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Reisetagebuch: Umeas guter Kapitalist
Reisetagebuch: Umeas guter Kapitalist
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:25 Uhr

Reisetagebuch

Jetzt sind wir schon ein paar Tage in Umea (gedachtes Kringel-a, das wir bekanntermaßen aus technischen Gründen weglassen). Also wird es Zeit, mal auch über die europäische Kulturhauptstadt 2014, die Umea ja gemeinsam mit Riga ist, zu berichten. Klingt einfach, ist es aber gar nicht. Man tut sich schwer, im Stadtbild Spuren des zwölfmonatigen Großevents auszumachen. Vor Gebäuden und in Parks wehen die weißen Fahnen mit dem roten Kulturhauptstadtlogo, doch ansonsten gehen die Nordschweden nach außen hin eher sparsam mit dem Thema um. Will sagen: Wenn man's nicht weiß, merkt man es kaum.

In den Zeitungen schlägt es sich zwar nieder, denn dort wird über die Ausstellung der Würzburger Künstlerinnengruppe Subkutan sogar auf Seite 1 berichtet. Im Stadtbild Umeas findet das Kulturhauptstadtjahr sonst kaum statt. Ganz offensichtlich erfährt der Schwede aus anderen Quellen von den vielen Veranstaltungen, die vom 30. April bis 19. Juni eine 40-seitige Broschüre füllen.

Immerhin hat Umea richtig tief in die eigene Stadtkasse gegriffen, um in diesem Jahr europäische Kulturhauptstadt zu sein. Pi mal Daumen 20 Millionen Euro wurden dafür locker gemacht. Dazu hat der schwedische Staat rund acht Millionen Euro beigesteuert, und es gab Geld von der Europäischen Union. Dazu gibt es in Umea einen „guten Kapitalisten“, der nicht nur selbst, sondern auch viel Geld für Kultur übrig hat. So hat dieser gute Mann mal auf die Schnelle zehn Millionen Euro für den Skulpturenpark, der in diesem Tagebuch schon Erwähnung fand, auf den Tisch gelegt. Davon kann man in Würzburg nur träumen.

Spricht man mit Einheimischen, dann scheinen sich all diese Anstrengungen, auch wenn sie zu Beginn nicht unumstritten waren, gelohnt zu haben. Die Übernachtungszahlen sind deutlich angestiegen und die ohnehin schon deutlich sichtbaren Neubauaktivitäten haben einen weiteren Schub bekommen. Neue Hotels, neue Wohnungen, ein neues Hallenbad – Baukräne sind das weithin sichtbare Zeichen des Baubooms. Denn die Stadt hat große Ziele: Heute leben in Stadt und Umland etwa 120 000 Menschen, bis 2050 sollen es über 200 000 sein. Noch etwas, wovon man in Würzburg nur träumen kann.

Immerhin bekommt Würzburg ein Stückchen von Umeas Kulturhauptstadtkuchen ab. Denn mit dem Chor Voices, der am Mittwoch an einem Konzert teilnahm, der Subkutan-Ausstellung und einem Gastspiel des Plastischen Theater Hobbit im September sind Würzburger Kulturschaffende im Programm vertreten. Nicht zu vergessen eine Gruppe junger Würzburger Kulturschaffender, die vor wenigen Tagen Umea besuchten, und den Austausch vertiefte.

Für Würzburg als europäische Kulturhauptstadt reicht das alles leider nicht. Aber vielleicht gelingt es ja den „guten Kapitalisten“ aus der Provinz Västerbotten nach Unterfranken zu locken. Träumen wird ja man wohl noch dürfen.

Kein Traum ist es, dass OB Christian Schuchardt in Umea zur Bürgerreise gestoßen ist, mit ihnen an einem Dinner der Universität teilnahm, picknickte, die Ausstellung der Gruppe Subkutan mit dem Chor Voices eröffnete und bei einem Empfang der Stadt Umea dabei war.

Ein Traum wird es aber bleiben, dass der wichtigste schwedische Feiertag, die heutige Mitsommernacht, die Bezeichnung Sommer verdient. Da wird normalerweise im Freien getanzt und gesungen, gegessen und getrunken. Aber die Wetterprognose verheißt im Moment nichts Gutes. Es wird wohl eher eine Mittherbstnacht.

Hej da für heute und bis morgen.

 
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