Wenn man jemandem auf die Finger schaut, macht man sich nicht unbedingt Freunde. Wolfgang Zapf kann damit leben. Er ist seit 27 Jahren auf Baustellen in Unterfranken unterwegs, ihm macht so schnell keiner ein X für ein U vor. Und vor allem ist es Zapf egal, ob er auf der Baustelle Freunde oder Feinde hat: Was er sagt, ist Gesetz. Punkt.
Die Anweisungen sind unmissverständlich
Dass der 64-jährige Dezernatsleiter des Gewerbeaufsichtsamtes in Würzburg auch mal richtig laut und energisch werden kann, nimmt man im ersten Moment gar nicht an: Zapf ist hager, spricht eher leise und mit bedachter Wortwahl. Doch wer ihn im Gespräch selbst mit dem wuchtigsten Bauarbeiter erlebt, merkt schnell: Wenn Zapf auf den Baustellen Schlampigkeiten bei der Sicherheit entdeckt oder gar lebensgefährliche Stellen, dann sind seine Anweisungen wie ein messerscharfes Schwert.
Die Kontrolleure können ganze Betriebe stilllegen
Messerscharfes Schwert: Genau so beschreibt Zapfs Chef, Amtsleiter Günther Gaag, die Wirkung des Gewerbeaufsichtsamtes. Wenn Zapf es will, steht jede Baustelle still. Denn die Mitarbeiter des Amtes haben die Befugnis, bei gravierenden Sicherheitsmängeln, eben Baustellen oder Betriebe ganz oder teilweise dichtzumachen – bis der Mangel behoben ist. Dass eine solche messerscharfe Anordnung für das betroffene Unternehmen teuer werden kann, versteht sich von selbst.
Es gibt Firmen, die sich für die Kontrolle bedanken
Wenngleich das Gewerbeaufsichtsamt als Teil der Regierung von Unterfranken eine Ordnungsbehörde ist, ist deren Rolle nach Ansicht von Amtsleiter Gaag nicht allein eine sanktionierende. Vielmehr auch eine ordnende, eine aufräumende – und eine, die der regionalen Wirtschaft guttut. „Wir bekommen Briefe von Firmen, die sich bedanken“, erzählt Gaag. Und ergänzt: „Wir sind nicht die Bösen.“
Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist deutlich gesunken
Der Grund des Dankes liegt auf der Hand: Wenn ein Betrieb von Gaag, Zapf und Co. auf Mängel hingewiesen wird, dann spart das oft viele Kosten in Folge von Schäden. Freilich lasse sich nicht in Euro und Cent exakt sagen, so Gaag, welche Wirkung das Gewerbeaufsichtsamt auf die Wirtschaft habe. Ein anderer Gradmesser dient immerhin als Indiz: Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist in Unterfranken in den vergangenen Jahren zeitweise um 80 Prozent zurückgegangen.
Polier über Kontrolleur: „Ich bin dankbar, dass er kommt“
Dass es immer wieder Betriebe gibt, die die Arbeit des Gewerbeaufsichtsamtes positiv sehen, erlebt auch Wolfgang Zapf bei seinen Kontrollen der derzeit 650 gemeldeten Baustellen in Unterfranken. „Ich bin dankbar, dass er kommt“, sagt etwa Polier Roland Niedt von der Schweinfurter Firma Riedel Bau. Denn mit der Zeit werde man betriebsblind, weshalb die Hinweise von Zapf wertvoll seien. Schließlich dienten sie der Sicherheit aller Mitarbeiter, sagt Niedt auf einer Baustelle in der Schweinfurter Innenstadt.
Was der Kontrolleur alles entdeckt
Dort sieht Zapf Unzulänglichkeiten, die für einen Laien nebensächlich erscheinen – oder die er gar nicht erkennt. So geht auf Niedts Baustelle in einem dunklen Treppenhaus das Licht nicht. Sollte es aber. Also gibt Zapf Niedt den Hinweis, der holt per Funk sofort einen Kollegen, der für Abhilfe sorgt. Oder an einer anderen Stelle auf der Baustelle: Dort sieht Zapf, dass ein Schlauch einige Zentimeter frei schwebend über einer Treppenstufe liegt: Stolperfalle. Auch hier lässt Niedt sofort einen Kollegen kommen.
Pro Jahr 10.000 Kilometer in Unterfranken unterwegs
Freilich sind das für Zapf alles eher Kleinigkeiten bei seinen in der Regel unangemeldeten Besuchen. Etwa 10 000 Kilometer fahre er pro Jahr mit wachem Auge durch Unterfranken, sagt der gelernte Holzingenieur. Dabei hält er auch immer wieder spontan an, wenn er auf Baustellen etwas Ungewöhnliches sehe – etwa Dachdecker, die ohne Sicherung auf Dächern am Werk sind. Da komme es schon mal vor, so Zapf, dass diese Kandidaten dann flugs auf die andere Seite des Daches turnen, um sich seines Blickes zu entziehen.
Termindruck auf dem Bau ist enorm
In all den Jahren hat Zapf einen tiefen Einblick ins Bauhandwerk bekommen und damit auch seine Veränderung erlebt. „Der Termindruck hier ist gigantisch geworden.“ Und: Bei den mittlerweile vielen Sub- und Sub-Subunternehmen mit ihren oft fremdsprachigen Arbeitern könne man froh sein, wenn man auf der Baustelle gleich jemanden findet, „der versteht, was ich ihm sage“.
Zapf hat alle Mittel des Gesetzes, bei Mängeln auf Baustellen sofort einzuschreiten. So wie kürzlich, als er zum Abriss eines alten Stalles in Schweinfurt gerufen wurden. Da zertrümmerte ein Bagger ohne Schutz Asbestplatten. Zapf ließ die Arbeiten sofort stoppen. Es wird nun erst weitergehen, wenn eine Spezialfirma anrückt. Auch dann wird Zapf wieder ganz genau hinsehen.