Ein großes Guckvergnügen führt auf das Schiff Arte Noah des Kunstvereins Würzburg in den Alten Hafen hinter dem Kulturspeicher: "Blurb!" Der Ausstellungsstitel ist irreführend. Der Essener Künstler Jürgen Paas macht keine Pop-Art, in der "Blurb" ja eine gute Comic-Sprechblase abgäbe. Andererseits arbeitet er mit so klaren Farben und deutlichen Linien – das erinnert schon etwas an Pop.
Seine Wand- und Bodenobjekte sind Kreise und Rechtecke aus konzentrischen bzw. parallelen Streifen, bei denen Wiederholungen im Farbton und in der Breite einen unaufdringlichen Rhythmus erzeugen. Bei den Wandreliefs stehen Plastikbänder vom Holzträger ab; wenn man an ihnen vorbeigeht, bewegen und verändern sich ihre Farben mit. In den Farbkreisen, von denen ein beeindruckendes Exemplar namens "Target Ground" mit gut zwei Metern Durchmesser auf dem Boden liegt, wechseln matte und glänzende Oberflächen der Farbringe ab; auch dieser Eindruck hängt von der Position des Betrachters ab. Das Publikum muss mitspielen.
Fast schon maschinelle Perfektion
Paas’ Arbeitsmaterial verblüfft mit einer geradezu maschinellen Perfektion, betrachtet man z. B. die millimeterdünnen Seitenkanten der aufgerollten Bänder. Das Geheimnis dieser Superpräzision: Er verwendet Möbelkantenleisten aus der Industrie. Sein Tun und seine Geltung als Künstler vergleicht er mit Teppichknüpfern, die sich einen eigenen wiedererkennbaren Stil erarbeitet haben und deren Namen in Kennerkreisen durchaus bekannt sind – wo der Laie einen anonymen Fußbodenbelag sieht. Jürgen Paas betrachtet sich in dieser Parallele als Schöpfer einer "modernen Übersetzung eines archaischen Themas".
Einige Eigenschaften seiner Werke rücken sie in die Nähe der Konkreten Kunst, wie sie der benachbarte Kulturspeicher ausgiebig präsentiert. Nur waren die Künstler dort meist auf der Suche nach geometrischen Formeln, aus denen sich die Gestaltung einer "abgeschlossenen Reihe" von selbst ergibt. "Ich bin intuitiv und spontan", hält Paas dagegen. Betrachter sollten also gar nicht erst versuchen, einen Algorithmus der Farbwechsel zu erklügeln, sondern die herabhängenden Bänderenden seiner Wandobjekte beachten. Bei aller Vollendung geht es ihm nicht um Abgeschlossenheit. Seine Rollen verklebt er übrigens. Und "Target Ground" entstand an Deck der Arte Noah. Würzburger Kunstgeschichtsstudenten assistierten dem 1958 geborenen Jürgen Paas dabei einen Tag lang.
Ökologischen Fußabdruck kompensieren
Ein Problem mit seinem Werkstoff hat der Künstler allerdings – die Umweltschädigung bei dessen Herstellung und nach dem Wegwerfen. Deswegen arbeitet er an mehreren Modellen, wie er Recycling in seine Produktion integrieren oder zumindest, wie er seinen großen ökologischen Fußabdruck kompensieren kann. Damit ist das Paas-Konzept auf dem Weg in globale Dimensionen. Künstlerisch sowieso schon.
Die Ausstellung ist zu sehen bis 5. Juni; Donnerstag bis Samstag 15 bis 18 Uhr, Sonntag 12 bis 18 Uhr. Finissage am letzten Ausstellungstag, 17 Uhr.