In der vierten Klasse lernen die Kinder im Heimat- und Sachkundeunterricht, dass Regenwasser und häusliches Abwasser durch zwei getrennte Kanäle abgeleitet werden. Dabei wird angeblich nur das Regenwasser in Flüsse und Bäche geleitet, während das Abwasser abgetrennt dem Klärwerk zugeführt wird. Dass die Realität ganz anders aussieht, zeigen die jüngsten Bilder von übergelaufenen Regenüberlaufbecken, schreibt der Agenda 21-Arbeitskreis "Wasser am Limit" in einer Pressemitteilung.
Diese Regenüberlaufbecken sind Teil eines Mischkanalsystems, bei dem Abwasser und Regenwasser in einem Kanal dem Klärwerk zugeleitete wird. Das überschüssige Mischwasser läuft über diese Becken in die Bäche und den Main. Dass dieses System nicht mehr zeitgemäß ist, darin sind sich alle Mitglieder des Arbeitskreises "Wasser am Limit" der Agenda 21 einig. "Oberstes Ziel muss es sein, das wertvolle Regenwasser in unserer Region zu halten, um damit beispielsweise Grünanlagen zu bewässern", fordert Andrea Angenvoort-Baier, Sprecherin der Initiative. Gerade in Zeiten der Klimakrise werde aufgrund der zunehmenden Trockenheit Regenwasser immer wichtiger.
Wie es besser funktionieren kann, zeigen einzelne Beispiele in Gemeinden des Landkreises Würzburg; unter anderem die Gemeinde Güntersleben mit ihrem Neubaugebiet "Platte". Dort hat sich der Agenda 21-Arbeitskreis jüngst mit Vertretern der Gemeinde Güntersleben und dem ausführenden Planungsbüro getroffen.
In Güntersleben wurden alle Grundstücke bereits mit Zisternen ausgestattet. Die Käufer konnten entscheiden, wie sie das Regenwasser nutzen möchten: Sei es für die Bewässerung eines begrünten Dachs, für die Toilettenspülung, für die Bewässerung des Gartens oder für die Waschmaschine.
"Wenn die Gemeinde Eigentümerin der Grundstücke ist, lässt sich ein solches Vorhaben leichter bewerkstelligen", betonte die amtierende Bürgermeisterin, Klara Schömig. Dann können die Bedingungen über einen sogenannten städtebaulichen Vertrag zwischen den Grundstückskäufern und der Gemeinde festgelegt werden. Über einen Bebauungsplan sei dies zwar auch möglich, gestalte sich jedoch schwieriger.
Vertreter des ausführenden Planungsbüros zeigten anhand von Plänen und offen zugänglichen Überlaufbecken, wie Regenrückhaltung in Siedlungsgebieten aussehen müsse: Die Park- und Ausweichstreifen der Straßen werden mit Bäumen bepflanzt und mit entsprechenden Baumscheiben ergänzt, über die das Oberflächenwasser der Straße gesammelt und zur Bewässerung der Bäume genutzt wird. Sämtliche Grundstücke erhalten Zisternen mit einem Sicker-Überlauf und Rigolen-Systemen. Danach erfolgt ein weiterer Überlauf in "belebte", das heißt begrünte Mulden.
"Wichtig war es uns, dass vom Neubaugebiet nicht mehr Wasser ins bestehende Kanalsystem geleitet wird, als zuvor ohne die Bebauung", betonte der Geschäftsführer des Planungsbüros Auktor, Heinz Joachim Rehbein. Für Heinz Joachim Rehbein sei das Mischkanalsystem nicht mehr zeitgemäß, heißt es in der Mitteilung des Arbeitskreises.
Der Arbeitskreis hat ihn daher zum Nachhaltigkeitstag als Referenten eingeladen. Thema des Workshops ist "Jeder Tropfen zählt – effektivere Wasserrückhaltung im Siedlungsgebiet für Bayerns Trockenregionen". Er findet statt am Mittwoch, 14. Oktober, von 10.30 bis 12.15 Uhr.
Am 13. und 14. Oktober laden das Zentrum für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern und RENN.süd gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnern zu einem bayernweiten Erfahrungsaustausch zu nachhaltiger Entwicklung ein. Diesmal wegen Corona in Form der Online-Konferenz. Die Konferenz beginnt bereits am Mittwoch, 13. Oktober.
Anmeldung notwendig wenn möglich bis 7. Oktober unter https://bayernnachhaltig-jetzterstrecht.quickmobileplatform.eu/#!/