„Mit Licht kann man hier unheimlich viel machen“, meint Fieber, „man darf die Phantasie der Zuschauer nicht mit vorgefertigten Bildern zukleistern.“ Wie bei einem guten Roman sei das – die besten Bilder entstehen im Kopf. Deshalb freut es ihn, dass die Festspiele noch einmal kräftig in die Beleuchtung investiert haben. Kaum ein Freilicht-Spielort sei ihm bislang begegnet, der technisch so gut ausgerüstet ist.
Aus dem Mund des Altmeisters klingt das wie ein Adelsschlag. Seit über 50 Jahren steht der Theatermann mit österreichisch-tschechischen Wurzeln auf der Bühne. An namhaften deutschsprachigen Theater war er als Regisseur, Oberspielleiter und Intendant tätig, darunter die Hamburger Staatsoper und das Badische Staatstheater in Karlsruhe, wo er noch heute gelegentlich inszeniert. Freilicht-Erfahrung sammelte er unter anderem als künstlerischer Leiter der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel und als Intendant der Burgfestspiele in Mayen.
Seit gut vier Wochen probt Pavel Fieber nun für seine erste Inszenierung in Röttingen und ist begeistert von dem Team, das ihm zur Seite steht. Vor allem die Motivation, mit der die Mitglieder des Ensembles zu Werke gehen, beeindruckt den Regisseur. „Das ist der Unterschied zu einem festen Haus“, sagt er, „hier kommen die Schauspieler für sechs, acht Wochen zusammen und haben nur ihr Projekt im Kopf.“ Niemand muss sich den Kollegen gegenüber profilieren, niemand schielt auf die Verlängerung des Vertrags.
Vor allem die jungen Talente haben es Pavel Fieber angetan, unter ihnen der Wiener Max Buchleitner in der Rolle des Kammerdieners Josef und Andrea Jörg als Tänzerin Franziska Cagliari. Die 26-jährige Allgäuerin stand bereits in verschiedenen Gesangsrollen auf der Bühne und hat vor kurzem als Stipendiatin ihre Opernausbildung an der Musikhochschule in Würzburg mit Bravour beendet. „Die hat ein Stimmchen, von dem man noch hören wird“, schwärmt Lehrmeister Fieber.
Überhaupt freut es ihn, dass Operetten wieder zunehmend junge Menschen ansprechen, sei es als Schauspieler oder als Zuschauer. Sein altbackenes Image habe das Genre abgelegt, wohl auch dank der heutigen Generation von Regisseuren. Für die Röttinger Inszenierung haben Pavel Fieber und Musikdirektor Walter Lochmann kräftig an der Vorlage gearbeitet. „Eine phantastische Arbeit“ bescheinigt Fieber Lochmanns Neuarrangement, das die sieben Musiker klingen lasse wie ein großes Orchester. Dass sie erstmals am Bühnenrand unter einem Pavillon sitzen und nicht – weitgehend unsichtbar – in einem verglasen Raum hinter den Zuschauern, ist ein wohltuender Bruch mit den Röttinger Gepflogenheiten. „Wiener Blut“ von Johann Strauss (Sohn) entstand kurz vor dem Tod des Komponisten aus bereits bekannten Liedern. Die Handlung – eine Verwechslungskomödie – war eher in den Hintergrund getreten. Fieber hat deshalb gründlich am Textbuch gearbeitet. „Eigentlich ist es eine sehr gute Komödie“ sagt er, „aber man muss die Geschichte herausholen.“
Auch den Bezug zum Publikum stellt er dabei her, etwa wenn die Garderobiere die Zuschauer am Anfang gleichsam mitnimmt in die Zeit der Handlung. Oder wenn Pavel Fieber – ein Hommage an die Urzeiten der Festspiele – zwei Nestroy-Couplets einflicht. „Das Wichtigste am Theater ist die Unterhaltung, das hat der alte Brecht schon gesagt“, sagt Fieber.
Frankenfestspiele Röttingen
Premiere feiert die Operette „Wiener Blut“ bei den Röttinger Frankenfestspielen am Donnerstag, 17. Juli. Zu sehen ist das Stück außerdem vom 18. bis 20. Juli, vom 31. Juli bis 3. August und vom 15. bis zum 17. August. Die Vorstellungen beginnen um 20.30 Uhr, sonntags um 18.30 Uhr.
Das Musical „Der Graf von Monte Christo“ von Jack Wildhorn nach einem Roman von Alexandre Dumas wird noch aufgeführt vom 25. bis 27. Juli und vom 8. bis 10. August, Beginn jeweils um 20.30 Uhr.
Das Schauspiel „Der Kaufmann von Venedig“ von William Shakespeare steht noch zweimal auf dem Spielplan am 24. Juli und 6. August, Beginn 20.30 Uhr.
Als besonderer Leckerbissen ist außerdem am Donnerstag, 14. August, um 20.30 Uhr das Musical „I do! I do!“ über die emotionalen Höhen und Tiefen einer 50-jährigen Ehe zu sehen. In den beiden einzigen Rollen Katharina Lochmann und Dennis Kozeluh.
Karten gibt es im Festspielbüro im Rathaus, Marktplatz 1, 97285 Röttingen Tel. (0 93 38) 97 28-55, -56, -57 und -59, online unter www.frankenfestspiele.de oder beim Ticket-Service der Main-Post unter Tel. (09 31) 60 01 60 00.
TEXT: MEG