
Klöße, Klöße und immer wieder Klöße wünscht sich der Würzburger Offizier Johannes Schmidt. Und das, obwohl ihm im Feldlager die feinsten französischen Speisen zur Verfügung stehen. Doch fränkische Klöße scheinen für ihn das höchste der Gefühle gewesen zu sein. Denn das Erste, was er nach seiner Rückkehr aus dem Feldzug Deutschlands gegen Frankreich 1870/71 zu sich nehmen möchte, ist ein Rettich, ein Krug Bier und natürlich – Klöße! Das ist nicht das einzige Erstaunliche, was Studierende zusammen mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern der Lesegruppe den Zuhörern beim Leseabend "Briefe aus dem 1870/71er Krieg" vorstellten, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Würzburg, der folgende Informationen entnommen wurden.
Denn Schmidt, der gleich zu Anfang des Krieges an die Front kam, schildert erstaunlich offen, wenn auch romantisierend das Kriegsgeschehen, aber auch Details aus dem Leben in Frankreich, mit allen seinen Vorzügen, aber auch Nachteilen. 79 Feldpostbriefe an seine Würzburger Verwandtschaft sind von dem Offizier erhalten und wurden von der Lesegruppe aus der Kurrentschrift in die heutige Schrift transkribiert. "Diese Briefe sind Alltagsschriftgut, sie geben heute über das Leben des Schreibers und seiner Zeitgenossen Auskunft", erläutert Prof. Michaela Fenske, Inhaberin des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie/Empirische Kulturwissenschaft.
Zehn Feldpostbriefe stellten Studierende und weitere Mitglieder der Lesegruppe an diesem Leseabend der Öffentlichkeit vor. Stück für Stück machten sie dabei diesen Krieg erlebbar. Schmidt, der sich selbst meist nur Hans nennt, schreibt ganz im deutschen Nationalstil, wie die Franzosen feuern, jedoch die deutschen Truppen verfehlen, schwadroniert über die schlechten Zigarren, die ihm geschickt wurden und die aus einem fürchterlichen Kraut gemacht sind, beschreibt die französische Landschaft und Gärten.
Etwa zwölf Monate lang durchstöberte die Gruppe die Feldpostbriefe des Würzburgers. Dies ist dabei nicht das erste Projekt dieser Art. Seit 2020 erschließt die Gruppe unter der Leitung von Fenske und ihrer Kollegin Susanne Dinkl in Zusammenarbeit mit regionalen Institutionen immer wieder neue Quellen und macht sie so für eine breite Öffentlichkeit, aber auch intensivere Forschungen zugänglich.