Es war eine ungewöhnliche und zunächst gewöhnungsbedürftige Sitzordnung am Mittwochmittag um 12 Uhr im Dachcafé des Bürgerspital-Altenheims in der Sanderau: Links vier Politiker(innen) der Würzburger Grünen, rechts vier von der SPD und in der Mitte Kultur-, Schul- und Sportreferent Muchtar Al Ghusain. Eingeladen zu der – wie sich herausstellen sollte – denkwürdigen Pressekonferenz hatte Tags zuvor die SPD. Es gehe um ein „herausragendes kommunalpolitisches Schlüsselthema“, hieß es. Wenige Minuten später war klar: Beide Parteien werden zusammen versuchen, mit Al Ghusain am 16. März 2014 den Chefsessel im Rathaus zu übernehmen.
Damit wurde wahr, was schon seit einigen Wochen als Gerücht gehandelt wurde (wir berichteten). Der 2006 als Kulturreferent in seine Heimatstadt zurückgekehrte 49-jährige Al Ghusain möchte im nächsten Jahr Nachfolger von Georg Rosenthal werden. „Noch Kultur-, Schul- und Sportreferent, demnächst OB“, stellte der Würzburger SPD-Vorsitzende Eberhard Grötsch den Kandidaten vor, der nach eigener Aussage „seit einigen Wochen“ Mitglied der Würzburger SPD ist und zuvor keiner anderen Partei angehörte.
Grüne rangen mit sich
Die Idee, Al Ghusain aufzustellen, war aus der SPD gekommen. Bei den Grünen warb man um Unterstützung, doch dauerte es einige Zeit und mehrere Diskussionsrunden, bis die Grünen sich durchringen konnten, auf einen eigenen Bewerber zu verzichten. Warum man jetzt gemeinsame Sache macht, begründete Grötsch damit, dass „die sach- und lösungsorientierten Fraktionen im Stadtrat“ die erfolgreiche Politik von OB Rosenthal „erhalten und weiterentwickeln wollen und zwar unabhängig von den Achterbahnfahrten anderer Fraktionen“. Zudem stünden sich beide Parteien im Hinblick auf ihren Wertekanon sehr nahe.
Grünen-Fraktionschef Matthias Pilz berichtete, dass die endgültige Entscheidung für das gemeinsame Projekt bei seiner Partei erst am Vorabend gegen 23 Uhr gefallen sei und zwar mit großer Mehrheit. Er betonte, dass beide Parteien bei der Unterstützung Al Ghusains auf Augenhöhe miteinander agierten, den Wahlkampf um die Stadtratsmandate aber eigenständig führen werden. Die endgültige Nominierung Al Ghusains soll, so Pilz, am 12. Juni bei einer gemeinsamen Konferenz beider Partner erfolgen. Für den Kandidaten spricht laut Pilz neben seiner fachlichen Qualifikation auch, „dass er nicht ins reine Parteipolitik-Schema passt, das macht ihn attraktiv“.
Eine spannende Option
SPD-Fraktionsvorsitzender Alexander Kolbow lobte zunächst OB Rosenthal, „der in den vergangenen fünf Jahren viel bewegt und angestoßen hat“. Er nannte unter anderem die neue Fachhochschule, die Entwicklung am Hubland, die Uni-Erweiterung, Schulpolitik, Bürgerbeteiligung und das kommunale Klimaschutzprogramm. Dies fortzuführen, sei Al Ghusain der geeignete Mann, da er das gemeinsame Politikfeld von Rot und Grün bündeln könne.
Der Würzburger Grünen-Vorsitzende Matthias Rögele zeigte sich „von den Ereignissen überrollt“ und nannte die Personalie Al Ghusain „eine spannende Option“. Er sei überzeugt, dass die anstehenden inhaltlichen Fragen mit dem gemeinsamen Kandidaten am besten zu lösen seien. Auch OB Rosenthal begrüßte das Projekt als „konsequente Fortsetzung einer guten Zusammenarbeit“. Al Ghusains Kandidatur sei „ein gutes Signal und eine Perspektive für Würzburg“.
Für ihn sei eine OB-Kandidatur bis zum 19. Dezember 2012 kein Thema gewesen, sagte Al Ghusain. Doch nach dem Altersgrenzen-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs habe sich eine neue Situation ergeben und er habe sich gefragt, „wer dann 2014 mein neuer Chef wird“. Er habe „Lust und Leidenschaft“ verspürt, sich für seine Heimatstadt einzusetzen. Er verstehe sich als „Teamspieler“, der vermittelnd, ausgleichend und auf Augenhöhe mit den beiden Partnern agieren möchte. „ich möchte aber auch entschiedener und politischer werden“, so der rot-grüne OB-Kandidat.
Die Politikerinnen kommen nicht zu Wort, werden nicht genannt und auch nicht zitiert...
Ich hätte gerne gelesen, was sie zu sagen hatten!..
MainPost: Hier gibt's noch viel Entwicklungsbedarf! Nun, auch bei den RedakteurInnen sind ja die Jungs in der massiven Überzahl, da sollte frau sich dann auch vielleicht gar nicht mehr nicht wundern....
Das, was Sie als „Lesefluss kaputt machen“ bezeichnen, ist in Wirklichkeit absolut nur eine Gewöhnungssache. Ich bin dagegen jedesmal irritiert, wenn mir jemand weiß machen möchte, eine sprachlich männliche Form würde Frauen mitbezeichnen. Das ist nicht so. Die deutsche Sprache macht Frauen systematisch unsichtbar und hat demnach einen Konstruktionsfehler.