Die mit 300 bis 500 Euro teuersten Übernachtungsmöglichkeiten in Randersacker befinden sich im Schlafzentrum Am Sonnenstuhl. Der Neubau ist das jüngste Projekt von SOMNOmedics-Chef Gert Küchler, der vor 20 Jahren in Kist mit einem typischen Kellerunternehmen startete. „Es nutzt nichts, die Diagnostik am Tag zu machen, wenn die Krankheiten nachts entstehen“, lautet ein Kernsatz von Gert Küchler, der auf die übliche Praxis von Schlaflaboren zielt. Ein eigenes diagnostisches Schlafzentrum war die logische Konsequenz für möglichst authentische Messergebnisse zum Schlafverlauf.
Spaziergang im firmeneigenen Garten
Der große Unterschied: Im Schlafzentrum am Sonnenstuhl checkt man wie im Hotel ein. Der ärztliche Überweisungsschein öffnet die Tür zu Rezeption, Lounge, Spaziergang im firmeneigenen Park und den Zimmern, die Silvaner oder Domina heißen. Bis auf die Sensoren und Elektroden, die vor dem Schlafengehen angelegt werden sowie der Kamera an der Decke über dem Bett, erinnert nichts an Klinik oder Labor, wenngleich jede Menge Technik im Spiel ist.
Küchler legt Wert darauf, dass die Patienten alles in etwa so machen können wie zu Hause, um Bettschwere zu erreichen. Dass sie sich möglichst ungestört fühlen, ist seinen medizintechnischen Entwicklungen zu verdanken. Seit einem knappen Jahr steht das Randersackerer Schlafzentrum mit zwölf Betten Patienten mit gesundheitlichen Problemen offen, denen Schlafstörungen zugrunde liegen. Es ist nach Küchlers eigenem Bekunden eines der technisch modernsten Schlafzentren in Europa, gleichzeitig Referenzobjekt und Gradmesser für die Praxistauglichkeit der SOMNOmedics-Diagnosegeräte.
Der Ingenieur für Medizintechnik Dr. Gert Küchler, der zunächst am Physiologischen Institut der Charité in Forschung und Lehre tätig war, beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit Diagnosegeräten für die Schlafmedizin. Dabei ist das Ergründen von Beeinträchtigungen des Schlafs und der gesundheitlichen Folgen eine noch junge medizinische Disziplin, während die verschiedenen Arten der Schlafstörung als rasant zunehmende Volkskrankheit inzwischen in einer Liga spielen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs.
Von Insomnie (Schlaflosigkeit) betroffen sind laut Küchler bis zu einem Viertel der Bevölkerung. Die bekannte Schlaf-Apnoe – die mit Atemaussetzern einhergeht – habe daran laut Küchler jedoch nur einen kleinen Anteil. Noch großes Forschungspotenzial enthielten die Begleiterkrankungen, zum Beispiel wenn sich der Körper im Schlaf nicht genügend erholt. Küchlers Beispiel: „50 Prozent des Bluthochdrucks entsteht im Schlaf.“ Geräte für die stationäre und ambulante Polysomnographie (PSG), also die Aufzeichnungen von Körperaktivitäten während des Schlafs sowie die Software für deren Aufzeichnung und Analyse gehören zum Kerngeschäft von SOMNOmedics ebenso wie innovative Blutdruckmessgeräte für eine permanente Messung. SOMNOtouch NIBP funktioniert ohne Manschette, misst die Pulswellenlaufzeit mit Sensoren und gehört zu Küchlers Erfindungen mit entsprechenden Patenten.
Innovation als Messwert für stetigen Erfolg
Die schnelle Marktdurchdringung hinke derzeit jedoch bei der Zulassung als Standardmethode, weshalb dies kombiniert mit der Manschetten-Messung angeboten wird. Bei einer 24-Stunden-Blutdruckmessung wird dabei jeweils nur am Anfang für die Kalibrierung mit der herkömmlichen Manschette gearbeitet, erklärt der findige Geschäftsmann. Küchler: „Die herkömmliche Manschette stört, sie ist für die nächtliche Messung nicht geeignet.“
29 Prozent Marktanteil in Europa, weltweit an dritter Stelle in dieser Sparte, lautet die Bilanz zum 20-jährigen Firmenbestehen. „Innovation“ nennt Küchler als Kriterium für das stetige Wachstum seiner Firma sowie zahlreiche Kooperationen wie die mit der Stanford University (USA). Zudem: Klein und portabel müssen Geräte sein, um sich durchzusetzen. Fünf bis sieben Jahre wähnt sich der Firmeninhaber beispielsweise mit dem PSG-Gerät SomnoHD eco der Konkurrenz voraus. Es ist ein Gerät, das ab 12 000 Euro kostet. Ablesbar ist der Erfolg von SOMNOmedics an dem jeweils kontinuierlichen Anstieg des Jahresumsatzes bis auf zuletzt 20 Millionen Euro (2019).
Expansionspläne für Lager und Fertigung
Insgesamt werden in Randersacker pro Jahr 1900 verschiedene Geräte aus extern gefertigten Komponenten zusammengesetzt. Von der Qualitätsprüfung über Vertrieb und Marketing, diversen Zulassungsverfahren für jedes Land bis hin zum Rund-um-die-Uhr-Service konzentriert sich alles am Fuße des Sonnenstuhls, ergänzt durch diverse Niederlassungen.
Die inzwischen rund 130 Mitarbeiter machen SOMNOmedics zu Randersackers größtem Arbeitgeber, wovon laut Geschäftsführer „mit rund 20 Prozent ein sehr hoher Anteil im Bereich Forschung und Entwicklung tätig ist“. In der Schublade hat Küchler Expansionspläne, hauptsächlich für Lager und Fertigung, denn der Platz ist auch im Erweiterungsbau knapp geworden, im umgebauten, ehemaligen Bistro am Sonnenstuhl. Ein Neubau für knapp vier Millionen Euro ist in Planung.