Sehr geehrter Herr Dürr, kann man eine Partei ernst nehmen, die sich für den ungehinderten Zugang zu Schreckschusswaffen stark macht? Kann man also die FDP ernst nehmen?
Das frage ich mich seit der Reaktion Ihrer Partei auf die Silvesterrandale in Berlin. Dort hatten zum Jahreswechsel Hunderte von Randalierern unter anderem mit Schreckschusswaffen Einsatzkräfte attackiert und zum Teil verletzt. SPD-Innenministerin Nancy Faeser will zügig das Waffenrecht verschärfen und etwa den Kauf von Schreckschusswaffen erlaubnispflichtig machen. Und die FDP? Beharrt auf dem freien Zugang zu Berettas, Sig Sauers und Walthers im Schreckschussformat.
FDP: Eine Verschärfung des Waffenrechts ist nicht notwendig
Eine Verschärfung des Waffenrechts sei nicht notwendig. Das haben Sie, Herr Dürr, gerade gesagt. Und hinzugefügt: "Statt neue Verbote zu verhängen, sollten wir dafür sorgen, dass die Waffenbehörden in den Kommunen besser ausgestattet und ausgebildet werden." Klingt beim ersten Hinhören sinnig, dieser Satz. Ist er aber nicht, denn er geht voll am Thema vorbei. Das glauben Sie nicht? Dann riskieren Sie doch mal einen Blick ins Internet.
Im Online-Versand: Schreckschusswaffe so leicht zu haben wie ein Gartenzwerg und eine Gießkanne
Tatsächlich ist beim Online-Versandhandel der Kauf einer Schreckschusswaffe nicht schwieriger als der Kauf einer Gießkanne oder eines Gartenzwergs. Wer will, kann eine Beretta- oder eine Sig Sauer-Nachbildung samt Munition hindernisfrei heute bestellen und übermorgen geliefert bekommen. Die bestbewertete Schreckschusspistole etwa, schwärmen die fast ausnahmslos männlichen Kunden von Deutschlands größtem Verkaufsportal, sehe "cool“ aus, habe "ein realistisches Gewicht von rund 700 Gramm", liege "satt in der Hand“, schieße genau auf zehn Meter. Und sie entspricht laut den Käufern "1:1 dem scharfen Original". Ein Rezensent jubelt: "Genau das Richtige für Jugendliche, die ans Schießen rangeführt werden, aus Spaß an der Freude."
Wenn eine Waffe im Haus herumliegt, ist es nur ein kleiner Schritt, sie mitzunehmen
Das ist es, was Sie wollen, Herr Dürr? Dass Jungspunde weiter "aus Spaß an der Freude" mit ein paar Klicks originalgetreue Waffen bestellen können, sie sodann satt in der Hand spüren und erlaubnisfrei abdrücken können?
Zugegeben, unser aktuell gültiges Waffenrecht kennzeichnet nur den Kauf und das Schießen mit der Schreckschusswaffe auf dem eigenen Grundstück als erlaubnisfrei. Wird die Waffe außerhalb des Grundstücks geführt, bedarf es eines kleinen Waffenscheins. Aber seien wir ehrlich, Herr Dürr: Wenn so eine Waffe schon mal im Haus herumliegt, ist es für einen jungen Kerl, der angeben oder einen draufmachen will, nur ein kleiner Schritt, die Waffe auch mitzunehmen – zum Beispiel zu einer Silvester- oder demnächst zur Faschingsparty. Es wäre viel sicherer, solche Waffen wären nicht da oder zumindest schwieriger, also nur mit Erlaubnis, zu bekommen.
Laut Gewerkschaft der Polizei sind rund 15 Millionen Schreckschusswaffen im Umlauf
Ironischerweise hat Ihre Partei genau diesem Plan, Schreckschusswaffen nur mit Erlaubnisschein kaufen zu dürfen, bereits zugestimmt –im Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Wenn Ministerin Faeser jetzt auf diesen Erlaubnisschein drängt, will sie ja nur vollziehen, was drei Koalitionspartner ohnehin vereinbarten.
Haben Sie das vergessen, Herr Dürr? Oder ist Ihre Aussage vielmehr populistisch motiviert und zielt auf die Besänftigung und Umwerbung der Millionen von Waffenbesitzern in Deutschland? Denn das sind viel mehr als man meint: Laut Gewerkschaft der Polizei sind in Deutschland rund 15 Millionen (!) Schreckschuss-, Signal- oder Reizgaswaffen im Umlauf. Kleine Waffenscheine, die zum Führen dieser Waffen berechtigen und deren Besitzer auf Drogendelikte, auf Straftaten, auf polizeilich bekannte Auffälligkeiten oder verfassungsfeindliche Aktivitäten geprüft worden sind, haben allerdings nur rund 700.000 Personen.
Schreckschusswaffen können töten oder verletzen
Ich darf deshalb auf Ihren Satz zurückkommen, demzufolge wir kein schärferes Waffenrecht bräuchten, sondern nur die Waffenbehörden besser ausstatten sollten: Was bitte sollte denn eine bessere Ausstattung der Waffenbehörden bringen, wenn die Behörden Waffenbesitzer nicht registrieren können? Solche Politikersätze, die Sachverhalte verschleiern, ärgern mich.
Deshalb möchte ich Sie dringend bitten, sich ab jetzt ernsthaft mit der Materie zu beschäftigen: Täten Sie das, könnten Sie lesen, dass Schreckschusswaffen Menschen schwer verletzen oder gar töten, werden sie im Nahbereich angewendet. Vielleicht verstehen Sie dann auch, warum es Rettungskräfte, Polizeibeamte oder Feuerwehrleute nicht schätzen, wenn sie weiter im Einsatz für uns Menschen mit diesen Waffen bedroht werden.
Mit besten Grüßen,
Gisela Rauch, Redakteurin
Fakten interessieren nicht!
https://www.pirsch.de/jagdwissen/neue-kriminalitaetsstatistik-schusswaffen-deutschland-35904
Und Spaß an der Freude dürfen rechtschaffener Menschen ja wohl haben!
Oder will man alles verbieten?
Schade ums Lesen!
Also, Küchenmesserverbot jetzt!
Und sich verteidigen kann man auch nur mit Pfefferpatronen, Platzpatronen sind Quatsch und gleich nach dem Abfeuern zur Verteidigung Rennen was das Zeug hält. Die Schreckschusswaffe sollte das letzte Mittel sein effektiver ist da eher das Pfefferspray. Wobei die Patronen auch Schlimm sind, selber schon im Garten ausprobiert das Zeug möchte man nicht ins Gesicht bekommen.
Was vielleicht gut wäre das man um die Waffe zu kaufen schon einen kleinen Waffenschein braucht
Und bis die Regelung in Kraft ist, machen die Hersteller den Umsatz ihres Lebens … 😉. Und danach wird fröhlich im europ. Ausland weitergekauft.
Das macht nur Sinn, wenn man a) eine EU-weit einheitliche Regelung findet, b) die Dinger registriert werden und c) eine vernünftige Lösung für die bereits im Umlauf befindlichen zig Millionen SW gefunden werden kann.
Alles andere ist Wunschdenken ...
Erstens: Die zitierten 15 Mio SW sind bereits (unregistriert) im Umlauf. Die können nicht einfach „aus dem Verkehr“ gezogen werden. Also würde es eine Art „Bestandsschutz“ geben müssen … das Problem würde also erst mal nicht kleiner.
Zweitens: Das unerlaubte Führen einer SW stellt heute schon einen STRAFTATBESTAND dar, der mit Geld- oder Freiheitsstrafe BIS ZU DREI JAHREN(!) Jahren geahndet werden kann. Wer das ignoriert (und zusätzlich weitere Straftaten wie "Bedrohung" begeht), dem muss ein erhebliches Maß krimineller Energie/Ignoranz unterstellt werden, für die ein bürokratisch erschwerter Erwerb keine echte Hürde darstellen würde.
Drittens: Die Diskussion über eine Verschärfung könnte den „USA-Effekt“ auslösen – und die Nachfrage nach SW könnte sprunghaft ansteigen und das Problem dadurch sogar vergrößern.
sind Sie wirklich der Meinung, mit einem Verbot von Schreckschusswaffen wäre die Silvesternacht in Berlin und anderen Städten deutlich anders verlaufen?
Das Phänomen von Angriffen auf Rettungskräfte kann man schon seit längerem beobachten, auch an anderen Tagen im Jahr, an diesen dann (so zumindest meine Wahrnehmung) ohne Schreckschusswaffen, dafür nicht weniger verabscheuungswürdig. Ein Verbot von Schreckschusswaffen vor diesem Hintergrund geht am Problem komplett vorbei und würde in der Konsequenz hauptsächlich diejenigen treffen, die sich gesetzestreu und zivilisiert verhalten. Wenn man dann zum nächsten Jahreswechsel feststellt, dass es nach dem Verbot von Schreckschusswaffen genau so weitergeht sind halt dann die Böller und Feuerwerksraketen dran verboten zu werden, mit dem gleichen Ergebnis.
Zur Aussage von Herrn Dürr statt neuer Verbote die Waffenbehörden besser auszustatten sei gesagt, dass dies die einzig sinnvolle Maßnahme wäre.
Die Dinger sind nicht viel mehr als bessere Lärmerzeugungsgeräte.
Straf- und Übeltäter aller Art würden sich nicht mit derart nutzlosem Handwerkszeug abgeben sondern weiter wie bisher ohne jede Kontrolle und ohne alle Bürokratie scharfe Waffen, d.h. "richtig gefährliche Dinger" aus dunklen Kanälen beziehen. Da kann der Staat noch so viele Vorschriften und Gesetze erlassen, die in Praxis dann für die "Katz" sind.
Deswegen nennt man sie ja „Schreckschusswaffen“ … 😉
Aber ganz offensichtlich haben sie keinerlei Erfahrungen mit der Wirkung von CS- und/oder Pfeffer-Patronen auf kürzere Distanz …