"Das war eine nicht ganz einfache Kost." Reichenbergs Bürgermeister Stefan Hemmerich war sich bewusst, was er den Besuchern des ökumenischen Neujahrsempfangs im evangelischen Gemeindehaus zugemutet hatte. Für seine mahnenden Worte erhielt er viel Zustimmung.
"Wir sind jetzt im fünften Jahr, in dem weltpolitische Krisen das Tagesgeschehen bestimmen. Die aktuelle Situation ist nicht vergleichbar mit der Zeit vor den großen Krisen. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, die schwer kalkulierbar sind", analysierte Hemmerich die Lage. Es sei absolut verständlich, wenn in manchen Branchen – oder auch persönlich – Unzufriedenheit aufkomme. "Ist es dann das Richtige, um ein Zeichen zu setzen, eine Partei zu wählen, die unsere freiheitliche gesellschaftliche Grundordnung ablehnt? Ist es nicht besser, innerhalb unserer Demokratie eine Alternative zu finden?", fragte der Bürgermeister.
Erschreckende Aussage
"Der Habeck gehört erschossen!" Hemmerich berichtete, dass er Anfang Januar im Bekanntenkreis diese erschreckende Aussage gehört habe. Der Bürgermeister warnte vor dem "Gift des Hasses, das zu Gewalt gegen alle führt, die dem Feindbild entsprechen: Dann ziehen dunkle Zeiten auf, wie wir sie aus der Vergangenheit nur zu gut kennen und fürchten sollten."
Mit Sorge stellte Bürgermeister Hemmerich fest, dass es auch in Reichenberg in den letzten Jahren zunehmend Respektlosigkeit gebe, zum Beispiel gegenüber dem Gemeinderat, Feuerwehr, Flüchtlingshilfe und weiteren Ehrenämtern. Umso kräftiger dankte er allen, die sich im Markt Reichenberg auch weiter für das Miteinander einsetzen.
Gastgeberin des ökumenischen Neujahrsempfangs war in diesem Jahr die evangelische Kirchengemeinde. Pfarrer Matthias Penßel begrüßte alle Besucher. Er dankte für das gute ökumenische Miteinander. Angesichts der aktuellen großen Herausforderungen erinnerte er an die Losung für das neue Jahr: "Alles, was Ihr tut, geschehe in Liebe". Auch in diesem Jahr werde es Veränderungen geben. Wahrscheinlich schon zum 1. März sollen die evangelischen Gemeinden in den Reichenberger Ortsteilen zu einer Pfarrei mit gemeinsamem Pfarrbüro, gemeinsamem Kirchenvorstand und gemeinsamem Gottesdienst-Schema zusammengeführt werden, kündigte Penßel an.
Den Neujahrsempfang nutzte Pfarrer Stefan Michelberger, um sich vorzustellen. Der katholische Seelsorger ist seit Mai Pfarrer für Heuchelhof, Rottenbauer und Reichenberg. Wie der Bürgermeister warnte er davor, sich vorschnell irgendwelchen Parolen hinzugeben, "wo wir schon früher wussten, dass sie in die Irre führen".
Zahlreiche Ehrungen
Wie jedes Jahr ehrte die Gemeinde Reichenberg beim Neujahrsempfang verdiente Bürger. Mit der Silber-Medaille wurde Konrad Rüdinger geehrt, der 20 Jahre Erster Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Albertshausen und zwölf Jahre Erster Vorsitzender des Fördervereins Schwimmbad Albertshausen gewesen war. In Abwesenheit wurde Hans Bruder mit der Silber-Medaille ausgezeichnet. Er hatte sich 39 Jahre als Erster Vorsitzender des Feuerwehrvereins Uengershausen eingesetzt. Ein Gutschein-Geschenk gab es zur Anerkennung für den jungen Leichtathleten David Scheller, der im vergangenen Jahr seinen Titel als Deutscher Meister im Crosslauf der Altersklasse U 18 verteidigt hatte.
Für den musikalischen Rahmen des Neujahrsempfangs sorgte der evangelische Posaunenchor Reichenberg. Anstelle von Norbert Daum, der im vergangenen Jahr verabschiedet wurde, dirigierte den Chor Lukas Ahnert, der aktuell an der Hochschule für Musik in Würzburg Posaune studiert. "Lukas Ahnert wird hoffentlich der neue Leiter unseres Posaunenchors", verriet Pfarrer Penßel, der selbst Mitglied dieses Ensembles ist.
Bei Getränken und Gebäck gab es noch viele Gespräche und Begegnungen.