Der Rahmen wiegt gerade einmal 900, der Sattel weniger als 80 Gramm. Das gesamte Bike ist also super leicht, aber gleichzeitig extrem stabil. „Und vor allem aerodynamisch“, sagt Jochen Reinhart, Chef der Würzburger CM!T³ Carbon Manufaktur Trust. Vor sieben Jahren ging das Unternehmen an den Start: „Ende des Jahres werden wir erstmals einen selbst entwickelten und selbst designten Zeitfahrrahmen vor Ort in Würzburg herstellen.“ Was einen Quantensprung in der Firmengeschichte bedeutet.
Jochen Reinhart ist selbst leidenschaftlicher Sportler. Bis 2004 nahm der 38-jährige für den SV Würzburg 05 an Triathlon-Meisterschaften teil. Inzwischen ist Sport nur noch ein Hobby für ihn: „Ebenso wie der Fahrradbau.“ Hauptberuflich arbeitet der Ingenieur im Büro seiner Eltern. Neben diesem 40-Stunden-Job tüftelt er bis zu 20 Stunden in jeder Woche an Spezialfahrrädern, die durch technische Raffinessen bestechen.
Von Anfang an war es sein Ziel, die Räder mindestens in Deutschland, wenn nicht gar vor Ort in Würzburg herzustellen. Doch das Equipment, um die Rahmen zu fertigen, ist teuer: „Aber jetzt sind wir endlich so weit.“ Mit „wir“ meint Reinhart ein Team von drei Mitarbeitern sowie etlichen Kooperationspartnern. So werden die Rahmen ab Jahresende in Veitshöchheim bei Christian Gemperlein von der Firma „bike ahead composites“ gefertigt.
Derzeit kooperiert der Fahrradfan beim Rahmenbau noch mit einem Unternehmen in Italien. Für das Design ist die Würzburgerin Patricia Tessitore verantwortlich. Lackiert wird aktuell in Thüringen.
Um die 500 Fahrräder hat Jochen Reinhart inzwischen verkauft. Die meisten der Bikes mit wunderbar klingenden Namen wie „Corro“, „Vuelo“, „Sacudo“ oder „Te QuiAero“ gingen an Wettkampf- oder Freizeitsportler aus Deutschland oder dem deutschsprachigen Ausland. Doch auch darüber hinaus wurde man auf die Würzburger Carbon Manufaktur und ihre hohen Qualitätsansprüche aufmerksam: „Wir verkauften schon nach Frankreich und Südafrika.
“ Zu den Triathlon-Promis, die CM!T³ aktuell unter Vertrag hat, gehört die Deutsche Elite- und U23-Meisterin Sophia Saller.
Finanziell schaut es so aus, dass sich die Firma tragen kann. Reinhart macht keinen Gewinn. Aber auch keinen Verlust. Was übrig bleibt, wird in Sportler investiert: „Ich weiß ja selbst, wie schwer die es haben.“ Sportsponsoring ist darum ein wichtiger Teil seiner Firmenphilosophie. Derzeit wird zum Beispiel der Göttinger Triathlet Hendrik Becker unterstützt.
Dass es zur Entwicklung des neuen Zeitfahrrahmens aus hochwertigen Carbonfasern kam, hat Jochen Reinhart nicht zuletzt dem Bundeswirtschaftsministerium zu verdanken. Das fördert Technologieprojekte, damit aus innovativen Ideen marktreife Produkte werden. „Ich entwickelte den neue Rahmen zusammen mit der Fachhochschule Nordhausen“, erzählt der Firmenchef. An dem Forschungsprojekt war unter anderem der dortige Ingenieurwissenschaftler Professor Thomas Link beteiligt. Das mit 175 000 Euro geförderte Projekt startete im September 2013 und läuft jetzt aus.
Ein Prototyp des neuen Bikes wird Ende August auf der „Eurobike“ in Friedrichshafen präsentiert. Durch die Innovation hofft der Fahrradtüftler, noch mehr Aufmerksamkeit für seine Manufaktur zu gewinnen. Dazu soll auch ein neuer Showroom dienen, der in nächster Zeit über der Werkstatt entstehen wird.
Daran, den Job als Ingenieur aufzugeben, denkt der Würzburger allerdings nicht: „Ich habe nach wie vor fest vor, das Büro meiner Eltern zu übernehmen.“ Würde es wirklich super gut laufen mit der Manufaktur, so dass sie eines Tages nennenswerte Gewinne abwürfe, könnte er sich vorstellen, einen Geschäftsführer mit geschicktem Fahrradhändchen zu engagieren: „Ich selbst würde dann weiterhin als kreativer Kopf fungieren.“ Das wäre sein Traum.
Und von noch etwas träumt der Manufakturist: Mit 40, also in zwei Jahren, noch einmal einen Triathlon mitzumachen. Natürlich mit dem dann neuesten von ihm entwickelten Bike. Fragt sich, ob er im Vorfeld zum Trainieren kommen wird. Momentan ist Reinharts Terminplan so knapp auf Kante genäht, dass er, neben zwei Jobs und drei Kindern, kaum noch Gelegenheit hat, rein zum Freizeitvergnügen Fahrrad zu fahren.