Mit gerade einmal 63 Mitarbeitern gehört die Firma Winkler Design zu den renommierten deutschen Ausstattern von Werkskantinen und ist zugleich einer der führenden europäischen Hersteller von rollenden Bordrestaurants. Kantine – manchem Fachplaner mag der Begriff zu trivial erscheinen. Frank Wirthwein, Vorstandssprecher der Creglinger Wirthwein AG und Geschäftsführer bei Winkler Design, stört sich daran nicht. Schließlich waren es Kantinen, mit denen sich die 1921 gegründete Firma einen Namen gemacht hat. Auch wenn Betriebsrestaurants heutigen Zuschnitts mit den Sättigungsstuben früherer Jahrzehnte kaum noch etwas gemeinsam haben.
Der ovale Thekenbereich des Mitarbeiterrestaurants im Siemenswerk Erlangen erinnert mehr an die Kommandobrücke im Raumschiff Enterprise als an einen schnöden Zweckbau. Das Betriebscasino der Porsche AG in Weisach gleicht einem futuristischen Ensemble aus Holz, Edelstahl und mattem Glas. Das Werksrestaurant im Forschungs- und Innovationszentrum von BMW lässt durch seinen klaren, sachlichen Formen auf den kühlen Verstand seiner Benutzer schließen. In der Zentralmensa der Universität Göttingen regieren Übersicht und Funktionalität.
Die Ansprüche an Betriebsrestaurants haben sich massiv gewandelt, sagt Werkleiter Rudolf Schmitt. Was früher dazu diente, die Mitarbeiter so schnell wie möglich satt zu kriegen, ist heute ein Ort der Erholung und der Kommunikation. „In vielen Betrieben wird heute fast nur noch elektronisch kommuniziert, da ist es wichtig, eine Gelegenheit zu haben, bei der man miteinander reden kann“, sagt Frank Wirthwein.
Trotzdem steht auch hier der reibungslose Ablauf hinter den Kulissen im Vordergrund. Schließlich werden im Betriebscasino des BMW-Forschungszentrums täglich innerhalb von nur zwei Stunden bis zu 7500 Mittagessen ausgegeben.
Deshalb arbeitet Winkler häufig schon bei der Planung eng mit dem Fachplaner zusammen. Den ersten Entwürfen folgt die Detailplanung, in die die langjährige Erfahrung des Röttinger Unternehmens einfließt, bevor es an die Fertigung geht. Überall dort, wo es hygienisch zugehen muss, ist Edelstahl heute das dominierende Material. Daneben kommen Kunststoff, Glas, Holz und Stein zum Einsatz.
Vom Zuschnitt bis zur fertigen Einrichtung entsteht alles in Röttingen, sagt Rudolf Schmitt. Nur bei den Einbaugeräten arbeitet Winkler mit bewährten Herstellern zusammen. „Fast alles, was wir machen, sind Unikate“, so Schmitt, „deshalb brauchen wir eine hohe Fertigungstiefe, um auch kurzfristig reagieren zu können.“ Das mache die Arbeit schwieriger, aber zugleich schöner. „Man hat alles in der Hand und ist nicht auf Zulieferer angewiesen.“
Diese Flexibilität und die Termintreue seien wichtige Punkte, die die Firma auszeichne, sagt Geschäftsführer Frank Wirthwein – und häufig ein Grund, warum Winkler vor günstigeren Anbietern zum Zuge komme.
Bei der Ausstattung von Bordrestaurants kommen zu den gestalterischen Anforderungen hohe technische Ansprüche hinzu. Wegen der ständigen Bewegungen und Vibrationen in den Zugwaggons müssen alle Bauteile extrem robust ausgeführt werden. „Die Küche, die Sie zu Hause haben, würde da nach drei Tagen auseinanderfallen“, meint der Werkleiter.
Oft steht am Anfang nur ein grobes Anforderungsprofil des Bahnbetreibers. Welche Speisen und Getränke sollen in dem Bordrestaurant serviert werden? Werden nur vorgefertigte Mahlzeiten aufbereitet, oder wird richtig gekocht, wie dies noch heute in Polen der Fall ist? „Und dann fängt man an und entwickelt auf dem Platz, der in einem solchen Waggon geboten ist“, so Werkleiter Schmitt weiter.
76 Bordrestaurants haben im vergangenen Jahr das Röttinger Werk verlassen. Zurzeit steht das originalgetreue Modell eines Waggons der Schweizerischen Bundesbahnen in der Werkshalle. Millimetergenau werden die Einzelteile – Theke, Spüle, Mikrowelle, Kühlschrank – in das Holzmodell eingepasst.
Bordrestaurants aus Röttingen rollen auch in den ICEs der Deutschen Bahn und in Zügen der meisten europäischen Eisenbahngesellschaften. Selbst für China hat Winkler schon produziert. Und demnächst steht ein Auftrag der staatlichen Eisenbahngesellschaft von Aserbaidschan an – für die Züge, die künftig zwischen der Hauptstadt Baku und Istanbul verkehren werden.
Angefangen hatte alles mit den Kühltheken, die Georg Winkler in seiner 1921 gegründeten Firma herstellte. Nach dem Zweiten Weltkrieg florierte das Unternehmen mit dem Bau von Thekenanlagen, bis sich die Nachkommen von Georg Winkler in den 80er Jahren von der Firma trennten. Die neuen Eigentümer kamen wirtschaftlich ins Straucheln. Winkler stand vor dem Konkurs.
Damals, 1995, habe ein Vorstand der Würzburger Kreissparkasse den Anstoß für die Übernahme der angeschlagenen Firma durch die Creglinger Wirthwein-Gruppe gegeben, erzählt Geschäftsführer Frank Wirthwein. Wirthwein produziert unter anderem Befestigungsmittel für den Schienenbau. „Sie sind doch auch im Bahnbereich tätig“, habe der Sparkassen-Vorstand damals versucht, seinem Vater Udo Wirthwein die Firma Winkler schmackhaft zu machen. „Wir machen zwar was vollkommen anderes, aber meinem Vater hat die Firma so gut gefallen, dass er gesagt hat ,Die kann man nicht sterben lassen‘“, erinnert sich Frank Wirthwein. Seitdem war es mit Winkler wieder bergauf gegangen. Auch die Wirtschafts- und Finanzkrisen der vergangenen beiden Jahrzehnte konnten der Firma wenig anhaben. Von rund 40 auf 63 ist die Zahl der Mitarbeiter inzwischen gestiegen. Und es könnten noch einige mehr sein, sagt Werkleiter Rudolf Schmitt, wenn es nicht so schwierig wäre, die richtigen Fachkräfte zu finden. Winkler setzt deshalb auf die Ausbildung des eigenen Nachwuchses und wirbt auf Ausbildungsmessen in der Region um das Interesse von Schulabsolventen. Lehrstellen für Metallbauer, technische Systemplaner und Tischler sind derzeit zu vergeben. Darüber, dass immer weniger junge Leute bereit sind, handwerkliche Berufe zu erlernen, sorgt sich auch Geschäftsführer Frank Wirthwein. „Und das, obwohl es spannende und krisensichere Jobs sind.“