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Würzburg
Sant'Egidio: Beim festlichen Weihnachtsessen in der Marienkapelle in Würzburg die Gemeinschaft spüren
Die Kirche am Marktplatz war nur eine von vier Orten in der Stadt, an denen die Glaubensgemeinschaft Menschen aller Farben und Auffassungen zu einem Mittagsmahl einlud
Angesprochen waren beim Weihnachtsessen von Sant'Egidio alle Menschen, die in der Gesellschaft in der zweiten oder dritten Reihe stehen, Menschen mit Behinderung, Flüchtlinge, Obdachlose, ehemalige Strafgefangene oder einfach nur einsame Rentner und Rentnerinnen.
Foto: Heiko Becker | Angesprochen waren beim Weihnachtsessen von Sant'Egidio alle Menschen, die in der Gesellschaft in der zweiten oder dritten Reihe stehen, Menschen mit Behinderung, Flüchtlinge, Obdachlose, ehemalige Strafgefangene ...
Matthias Ernst
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:35 Uhr

Wer am ersten Weihnachtsfeiertag in die Würzburger Marienkapelle hineinwollte, wunderte sich, denn am Eingang war eine Personenkontrolle. Ohne Einlasskarte kam man nicht hinein. Was sonst nur bei Konzerten oder Staatsempfängen der Fall ist, hatte einen ganz einfachen Hintergrund: Die Gemeinschaft Sant’Egidio hatte wieder zum festlichen Weihnachtsessen eingeladen.

An Weihnachten echte Gemeinschaft spüren und ein paar Stunden das Schicksal vergessen

Angesprochen waren alle Menschen, die in der Gesellschaft in der zweiten oder dritten Reihe stehen, Menschen mit Behinderung, Flüchtlinge, Obdachlose, ehemalige Strafgefangene oder einfach nur einsame Rentner und Rentnerinnen. Sie sollen an Weihnachten echte Gemeinschaft spüren und ein paar Stunden ihr Schicksal vergessen. Das ist das Ziel von Sant’Egidio.

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Die Gemeinschaft nennt sich nach einer Kirchengemeinde in Rom, in der 1982 erstmals eine Speisung von Obdachlosen an Weihnachten durchgeführt wurde. Seitdem wird dieser Akt der Nächstenliebe weltweit zelebriert. Nicht nur ein warmes Essen war den Teilnehmern und Teilnehmerinnen garantiert, auch ein persönliches Geschenk konnte jeder und jede mit nach Hause nehmen, liebevoll eingepackt von vielen fleißigen Händen.

Nicht nur ein warmes Essen war den Teilnehmern und Teilnehmerinnen garantiert, auch ein persönliches Geschenk konnte jeder und jede mit nach Hause nehmen, liebevoll eingepackt von vielen fleißigen Händen.
Foto: Heiko Becker | Nicht nur ein warmes Essen war den Teilnehmern und Teilnehmerinnen garantiert, auch ein persönliches Geschenk konnte jeder und jede mit nach Hause nehmen, liebevoll eingepackt von vielen fleißigen Händen.

In Würzburg gab es gleich vier Anlaufstellen, etwa 120 Menschen kamen in die Marienkapelle

In Würzburg gab es gleich vier Anlaufstellen. Neben der Marienkapelle waren es das Pfarrzentrum Heilig Kreuz in der Zellerau, die Kirche St. Albert in der Lindleinsmühle und die Mensa in der Schönthalstraße.

Etwa 120 Menschen kamen in die Marienkapelle, die am Eingang von zwei jungen Mädchen begrüßt wurden. Johanna und Pauline wünschten jedem Eintretenden frohe Weihnacht und man hätte fast denken können, dass sie zwei Engel in Menschengestalt seien, so freundlich begrüßten sie die Menschen.

Diese Freundlichkeit setzte sich an den Tischen fort, denn die Kirchenbänke waren an die Seite gerückt worden und der ganze Chor stand voller Tische und Stühle. Jedem Tisch waren zwei "Kümmerer" zugeteilt, die sich um das Wohl der Gäste bemühten. Etwa 40 Helfer und Helferinnen waren es allein in der Marienkapelle, weit über 100 insgesamt.

Eine davon ist Agatha Böhm, die bereits zum fünften Mal mithilft. Sie freut sich besonders, wenn sie das Leuchten in den Augen der Menschen sieht, die sie betreut. Einige brauchen Hilfestellung beim Erreichen des Tisches, andere beim Essen, wieder andere wünschen sich nur ein Gespräch. Für all das sind Agatha und ihre Kollegen und Kolleginnen da.

So wie auch Gudrun, die erstmals hilft. Die alleinstehende Rentnerin hatte einen Aufruf in der Zeitung gelesen, dass noch Helfer und Helferinnen gesucht werden. Da stand schnell für sie fest: Ich mache mit. Sie begleitet die Menschen zu ihren Tischen und teilt dann auch das Essen aus.

Etwa 40 Helfer und Helferinnen waren es allein in der Marienkapelle, weit über 100 insgesamt.
Foto: Heiko Becker | Etwa 40 Helfer und Helferinnen waren es allein in der Marienkapelle, weit über 100 insgesamt.

Zuerst gab es eine warme Suppe, eine festliche Tomatensuppe. Es folgte der Hauptgang, Rindergulasch mit Spätzle und Gemüse und eine weihnachtliche Nachspeise. Alles wurde zubereitet in der Mensa der Universität am Hubland, berichtet Klaus Reder, der für den Ablauf in der Marienkapelle verantwortlich ist. Er ist jedes Jahr wieder begeistert, wie viele Menschen helfen wollen, aber gleichzeitig bestürzt, dass es so viele Hilfsbedürftige gibt.

Im vergangenen Jahr waren es 100 Personen in der Marienkapelle, heuer bereits 120. Stammgäste sind Hans-Günter Prieb und Pierre Habermann. Sie kommen so oft es geht, auch wenn ihre Lebenswege vollkommen unterschiedlich sind. Letzterer sitzt im Rollstuhl, ersterer gehört mit seinem Lebensweg nicht zu den Privilegierten.

Aber am ersten Weihnachtsfeiertag, bei Sant’Egidio, fühlen sie sich sehr wohl. Da wird das eigene Schicksal schnell vergessen und man ist einer mitten unter vielen. Und als dann noch die persönlichen Geschenke verteilt werden, kommt ein Leuchten in die Augen der meisten Besucher und Besucherinnen, fast wie in Kindertagen.

 
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