Fünf Tage vor dem offiziellen Kinostart war „Was bleibt“ im Ochsenfurter Casablanca zu sehen. Und das Publikum nutze die Chance, aus erster Hand mehr über den Film und den Mann dahinter zu erfahren.
Schriftsteller Mark verbringt mit seinem Sohn ein Familienwochenende in der Villa seiner wohlhabenden Eltern. Die gutbürgerliche Fassade beginnt zu bröckeln, als seine seit Jahrzehnten von Depressionen geplagte Mutter der Familie eröffnet, auf eigene Faust ihre Medikamente abzusetzen. Bald stellt sich heraus, dass Marks Bruder, nach außen hin aufstrebender Zahnarzt, praktisch pleite ist, und der Vater seine kranke Frau seit Jahren mit einer Geliebten hintergeht.
Hans-Christian Schmid kommt mit kleiner Besetzung aus. Schmid geht mit der Kamera ganz nah ran an seine vier Hauptfiguren, als wolle er damit den Blick in ihr Seelenleben öffnen. Die Handkamera wackelt leicht, vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, selbst mit dabei zu sitzen. Kammerspielartig hat Hans-Christian Schmid das Stück inszeniert, sagt er dem Publikum der Vorpremiere.
Ganz anders als in seinem letzten Film „Der Sturm“, ein Politthriller über das Kriegsverbrecher-Tribunal nach dem Jugoslawienkrieg. Die Kritik war begeistert. Unter anderem wurde der Film auf der Berlinale mit dem Menschenrechtspreis von Amnesty International ausgezeichnet.
Um die Geschichte verständlich zu machen, brauchte Schmid allerdings viele erklärende Passagen. Im neuen Film wollte er darauf verzichten. Gemeinsam mit Drehbuchautor Bernd Lange entwickelte er deshalb die Geschichte eines „ganz normalen Heimfahr-Wochenendes“, die ohne viel Erklärung auskommt und dafür ganz nah dran an der Lebenswirklichkeit des Publikums. „Wir erleben im Alltag normalerweise keine Kino-Geschichten“, sagt er, „deshalb muss man genauer hinschauen und in die Tiefe gehen.“
Bekannt geworden war der gebürtige Altöttinger und Wahl-Berliner 1995 mit seinem ersten Kinofilm „Nach Fünf im Urwald“. Der damals noch namenlosen Schauspielschülerin Franka Potente verhalf die Produktion zu erstem Ruhm.
Nach dem Preis der Hofer Filmtage für den besten jungen Regisseur folgten mehrere Deutsche Filmpreise in der Kategorie „Bester Film“ unter anderem für „Requiem“, die 2006 erschienene Aufarbeitung des Exorzismus-Skandals von Klingenberg am Main im Jahr 1976.
Trotz seines Erfolgs wirkt Hans-Christian Schmid alles andere als abgehoben. Mit Björn Hofmann vom Aschaffenburger Pandora-Filmverleih war er vor dem offiziellen Start in 14 deutschen Kinos unterwegs, um sich dem Publikum zu stellen. Diese Rückkopplung sei enorm wichtig für die eigene Arbeit, sagt Schmid. Programmkinos wie das Ochsenfurter Casablanca schätzt er dabei besonders. Die Gefahr, in der Masse unterzugehen, sei dort viel kleiner als in den großen Multiplex-Häusern.
Mit dem Kinostart endet für den Regisseur eine rund einjährige Produktionsphase. Erst danach fange er an, über ein neues Projekt nachzudenken. Einige Ideen liegen schon in der Schublade, so Schmid, aber Genaueres könne er frühestens in vier Wochen sagen. Dass er wieder einmal das Genre wechselt, liegt nahe – „Ich mache gern das Gegenteil des Vorangegangenen.“
Bundesweiter Filmstart für „Was bleibt“ ist am Donnerstag, 6. September. Im Ochsenfurter Casablanca ist der Film vom 13. bis 18. September, 21 Uhr, zu sehen.