Schon seit März dieses Jahres trägt Rottendorf den Titel "Fairtrade Town". Die Preisverleihung musste jedoch coronabedingt virtuell über das Internet stattfinden. Nun haben die Organisatoren einen erneuten Versuch gestartet, um die besondere Auszeichnung in eine breite Öffentlichkeit zu tragen. Doch auch diesmal gab es stärkere Einschränkungen als gedacht. Das ursprünglich geplante Bürgerfest im Garten des Wasserschlosses konnte nicht stattfinden. Stattdessen musste sich die Feierlichkeit auf einen begrenzten Kreis geladener Gäste beschränken. Die Fairtrade-Bewegung lebe davon, dass sie von den Menschen wahrgenommen werde, bedauerte Anke Schneider, Sprecherin der Steuerungsgruppe, diese Entscheidung: Jeder einzelne, der sich dem Thema annimmt, sei "ein kleiner Baustein auf dem Weg zu einer gerechteren Welt".
Rottendorf ist es erst als vierte Gemeinde im Landkreis gelungen, die Auszeichnung zu erhalten. Fünf weitere Gemeinden seien dabei, sich für den Titel zu bewerben, stellte stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer fest. Es sei gelungen, "eine breite, gesellschaftliche Bewegung" zu schaffen, die wichtigste Voraussetzung für den Titel. Rottendorf könne daher als "Vorbild" dienen.
Umdenken notwendig
Ein entscheidender Schritt für die Bewerbung war der formelle Beschluss des Gemeinderats, der im April 2018 gefasst wurde. Allerdings gab es nicht nur Zustimmung, erinnert sich Bürgermeister Roland Schmitt. Im Rat sei auch auf die Schwierigkeiten der heimischen, bäuerlichen Landwirtschaft und Winzer verwiesen worden. Für ein nachhaltiges Wirtschaften sei im weltweiten Handel, aber auch vor Ort ein "Umdenken" nötig, um "fairen Handeln, faire Preise und einen bewussten Konsum" sicherzustellen.
Daraufhin entstand eine Steuerungsgruppe mit Mitgliedern aus unterschiedlichen Gruppen, die die weitere Organisation durchgeführt hat. Motor und Standbein der Bewerbung war der Weltladen am Kirchplatz, der komplett ehrenamtlich geführt das Thema schon seit 30 Jahren in die Öffentlichkeit trägt. Weiteren Schwung erhielt der faire Handel, als sich die Rottendorfer Schüler dem Thema zuwandten. Zunächst mit einem Verkaufswagen auf dem Dorffest und dem Bauernmarkt, später mit einer eigenen Fairtrade-Gruppe und dem Thema Kinderrechte im Unterricht. 2016 erhielt sie als erste Schule im Landkreis den Fairtrade-Titel. Eine feste Institution sind die Friedensgebete, an denen sich die beiden Kirchen und die Pax-Christi-Gemeinschaft beteiligen.
Weitere Mitstreiter wurden gewonnen: Die Bücherei richtete schon bald eine eigene Bücherecke ein, und die führte die Aktion "Fair lesen" durch. Auch der größte Verein des Ortes, der TSV, ist dabei. Mit fair gehandelten Volleybällen ist den Spielern nun der Aufstieg in eine höhere Klasse gelungen. Unverzichtbar für die Bewerbung ist es, dass sich auch Wirtschaft und Gewerbe beteiligen. Die Firma Albert Karl, die beiden Supermärkte, ein Blumenladen, drei Gaststätten und nicht zuletzt auch das Rathaus, das bei Jubiläen fair gehandelte Geschenke ausgibt, tragen den Gedanken des fairen Handels in die Bürgerschaft. Die Kampagne Fairtrade-Towns wird in Deutschland von dem Verein TransFair getragen.
