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GIEBELSTADT
Rein in die Dörfer statt auf die grüne Wiese
Auch in Giebelstadt gibt es viele Wohngebäude mit Leerstandsrisiko, sagt Sebastian Grimm von der kommunalen Allianz „Fränkischer Süden“. Unser Archivbild stammt aus dem Jahr 2014.
Foto: ARCHIVTHOMAS FRITZ | Auch in Giebelstadt gibt es viele Wohngebäude mit Leerstandsrisiko, sagt Sebastian Grimm von der kommunalen Allianz „Fränkischer Süden“. Unser Archivbild stammt aus dem Jahr 2014.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 23.10.2016 03:26 Uhr

„Jeder neu ausgewiesene Bauplatz am Ortsrand hat einen Leerstand zur Folge.“ Eine provokante These, die Sebastian Grimm von der kommunalen Allianz „Fränkischer Süden“ zitiert, zumal viele Bürgermeister auf dem Land neues Bauland immer noch als Allheilmittel gegen Landflucht und Überalterung sehen.

Aber Fachleute wie Stadtplanerin Christiane Wichmann und Architekt Jürgen Unser sind sich einig, dass die unbedachte Ausweisung von Bauplätzen auf der grünen Weise die Verödung der Dörfer nur noch beschleunigt. Dabei müsse die Sanierung eines Altbaus keineswegs teurer sein als ein Neubau, sagt Unser. Und eröffnet, gerade auf dem Land, oft ein ungeahntes Platzangebot.

Mit einem Konzept für die Innenentwicklung will die kommunale Allianz aus 14 Gemeinden im südlichen Land deshalb gegensteuern – dem Leerstand ebenso, wie dem Drang der Häuslebauer in die Neubaugebiete. Seit mehr als einem Jahr arbeitet Christiane Wichmann vom Schweinfurter Architekturbüro Perleth an dem Konzept.

Grunddaten über Baulücken, Leerstände und die Altersstruktur in den 14 Mitgliedgemeinden mit 29 Ortsteilen wurden ermittelt. Nicht nur die Bürgermeister waren in den Prozess eingebunden, sondern auch die Bürger in so genannten Innenentwicklungswerkstätten.

Das vorläufige Ergebnis wurde jetzt öffentlich vorgestellt.

Knapp 80 Hektar ungenutztes Bauland hat man dabei an Baulücken ausgemacht. Das allein schon übersteigt den prognostizieren Baulandbedarf der kommenden Jahre.

Nimmt man die 226 leer stehenden Wohngebäude hinzu und 93 Hofstellen, die nicht mehr oder nur noch zu einem kleinen Teil bewohnt sind, dann erschließt sich ein immenses Angebot an potenziellem Wohnraum, ohne dass auch nur ein Bauplatz zusätzlich ausgewiesen werden muss.

Trotzdem scheuen viele Familien aus Angst vor unvorhersehbaren Kosten und Erschwernissen die Sanierung eines Altbestandes und bauen sich stattdessen lieber ein neues Haus an den Ortsrand, weiß Christiane Wichmann. Dabei müsse eine Altbausanierung keineswegs teurer sein als ein neues Haus, sagt Jürgen Unser, der sich als Stadtmensch ein solches Domizil in einem kleinen Dorf am Rand des Steigerwalds geschaffen hat.

Voraussetzung sei die Lust auf das Leben im Dorf und eine gute Planung. In der kommunalen Allianz denkt man deshalb über Beratungsgutscheine für Hausbesitzer nach. Die können damit für eine begrenzte Zahl von Stunden kostenlos den Rat erfahrener Architekten in Anspruch, die ihnen Möglichkeiten zur Nutzung ihrer alten Immobilie aufzeigen.

So seien gerade große Hofstellen mit ihren Scheunen und Stallungen prädestiniert für den Umbau zu großzügigen Wohnungen. Ob sich die übrigen Gemeinden dem Vorschlag anschließen, sei nicht sicher, sagt Giebelstadts zweiter Bürgermeister Hermann Eidel. Notfalls wolle seine Gemeinde auch einen Alleingang unternehmen.

Dabei scheint gerade in Giebelstadt die Welt noch in Ordnung. Seit Jahren wächst dort die Einwohnerzahl und das soll auch im kommenden Jahrzehnt so weitergehen. Die Zahlen allein sind aber nur die halbe Wahrheit. Auch in Giebelstadt gebe es eine beträchtliche Zahl von Wohngebäuden mit Leerstandsrisiko, sagt Sebastian Grimm.

Gemeint sind Häuser, deren Bewohner mindestens 70 Jahre alt sind und für die es keine absehbare Nachnutzung gibt. Ein Hemmnis für das Schließen von Baulücken oder die Aktivierung von Altbeständen bleibt die häufig fehlende Verkaufsbereitschaft ihrer Eigentümer.

Ein Grund dafür sind überzogene Preisvorstellungen, weiß Architekt Jürgen Unser. Dabei seien alte Häuser und Hofstellen oft gerade mal so viel wert wie das Grundstück, auf dem sie stehen.

 
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