Große Jury, Krönchen und Schleife für eine Venus im Bikini, TV-Ereignis? Wenn „Die schönste Frau der Welt“ angekündigt ist, könnte man das erwarten. Doch das läuft nicht im Torturmtheater. Stattdessen: Minibühne im Foyer, coronabedingt Minipublikum (keine 30 Zuschauer), eine unspektakulär gekleidete (rotes Sweatshirt, schwarze Hose) junge Frau: Amelie Heiler. Sie ist die Solisten in dem Soloprogramm „Die schönste Frau der Welt“, das sie und Ercan Karacayli geschrieben haben.
In diesem One-Woman-Theater-Kabarett-Mix beschäftigt sich die aktive Nutzerin von Tinder – einer Dating-App, die das Kennenlernen von Menschen erleichtern soll – allerdings nicht mit Schönheits-, sondern den wichtigsten Fragen ihres Singledaseins. Das spielt sich bei dieser CIS-Frau ab zwischen Sex, Internetbekanntschaften, die nur zu „Geschichten“ statt Beziehungen führen, und der Suche nach Liebe und großem Glück. Glück (im Freundeskreis), Kinderwunsch, gebärfreudiges Becken, Hymen, schmerzhafte Erfahrungen, Masturbation, der Unterschied zwischen Vulva und Vagina, das sind ihre Themen.
Wem dieser erste Teil ihres mit viel Verve und gelegentlicher Skriptsuche auf dem Computer, stellenweise schwäbelnd vorgetragenen 70-minütigen Programms zu penetrant ist, dem dürften die wohl teils wahren, teils nett erfundenen (Familien-)Geschichten besser gefallen. Die verknüpft sie geschickt mit Feminismus, mit Engagement fürs Klima, für Menschen.
Wobei sie ihre Mutter als Vorbild hat. „Die liebt Afrika“, seit sie einem „Negerle“ mal ins Haar gefasst habe. Das war „lebensverändernd“, führte zur Laden-Eröffnung namens „African Queen“ (nicht wie erwogen „Tinas Negerstüble“), zu zig Afrika-Urlauben, zu Heilers afrikanischer Adoptivschwester, die so vor der drohenden Genitalverstümmelung gerettet wurde. Wie hoch diese Gefahr in einigen Ländern des Kontinents ist, deckt das Zuschauerquiz der 1994 in Oberschwaben geborenen Heiler auf.
Mit ihrem Vater, einem Lehrer mit Alkoholproblem beziehungsweise einem Freundin suchenden „Akademiker mit Niveau“, hat sie dagegen so ihre Schwierigkeiten. Nicht ihre einzigen angesichts des eigenen Anspruchs, die Welt retten zu wollen. „Es ist schwierig, Klimastreiks und Arbeit unter einen Hut zu bekommen.“ Und schmerzhaft, denn manchmal fühle sie sich wie Don Quijote oder Sisyphos, manchmal laste die Welt auf ihren Schultern. Was ihr in solchen Momenten hilft? Ein bisschen afrikanische Lebenseinstellung (auch bekannt aus dem Film „König der Löwen“): „Hakuna matata.“ (Frei übersetzt „alles in bester Ordnung“.)
Auf dem Programm bis 1. August, Spieltage Dienstag bis Samstag. Kartenvorbestellung: Tel. (09333) 268