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WÜRZBURG
„Run 4 Freedom & Tolerance“: Nur Mitlaufen ist nicht genug
Auf dem Gelände der Freien Turner Würzburg in der Mergentheimer Straße war Start und Ziel für den „Rund 4 Freedom & Tolerance“. Foto: Angie Wolf
Foto: ANGIE WOLF | Auf dem Gelände der Freien Turner Würzburg in der Mergentheimer Straße war Start und Ziel für den „Rund 4 Freedom & Tolerance“. Foto: Angie Wolf
Anna Sophia Hofmeister
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:01 Uhr

Auf dem Gelände der Freien Turner in Würzburg: Während alle langsam von Zehn bis zum Startschuss herunterzählen, trippeln einige der Läufer schon aufgeregt mit den Füßen. Punkt 14 Uhr ertönt das Signal und die Menschen in den weißen T-Shirts stürmen los. „Run 4 Freedom & Tolerance“, „Lauf für Toleranz und Offenheit“, steht darauf – und so tragen die Läufer das Oberteil auch: als ein Statement.

Rund 430 Laufbegeisterte gingen für das Sportereignis an den Start, das Stadtjugendring und Kreisjugendring Würzburg, gefördert durch den Bayerischen Jugendring zum zweiten Mal durchgeführt haben. Der Weg führte von der Mergentheimer Straße über Adenauer-Brücke, Ludwigkai und Alte Mainbrücke wieder zurück. Darunter sind nicht nur junge und ältere Menschen, sondern auch Geflüchtete und Menschen mit Behinderungen. „Sport ist eine tolle Gelegenheit, sich gemeinsam für etwas zu begeistern, egal woher man kommt oder welche Geschichte man hat“, sagt Daniela Biener, die als pädagogische Mitarbeiterin des Stadtjugendrings für das Integrationsprojekt zuständig ist. „In diesem Jahr sind wir wieder auf viel positive Resonanz gestoßen. Daher können wir nicht nur den Zehn-Kilometer-Lauf, sondern auch einen Staffel-Lauf und einen kurzen Kinderlauf anbieten“, sagt Biener.

Außerdem gibt es, organisiert von verschiedenen Vereinen und Verbänden, ein großes Rahmenprogramm mit einer Bühne, mehreren Bands, Kinderzelten und einer kulinarischen Meile mit Köstlichkeiten aus aller Welt.

Das Gemeinschaftserlebnis

„Das Ganze hier ist eine großartige Veranstaltung, mit vielen Möglichkeiten, Menschen vom anderen Ende der Welt kennen zu lernen“, sagt Birgit Müller. Die Mutter, deren drei Kinder gerade in den 2,5-km-Staffeln mitlaufen, zieht sich gerade eines der grünen Helfer-Shirts über, um noch an der ein oder anderen Stelle mitanzupacken. Dass alles fertig ist, wenn die Sportler ins Ziel laufen. Sabine Treutlein, die die Clearingsschule der evangelischen Kinder- und Jugendhilfe betreut, steht schon wartend in der Nähe der Ziellinie. Sie ist mit einer ganzen Gruppe von jungen Männern, die vor nicht allzu langer Zeit aus Afrika nach Deutschland geflohen sind, dabei. „Die Jungs kannten das gar nicht, dass man Sport hierzulande meist als Hobby betreibt“, erzählt sie. „Aber wenn sie dann einmal loslaufen, merken sie schnell, dass es ihnen Spaß macht und dass sie es oft sogar besser können als ihre europäischen Altersgenossen.

“ Deshalb halte sie den „Run 4 Freedom“ für so wichtig: nicht nur als Erfolgserlebnis, sondern vor allem auch als Gemeinschaftserlebnis. „Man spürt einfach, dass es hier nicht in erster Linie um die Bestzeit, sondern um den gemeinsamen Spaß an Bewegung geht“, sagt sie. „Fehlende Sprachkenntnisse sind da gar kein Problem mehr.“

Sabine Treutlein ist stolz auf ihre Schützlinge.

Plötzlich ist ein Pfeifen zu hören. „Die ersten Läufer kommen zurück!“, ruft Marcus Wieser, Vorstand des Stadtjugendrings und Initiator der Laufveranstaltung, ins Mikrofon. Vorerst ist aber nur einer zu sehen: Der 19-jährige Esseyas Hadush. Der erste Platz! Innerhalb von 38 Minuten hat Hadush die 10 Kilometer hinter sich gebracht. „Das bedeutet: mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 15 km/h“, tönt es anerkennend aus dem Mikrofon. Hadush lacht. Er habe gar nicht auf die Zeit geschaut, sagt er. Das Laufen mache ihm einfach Spaß, außerdem sei es gesund. Der junge Mann aus Eritrea wird bald seine Ausbildung zum Schreiner beenden. „Dann möchte ich Meister werden“, sagt er. „Laufmeister“, scherzen seine Freunde und klopfen ihm auf die Schulter. Sabine Treutlein ist stolz auf ihre Schützlinge. „Viele von uns sind unter den ersten zehn“, ruft sie.

Erstmals auch ein Kinderlauf

Auch Daniela Biener ist zufrieden: „Das Wetter hält einigermaßen, es sind viele Leute hier, die Stimmung ist super“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin. Beeindruckt sei sie auch von den 60 Kindern, die erstmals im Kinderlauf an den Start gegangen sind. „Je mehr Menschen sich für unser Anliegen interessieren, desto eher erreichen wir ein gleichberechtigtes Miteinander“, sagt sie. Daher sei der „Run 4 Freedom & Tolerance“ auch eine Botschaft an die Vereine: „Nehmt Geflüchtete auf, motiviert sie, an eurem Angebot teilzuhaben, denn es funktioniert hervorragend“, sagt sie. Über den Sport ließen sich nicht nur Fairness und Offenheit üben, sondern auch spielend Hemmungen abbauen. Als ein großes, sportliches Kennenlernfest vermittelt der „Run 4 Freedom & Tolerance“: Mitlaufen allein ist nicht alles.

Der glückliche Gewinner hat die Startnummer 99: Esseyas Hadush hat für zehn Kilometer weniger als 38 Minuten gebraucht. Haylezgi Mahray (Zweiter von links) erreichte den vierten Platz. Sabine Treutlein (rechts) ist stolz auf ihre Schützlinge.
Foto: FOTO Anna Sophia Hofmeister | Der glückliche Gewinner hat die Startnummer 99: Esseyas Hadush hat für zehn Kilometer weniger als 38 Minuten gebraucht. Haylezgi Mahray (Zweiter von links) erreichte den vierten Platz.
„Integration auf Augenhöhe“: Dieses Ziel wurde groß geschrieben bei der Laufveranstaltung von Stadt- und Kreisjugendring Würzburg.Foto: Angie Wolf
Foto: ANGIE WOLF | „Integration auf Augenhöhe“: Dieses Ziel wurde groß geschrieben bei der Laufveranstaltung von Stadt- und Kreisjugendring Würzburg.Foto: Angie Wolf
 
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