Er hat sich in nur zwei Jahren in die Profiliga hochgearbeitet, der zeichnende Rechtsanwalt Sieghart Böhme. Früher stellte er gemeinsam mit anderen Hobbykünstlern aus – bis zu seiner Arbeit „Tut Hasis I“. Die veränderte alles. Sie zeigt vor blau-gold-gestreiftem Hintergrund die Einwickelfolie eines Schokoladenhäschens. Letztere war, weil vom Drei- ins Zweidimensionale ausgebreitet, nicht gleich als solche zu erkennen. Ersteres steigerte die Wertigkeit des Bilds ins Unermessliche: Das Blau und das Gold waren dasselbe wie auf der Mütze des prominenten Pharaos Tut-Anch-Amun. Als diese Ausstellung am ersten Abend schloss, bat der Ausrichter den Künstler Böhme dringend, seine Collage über Nacht in den Safe zu sperren. Der Grund: Für ein so wertvolles Bild könne er keine Haftung übernehmen.
Fake, ohne Zutun des Urhebers
Ursprünglich sollte das kleine Werk ein echter Sieghart Böhme sein. Plötzlich war es ein Fake, ohne Zutun des Urhebers. Da hatte der eine weitere Idee. Er machte das Bild zum Plakatmotiv für die Ausstellung „Die Ägypter in Franken“.
Dieses Plakat ist nun in der Galerie Kunsthaus Michel in der Würzburger Semmelstraße mit 13 weiteren zu sehen. Diese höchst reale Ausstellung überschneidet sich zeitlich nicht mit den „Ägyptern“, sondern endet am Donnerstag, 16. März. Die angebliche Schau im Martin von Wagner-Museum beginnt hingegen erst am 1. April, in der „Abteilung Fiktion“ der Universitäts-Kunstsammlung.
Solide Satirik in mainfränkischen Realitäten
Die meisten Motive der Ausstellung „Sieghart Böhme – Veranstaltungen, die niemals stattfinden werden“ im Kunsthaus Michel fußen solide satirisch in mainfränkischen Realitäten. Zum Beispiel wurmen den auf Sozialrecht spezialisierten Juristen Tageszeitungsfotos, auf denen Angler ihre Riesenbeute gegen die Linse halten. Wäre es nicht angemessener, fragte er sich, zu den Welsen in den Main hinabzusteigen wie beim Wale-Beobachten im Ozean? Oh ja, das wäre es, und genau darauf macht das Poster „Wels Watch“ Lust: dass man sich knapp unter der Alten Maibrücke mit leichtem Druckluftgerät zwischen kapitalen Wallern tummelt. Laut Plakat soll dies den ganzen Sommer über möglich sein, dienstags bis samstags um zehn.
Auf den 1. Mai datiert ist der „gewaltige Protestzug“ „Bürger fordern Durchblick“, der sich laut Plakat gegen Reklame auf Straba-Wagenfenstern richtet. Wer möchte da nicht mitmarschieren! Bis zum Programmpunkt „Aufmarsch bei den Verantwortlichen, Ansprachen“. Eigentlich schade, dass die Demo nicht wirklich läuft.
Plakatmotive und -inhalte
Nicht so leicht verständlich ist ein Plakat „Rolatoren“, das Böhme für die Ausstattung des Würzburger Krimifilms „Dadord“ schuf. Aber: Die Besucher kann sich drauf verlassen, dass hinter jedem Werk eine Geschichte steckt.
Bei der Vernissage improvisierte der Kommunikationsdesigner, der sonst neben seinem Beruf „zwei oder drei Buntstiftzeichnungen pro Jahr“ machte, eine kleine Führung.
Wie er als Mitanbieter auf dem professionellen Kunstwerk weiterarbeiten wird, ist ihm noch nicht ganz klar. Vor dem Plakat „Terroir F“ erklärte er jedoch schon einmal die Vita des angeblichen Konzeptkünstlers, der (am 2. April 2017) den Funkmast vom Schwanberg auf den Iphöfer Marktplatz versetzen und kräftig einfärben will. Von diesem Herodion Gaudi sei „in Zukunft vielleicht noch Großes zu erwarten“. Es handle sich bei dem Mann um einen „geläuterten Linksterroristen aus Kolumbien“.
Die Plakate werden für 90 Euro pro Stück im ansehnlichen Format DIN-A1 ausgedruckt.