Nach wie vor wird er von vielen Bürgern registriert und freundlich begrüßt. Nicht ganz selbstverständlich heutzutage.
Der Senior der Würzburger Kommunalpolitik wird an diesem Sonntag 80 Jahre alt. 22 Jahre lang war er SPD-Oberbürgermeister. Ohne Zweifel ist er die schillerndste kommunalpolitische Persönlichkeit der letzten vier Jahrzehnte. Noch heute sitzt er für die Würzburger Liste (WL) im Stadtrat.
Anlässlich des Geburtstags gilt es zunächst die „Blütezeit“ Zeitlers als Stadtoberhaupt zu würdigen, die in vielerlei Hinsicht sehr nachhaltig für Würzburg gewesen ist.
Als der promovierte Jurist 1968 in einer Stichwahl gegen den CSU-Kontrahenten und damaligen Landtagsabgeordneten Reinhold Vöth, der später Intendant des Bayerischen Rundfunks wurde, mit knapper Mehrheit von 373 Stimmen das Rennen für sich entschied und von seinem Vorgänger Helmuth Zimmerer die Amtskette übernahm, begann eine ganze Serie von wichtigen Entwicklungen.
Dazu gehören Eingemeindungen, die der Stadt Entwicklungsflächen bescherten, das ganz wichtige Kongresswesen mit dem Abriss des alten Schlachthofs und dem Bau des CCW oder der Ausbau des Heuchelhofs.
Auch wenn „Erbsenzählen“ schon damals immer ein gängiges Stichwort bei den Haushaltsberatungen gewesen war, hatte Klaus Zeitler freilich auch immer den Rückenwind der wirtschaftlich etwas glücklicheren Jahre.
Als SPD-Mann hatte er aber auch immer mit einer teils absoluten CSU-Stadtratsmehrheit zu „regieren“ und dabei ein besonderes Talent entwickelt, über den Parteien zu stehen. Selbst über seiner eigenen SPD, zu der er sich als bekennendes Mitglied des „Schumacher-Flügels“ zählte, zu der er aber immer ziemlich auf Distanz blieb.
Auch wenn es nach außen gelegentlich so wirkte, ein Politiker der Gemütlichkeit war Zeitler nicht. Während er die Würzburger mit fränkischen Loden-Kreationen, der berühmten Würzburger Bratwurst, der Würzburg-Linde am Paradeplatz, die nie eine solche geworden ist, oder sonstigem Firlefanz gut bei Laune hielt, blickte er immer auch über den städtischen Tellerrand.
Gegen Atomwaffen
1983 sorgte sein „Dresdner Brief“ für helle Aufruhr, als er mit seiner Forderung nach einer atomwaffenfreie Zone nicht nur den Stadtrat, sondern auch die Staatsbehörden ärgerte. Gleiches galt für den Boykott von „Wintex“, einer Nato-Übung, bei der es auch um den Einsatz von Nuklearwaffen ging.
Seine ökologischen Ideen waren zu seiner Zeit weit vorausschauend. Nicht zufällig war sein Spitzname „der grüne Klaus“. Das zu Zeiten, als die Partei der Grünen politisch noch keine Rolle spielte. Die gesamte Vorbereitungs- und Entscheidungsphase der bisher erfolgreichsten aller bayerischen Landesgartenschauen 1990 in Würzburg fiel in seine Ära.
Und er hatte zuvor 1986 den bisher einmaligen Deutschen Umwelttag in Würzburg massiv unterstützt. Den späteren Umweltreferenten Matthias Thoma hatte er als persönlichen Referenten. Der inzwischen verstorbene Thoma hat im Umweltbereich nachhaltige Spuren hinterlassen.
Plötzlicher Rückzug
Zeitler war in der Stadt enorm populär und nahezu konkurrenzlos, ehe er dann 1989 eine zunächst für die SPD zugesagte weitere OB-Kandidatur urplötzlich zurückzog. Zu diesem Zeitpunkt hatte er längst die Turbulenzen mit seinem CSU-Kämmerer und Grundstücksreferenten Jürgen Weber hinter sich, den er einmal der „Vetterleswirtschaft“ bezichtigt hatte.
Der Rückzug Zeitlers führte damals zur Spaltung Webers von der CSU, die mit Barbara Stamm angetreten war. Weber machte mit seinem Coup das Rennen. Heute sitzen Zeitler und Weber Seite an Seite für die WL im Stadtrat – und verstehen sich offenbar wieder prächtig.
Der Sinneswandel von Zeitler erzeugte damals bösen Ärger bei den Sozialdemokraten. Und der Alt-OB sorgte weiter für überregionale Schlagzeilen, als er nach 35 Jahren Mitgliedschaft in der SPD den rechten Republikanern beitrat – zum Entsetzen der breiten Öffentlichkeit.
Nachdem den Republikanern 1995 einmal mehr Rechtsextremismus und Verfassungsfeindlichkeit bescheinigt wurden, trat er zunächst aus, um später wieder einzutreten. Beamtenrechtliche Fragen sollen für diesen Zickzackkurs eine Rolle gespielt haben.
Für die Republikaner kandidierte Zeitler auch für den Landtag und ab 1996 für den Stadtrat, bevor er sich in der vergangenen Wahlperiode Webers Würzburger Liste anschloss.
Für die hat er 2008 erneut erfolgreich für den Stadtrat kandidiert. Auf der Stadtratsbank gab und gibt Zeitler gerne den weisen und altersklugen Mahner, wobei seine großen rhetorischen Auftritte seltener geworden sind und oft Resignation zu spüren ist.
Sendungsbewusstsein
Ein gebliebenes politisches Sendungsbewusstsein wird Zeitler selbst nicht verhehlen. Stets spielten die größeren Zusammenhänge und nicht allein die Kommunalpolitik bei ihm eine Rolle.
Vor 20 Jahren brachte er sein erstes Buch mit dem Titel „Jahrgang 1929“ auf den Markt in dem er seine Jugend-Erinnerungen aus der Endzeit der Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Nachkriegszeit aufarbeitete. Thema eines zweiten Buchs mit dem Titel „Wohlauf die Luft geht frisch und rein...“ ist die Zeit als OB.
Klaus Zeitler wurde für sein Engagement mit vielerlei Ehren bedacht. Dazu gehört das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, die Bayerische Verfassungsmedaille und der Ehrenring der Stadt Würzburg.