kleine Firma ist", findet er.
Dreirad soll in den Verkauf gehen
Bei einem E-Trike-Modell soll es aber nicht bleiben. Seybold möchte auf Bestellung produzieren und möglichst viele Interessenten für den Flitzer gewinnen. Dafür tüftelt der Schüler – er möchte Industriemechaniker oder Elektroniker werden – jetzt schon an Verbesserungen. So will er beispielsweise den Rahmen aus leichterem Aluminium fertigen und den Lenker ergonomischer bauen. All das hat er schon fest für die kommenden Wochen geplant. Das verbesserte Trike soll im Frühling fertig werden und wegen der kleinen und damit recht teuren Produktion etwa 2200 Euro kosten. "je mehr Käufer sich finden lassen, desto günstiger wird es natürlich", sagt er. Bis dahin ist vielleicht auch geregelt, unter welchen Voraussetzungen so genannte Elektrokleinstfahrzeuge künftig im Verkehr genutzt werden dürfen. Bislang sind sie laut Bundesverkehrsministerium noch nicht zugelassen und dürfen nur auf Privatgrundstücken herumflitzen.
Interessenten für das Trike können sich direkt bei Tim Seybold melden. Er ist unter der Email-Adresse tim@seybold.network zu erreichen.
- E-Fahrzeuge in den USA groß in Mode - bald auch bei uns?