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Frauenland
Schlitzohrige Raffinesse und der eigene Charme des Vereinslebens
Die Schauspieler bei der Premiere im Theater Chambinzky (von links): Jürgen Hupp, Thorsten Rock, Michael Schwemmer.
Foto: Oliver Mack Wuerzburg | Die Schauspieler bei der Premiere im Theater Chambinzky (von links): Jürgen Hupp, Thorsten Rock, Michael Schwemmer.
Ursula Düring
 |  aktualisiert: 12.04.2023 02:39 Uhr

Erol und Melanie sind der ganze Stolz des Tennisclubs Lengenheide. Gerade sind sie Bezirksmeister geworden und werden in der Mitgliederversammlung besonders gewürdigt. Doch Vereinsleben hat seinen eigenen Charme. Während der Abarbeitung der Tagesordnung kommt es in dem eigentlich friedlichen Verein zu einer Diskussion um die Anschaffung eines neuen Grills und in der immer hitziger werdenden Debatte zum Eklat.

"Extrawurst" ist die Gesellschaftssatire der Autoren Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob überschrieben, die im Theater Chambinzky eine heftig beklatschte Premiere feiern konnte. Sie beginnt ganz entspannt. Vereinspräsident Heribert , konservativ – er würde eher sterben als in farbiger Tenniskleidung auf den Platz zu gehen –, selbstherrlich, trotz Ischias von sich überzeugt und nicht bereit, seinen Stellvertreter oder jemand anderen zu Wort kommen zu lassen.

Jürgen Hupp geht in seiner Rolle als autokratischer Chef vollständig auf. Mit ausladenden Armbewegungen erstickt er jeglichen Ansatz, sich an die Tagesordnung zu halten. Wedelt mit seiner Brille, befielt und trotzt, wenn es nicht nach seinem Kopf geht. Doch Melanie bekommt er, trotz immer wieder schlitzohrig eingesetzter Raffinesse, nicht in den Griff.

Ausgeklügelte Körpersprache und viel Gefühl

Sie beharrt darauf, einen zweiten Grill anzuschaffen, da ihr Tennispartner Erol ein türkischer Moslem ist und seine Würste ihrer Meinung nach nicht neben den schweinernen brutzeln können. Cornelia Wagner im schicken Sportdress agiert mit viel Gefühl. Sie zeigt Melanie mit selbstbewusstem Auftreten als Sportlerin und Vereinsmitglied, aber auch ihr verzweifeltes Aufbegehren in ihrer Stellung als Ehefrau.

Torsten, ihr Gatte, der zunächst den lockeren Witzbold gibt, verliert immer mehr an Selbstbewusstsein, je tiefer sich die unterschiedlichen Ansichten festbeißen. Thorsten Rock versteht es mit einer ausgeklügelten Körpersprache, sich anfänglich als toleranten Gutmenschen zu geben, der für Gewaltlosigkeit und Freiheit plädiert, um sich später als verunsicherter, hilfloser Mann zu outen. Je mehr sich scheinbare Missverständnisse hochschaukeln, die inneren Einstellungen dechiffriert werden, desto wahrhaftiger, aber auch komischer wird das Geschehen.

Herzblut und Können in allen Rollen

Unter der Regie von Martina Esser nimmt die Geschichte, die vor allem im zweiten Teil ein bisschen mehr Drive verdient hätte (was möglicherweise der Premierensituation geschuldet ist), ihren Lauf, in der pointierte Situationskomik immer wieder für Lacher im vollbesetzten Saal sorgt. Mit beteiligt daran ist auch Matthias, der sich problemlos auch zwischen zwei Stühle setzt. Die Mimik von Michael Schwemmer als zweiter Vorsitzender ist unwiderstehlich, sein plumpes Streben nach Bedeutung herrlich komisch. Csaba Béke spielt den voll integrierten Erol Oturan, der zunächst abwartend zuhört, dann aber die traurigen Wahrheiten auf den Punkt bringt und das in allen Rollen mit Herzblut und Können spielende Team ideal ergänzt.

 
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