15 Jahre lang hat Pro familia darum gekämpft: Nun gibt es seit Mitte März die „Pille danach“auch hierzulande rezeptfrei in der Apotheke. Somit ist es Frauen ohne Kinderwunsch möglich, anonym rund um die Uhr zu verhüten – im Falle von ungeschütztem Sex oder etwa, wenn das Kondom gerissen ist. Dies sollte in diesen Fällen dann auch so schnell wie möglich geschehen, appellierte Beate Schlett-Mewis, die in Würzburg die Schwangerschaftsberatung von Pro familia leitet.
In 28 Ländern ist die „Pille danach“ Schlett-Mewis zufolge längst freigegeben. Dies habe nicht dazu geführt, wie befürchtet, dass Nebenwirkungen zunahmen. Auch veränderte sich dadurch das Sexualverhalten nicht.
Nachdem der Kampf um die „Pille danach“ gewonnen ist, schrieb sich die Organisation auf die Fahne, eine Kostenübernahme von Verhütungsmitteln bei Menschen in prekären Lebenslagen durchzusetzen. Vor der Hartz-IV-Reform, so Schlett-Mewis, seien Verhütungsmittel über die Sozialhilfe refinanziert worden. Danach wurde Verhütung aus dem Regelsatz gestrichen. Noch bis 1. April lief unter der Überschrift „Das Menschenrecht auf Verhütung“ eine Petition zur Kostenübernahme.
Auf eine weitere Neuerung macht Pro familia aufmerksam: Seit dem 1. Mai 2014 sind „Vertrauliche Geburten“ in Deutschland möglich. Von diesem neuen Gesetz profitieren Frauen in extrem verzweifelten Lebenslagen. Einige dieser Frauen verleugnen oder verheimlichen ihre Schwangerschaft fast bis zum Schluss. Kommt das Kind, entbinden sie manchmal völlig alleine, ohne Hebamme und Arzt. Damit gefährden sie sich selbst und das Kind. Nicht selten wird das Baby ausgesetzt oder in eine Babyklappe gegeben. Im schlimmsten Fall töten die Frauen ihr Kind.
Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen der „Vertraulicher Geburt“ und einer „Babyklappe“ ist das Recht des Kindes, im Alter von 16 Jahren Auskunft über seine leibliche Mutter verlangen zu können. „Allerdings können bis zum Alter von 15 Jahren von der Mutter schwerwiegende Gründe hierfür vor Gericht vorgebracht werden“, erläuterte Barbara Biemer, Spezialberaterin für „Vertrauliche Geburten“ bei Pro familia in Würzburg.
Frauen, die sich für eine „Vertrauliche Geburt“ entscheiden, lassen sich von einer Spezialberaterin begleiten. Nur diese kennt die persönlichen Daten der Frau. Selbst zur Entbindung wird die Schwangere unter Pseudonym angemeldet. 16 Jahre lang befinden sich die Daten beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) in einem versiegelten Umschlag.
Bei Pro familia in Würzburg war die „Vertrauliche Geburt“ bisher erst einmal Beratungsgegenstand. Bayernweit gab es inzwischen einige Dutzend Fälle. „Insgesamt betrachtet ist die Fachwelt überrascht, dass viel mehr Frauen als angenommen von dem Angebot Gebrauch machen“, so Beraterin Schlett-Mewis.
Großes Thema Cybermobbing
Von Schwangerschaftskonflikten an sich sind nach ihren Worten weiterhin viele Frauen betroffen. 189 von 650 ratsuchenden Frauen wandten sich 2014 an Pro familia in Würzburg, weil sie unsicher waren, ob sie ihr Kind austragen sollten. Dies betrifft auch Frauen, die bereits Kinder haben. Teilweise sind auch seelische Probleme der Grund für einen Schwangerschaftskonflikt: „Selbst junge Frauen äußern im Gespräch, dass sie Antidepressiva nehmen.“
In der Pro familia-Fachberatungsstelle bei sexueller Misshandlung war Cybermobbing mit sexualisiertem Inhalt im Jahr 2014 ein großes Thema. „Es kam in jedem unserer sexualpädagogischen Workshops vor“, berichtete Beratungsstellenleiter Hans-Peter Breuner. Insgesamt wurden 2014 über 1900 Kinder und Jugendliche aufgeklärt, wie ihr Körper funktioniert, was Sexualität ist, wie man sich vor sexuellen Übergriffen schützen kann und wie es sich mit dem Verschicken von Nacktfotos im Internet verhält. Außerdem wurden über 450 Eltern erreicht.
Die Jugendlichen wissen laut Breuner oft nicht, dass sie sich strafbar machen, wenn sie ein Nacktbild weiterschicken oder gar bei Facebook veröffentlichen: „Sie tun dies völlig naiv.“ Für die Betroffenen sei es oft „die Hölle“, ihr Bild im Internet zu sehen. Unter den über 110 Personen, die sich 2014 an die Fachberatungsstelle wandten, waren sowohl Opfer als auch Täter von Cybermobbing mit sexualisiertem Inhalt.