Es war eine ungewöhnliche Sitzung in ungewöhnlicher Zeit: Da das Rathaus geschlossen ist, hat der Rottendorfer Gemeinderat in der Erasmus-Neustetter-Halle den Haushalt für das Jahr 2020 verabschiedet. Während die meisten Gemeinden im Landkreis die Sitzungen des Gemeinderats abgesagt haben, hat sich die Rottendorfer Verwaltung bewusst dafür entschieden. Bürgermeister Roland Schmitt begründete dies damit, dass nach den Hinweises des Freistaats zu dem am 16. März ausgerufenen Katastrophenfall alle Aktivitäten zwar auf ein "Mindestmaß" zu beschränken seien, die "Entscheidungsfähigkeit staatlicher und kommunaler Stellen" jedoch "grundsätzlich aufrechterhalten" bleiben müsse.
Dem entsprechend blieb die Tagesordnung auf das Nötige beschränkt. Neben dem Haushalt waren im nichtöffentlichen Teil wichtige Auftragsvergaben und Grundstücksangelegenheiten zu klären. Die öffentliche Sitzung dauerte daher kaum mehr als eine halbe Stunde. Alle Fraktionen verzichteten auf Haushaltsrede.
Die Verwaltung achtete akkurat darauf, dass der Mindestabstand zwischen den Personen eingehalten wird. Jeder Gemeinderat hatte einen eigenen Tisch. Sie waren in U-Form über die gesamte Fläche einer Abteilung der Dreifachsporthalle verteilt. Bürgermeister Roland Schmitt benutzte ein Mikrofon, das mit einer Plastikhülle geschützt war. Die von Kämmerer Stefan Ripperger bekannt gegebenen Zahlen der Jahresrechnung wurden auf eine Großleinwand übertragen. Die Sitzung war öffentlich. Es nutzte jedoch nur ein junger Mann die Gelegenheit, um den Beratungen zu folgen.
Der Haushalt zeigt für 2020 nochmals eine stabile Finanzlage
Der Haushalt für 2020 selber ist auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär. Die Zahlen erinnern an das Jahr 2018. Der vom Gemeinderat beschlossene Haushalt für 2020 hat einen Umfang von 35 Millionen Euro, davon entfallen 15 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt und 19 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt. Die Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt erreicht 3,4 Millionen Euro, die weitgehend für Investitionen zur Verfügung stehen. "Die Gemeinde ist finanziell gut ausgestattet, um die geplanten Investitionen zu bewältigen. Die Mittel sollten jedoch maßvoll verwendet werden", wiederholte Schmitt weitgehend die Einschätzung der Vorjahre.
- Kommentar: Banger Blick in die Zukunft
An größeren Bauvorhaben nannte Schmitt den geplanten neuen Kindergarten für das Wohnbaugebiet Sand West, wo voraussichtlich noch in diesem mit der Erschließung begonnen werden könne. Nach drei Jahren ist die Entwidmung des Bahnhofsgebäudes durch die Bahn eingetroffen. Hier kann damit die Gemeinde beginnen, das Gebäude für eine Umnutzung umzubauen. Aber auch die Befahrung und Ausbesserung der Kanäle nannte er als wichtiges Vorhaben.
Gewerbesteuer bricht ein – schon vor Corona
Schwieriger ist ein genauer Blick in die Zukunft. Besonders die Gewerbesteuer, bislang die unermüdlich sprudelnde Hauptquelle des Rottendorfer Wohlstandes, bereitet Sorgen. Vor dem Hintergrund, dass mit s.Oliver einer der wichtigsten Zahler zuletzt für negative Schlagzeilen – 170 Mitarbeiter sollen im Stammsitz entlassen werden – gesorgt hat, hat der Kämmerer wie schon im Vorjahr nur fünf Millionen Euro angesetzt. Das Ergebnis für 2019 fiel allerdings gut eine Million Euro besser aus als geschätzt. "Ob dies alles so kommt, kann noch keiner von uns vorhersagen", kommentierte Schmitt. "Wir werden uns jedoch auf gewisse Schwankungen einstellen müssen." Immerhin: Bis da hin, dass es für einen genehmigungsfähigen Haushalt eng wird, bleibt Spielraum. Rottendorf werde jedoch nicht darum umhin kommen, Projekte zu "priorisieren", um sie auch "durchfinanzieren zu können".
Eine gewissen Ausgleich bietet die Einkommensteuer, die sich in den letzten Jahren zu einem "zweiten großen Standbein" entwickelt habe, so Schmitt. Sie ist von 2,2 Millionen Euro vor fünf Jahren auf 3,7 Millionen im Jahr 2019 gestiegen. Für 2020 rechnet der Kämmerer mit 3,8 Millionen Euro. Zudem hat der Gewerbesteuereinbruch von 2018 die Folge, dass Rottendorf eine gut zwei Million Euro weniger Kreisumlage zu zahlen hat. Es sind jedoch immer noch stattliche 2,3 Millionen Euro. Die Kreisumlage ist damit nach den Personalausgaben der zweitgrößte Ausgabenposten. Die Steuersätze bleiben konstant wie seit 38 Jahren.
Zudem gibt es auch in Rottendorf Überlegungen, inwiefern die Gemeinde in Not geratenen Bürgern entgegenkommen kann: Diskutiert wird etwa, die Beiträge für die Musikschule oder für die Mittagsbetreuung zu streichen oder bei den Mieten entgegenzukommen. Einen eigenen Extraposten im Haushalt, wie von Josef Pohly (Grüne) vorgeschlagen, soll es jedoch nicht geben.