Verkleidet in mittelalterliche Kostüme werden in den Gassen und Straßen Sommerhausens Spielleute, Mönche, Handwerker, Bauern und Bürger zu sehen sein, die rund 220 Jugendlichen die Zeit der Reformation vor rund 500 Jahren anschaulich machen. Es ist das "Reformationsspiel", das am 8. Oktober nach drei Jahren Pause endlich wieder stattfinden kann und das Konfirmandinnen und Konfirmanden aus dem gesamten evangelisch-lutherischen Dekanat Würzburg mit einer Art Schnitzeljagd in die Geschichte entführt. Die Proben dazu laufen auf Hochtouren.
Die ehrenamtlichen Schauspielerinnen und Schauspieler, 90 an der Zahl, haben dabei die Aufgabe, den Jugendlichen diese vergangenen Zeiten an verschiedenen Stationen spielerisch näher zu bringen, sagt Hauptspielleiterin Beate Betschler. Dabei haben man einigen Kirchengemeinden sogar absagen müssen, weil höchstens 220 Jugendliche teilnehmen können, bedauert Betschler.
Erstmals fand das Mittelalterspektakel in Sommerhausen im Jahr 2017 statt. Damals habe die evangelische Gemeinde das Storybook vom Kitzinger Dekanat übernehmen dürfen. Die Erfahrung der letzten Jahre sei seitens aller Beteiligten positiv gewesen. "Es ist für das Organisationsteam mit viel Arbeit verbunden, aber uns freut es, dass wir ein Event auf die Beine stellen, das ganz viele Leute zusammenschweißt", so Betschler.
Denn obwohl das Reformationsspiel nur einen Tag dauere und sich die meisten vorher untereinander nicht kennen würden, entstehe in dieser kurzen Zeit ein großes Gemeinschaftsgefühl: "Dadurch, dass wir gemeinsam in der Zeit zurückreisen, ergibt sich schnell ein Gemeinschaftsgefüge". Es sei erfreulich zu sehen, wie sich über hundert Ehrenamtliche für die Jugendarbeit engagieren.
Für die Konfirmandinnen und Konfirmanden sei der Tag zwar auch anstrengend, da sie viele Aufgaben lösen müssen. Aber es bereite ihnen auch große Freude, beim Spiel mitzumachen. Das erkenne man etwa daran, dass sich viele Ehemalige später als Mitwirkende engagieren wollen.
Weil es sich beim Reformationsspiel nicht um ein Schauspiel, sondern um ein Rollenspiel handelt, könne prinzipiell jeder ehrenamtlich mitmachen. Es würden grundsätzlich keine professionellen Schauspieler engagiert. Mit Ausnahme von zwei Mitwirkenden aus dem Organisationskomitee seien alle ehrenamtlich tätig. Betschler betont außerdem, dass man nicht Theater spielen können muss, um mitzumachen. Jeder Akteur erhalte eine Rollenbeschreibung mit Informationen und Texten, die an die Konfirmierenden weitergeben werden. Wie jedoch die einzelnen Rollen ausgestaltet werden, dürfe jeder selbst entscheiden. "Im Prinzip können sie sich selbst im Mittelaltersetting spielen", so Betschler.
Eine Mischung aus Rollenspiel und Schnitzeljagd
Man könne sich das Reformationsspiel als eine Mischung aus Schnitzeljagd und Escapespiel vorstellen. Um verschiedene Aufgaben zu lösen, müssen die Konfirmierenden an verschiedenen Stationen die Schauspieler befragen. "Eine Aufgabe besteht beispielsweise darin, einen Bibelvers zu übersetzen. In diesem Fall gibt der Stadtrat den Tipp, den Bibliothekar aufzusuchen, der eine lateinische Bibel hat", erklärt Betschler.
Mit dem Reformationsspiel sollen die Konfirmierenden die Erfahrung von Teamwork machen. Denn sie müssen die Rätsel gemeinsam lösen. Das sei gut für das Zugehörigkeitsgefühl. Außerdem lernen sie auf diese Weise das Leben im Mittelalter kennen. "Sie merken dann zum Beispiel, dass man es als Bauer nicht leicht hatte. Schließlich mussten sich die Bauern als Untertanen sehr abrackern", so Betschler. Zudem erleben die Jugendlichen, wie sich die Ideen Luthers verbreiten konnten und auf welche Widerstände die Menschen damals gestoßen sind.
"Standesgemäße Gewandung" erwünscht
Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen. Der Eintritt ist frei und auch eine Kleiderordnung gibt es nicht. Trotzdem würden sich die Organisatoren freuen, "wenn die Zuschauer ebenfalls eine standesgemäße Gewandung anhaben", sagt Betschler. Es werde eine Wechselstube geben, in der Euros in "Mittelaltergeld" umgetauscht werden können, um sich mit Speisen zu versorgen. Wer möchte, dürfe sich in der Schreibstube und Druckerei ausprobieren oder beim Holzarbeiter sägen.
Das Reformationsspiel beginnt am Samstag, 8. Oktober, um 10 Uhr und endet mit einem Abschlussgottesdienst um 15.15 Uhr. Spielleiterin Beate Betschler hofft, dass keine oder möglichst wenige Autos im Ort parken, da diese nicht in die Szenerie passen. Die Ortsdurchfahrt wird von 9 bis 16.30 Uhr gesperrt sein. Lediglich Linienbusse dürfen den Ort durchfahren.