Am Samstagabend traten vier AfD-Redner im Radlersaal auf, die dem Partei-Rechtsaußen Björn Höcke politisch nahestehen.
Gut hundert Teilnehmer lauschten, angereist unter anderem aus Coburg, dem Spessart und dem Main-Tauber-Kreis. Quintessenz nach zwei Stunden: Deutschland werde von fremden Mächten regiert und stehe vor bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, die „Massenmedien“ seien willfährig und Flüchtlinge kriminell, die Grenzen müssten geschlossen werden.
Im März 2014 wollte die AfD in Würzburg zur Kommunalwahl antreten, durfte aber nicht, weil sie statt der nötigen 385 Unterstützer-Unterschriften nur 151 zusammenbrachte. Im Mai 2015 trat ein Großteil des Kreisverbandsvorstands zurück. Auf einen grünen Zweig gekommen ist die AfD in Würzburg offenbar immer noch nicht. Ihren Kandidaten für die Bundestagswahl, Thomas Thiel heißt er, holte sie aus Oberbayern. Auf Facebook zeigt er sich mit Höcke, dem Fraktionsvorsitzenden der AfD im Landtag von Thüringen. Höcke war im Januar nach einer rechtsradikalen Rede in Dresden knapp am Parteiausschluss vorbeigeschrammt.
Die AfD Bayern stellt Thiel in einer Mitteilung als 44-jährigen Oberbrandmeister a. D. vor, der in der Nähe von Augsburg lebe und kooptiertes Vorstandsmitglied im Kreisverband Dachau-Fürstenfeldbruck sei.
Kandidat gegen die Antifa
Thiel sagt von sich, er trete in Würzburg an, „weil es hier eine ausgeprägte Antifa-Szene gibt“, der eine „starke Opposition entgegengesetzt“ werden müsse. Das empfinde er als seine Berufung.
Am Samstagabend war der Kandidat im Radlersaal zu hören. Er behauptete, ein „Kuschen vor gewalttätigen Migranten“ werde „von oben verordnet“. Über 60 Prozent der Frauen würden „sich in der Dunkelheit nicht auf die Straße“ trauen, „weil sie nicht total vergewaltigt werden wollen“. Eine „feindliche Landnahme“ sei, „was hier gerade abgeht“. Ein „riesiger Angriff“ stünde bevor. Thiel prophezeite, Schüsse würden fallen, „weil wir bald bürgerkriegsähnliche Zustände in den Innenstädten haben“.
Prominentester unter den AfD-Rednern – außer Thiel der unterfränkische Bezirksvorsitzende Christian Klingen und der Nürnberger Kreisvorsitzende Martin Sichert – war Hans-Jörg Müller, der Bundesvorsitzende des Afd-Mittelstandsforums. Auch er entwarf ein düsteres Bild. Deutschland werde von einer Mafia aus Politik, Massenmedien, Konzernen und Geheimdiensten kontrolliert, von den „Machthabern des Merkel-Regimes“. Die Deutschen würden entrechtet. Die Zustände seien „schlimmer als in der DDR“. Ein „Bevölkerungsaustausch über Grenzen hinweg“ sei Realität.
Die Kirchen seien „zu Gutmenschenorganisationen verkommen“, die „fremdes Geld verschleudern“. Allen polizeilichen Erkenntnissen zuwider sprach er - wie Thiel - von „explodierender Gewalt“ im Land und von einer „Kuscheljustiz“. Politiker veruntreuten und verschleuderten Geld, „wir werden von Rechtsbrechern regiert“.
„Fortgesetzter Grundrechtsbruch“
Er sprach von einer „Öffnung der Grenzen“ im Jahr 2015; sie sei ein illegaler Akt gewesen. (Tatsächlich stehen die Grenzen seit 1985 offen, seit dem Ratifizieren des Schengen-Abkommens.) Müller forderte, der Verfassungsschutz solle alle „Altparteien“ beobachten wegen „fortgesetzten Grundrechtsbruchs“.
Deutschland sei kein souveränes Land, „weil die Kader von der Siegermacht geführt werden. 70 Jahre nach Kriegsende“ müsse „endlich mal auf die Tagesordnung gebracht werden, dass unser Land wieder ein souveräner Staat wird.“
Aber ich lehne die AfD auch nicht in erster Linie ab, weil sie Verschwörungstheorien (z.B. den Souveränitätsstatus Deutschlands betreffend) verbreitet. Vor allem bin ich angewidert von der erschreckenden Empathielosigkeit, mit der ein großer Teil des AfD-Personalkarussells einerseits Geflüchtete, und andererseits Menschen und Institutionen (z.B. die Kirchen), die diese unterstützen, durch den Dreck zieht.
Die hiesigen AfD-Fans können noch so wutschnaubend in die Tasten hauen, fest steht: die angeführten Zitate sind genau so gefallen und vermitteln ein ziemlich repräsentatives Bild dessen, was für verfassungsfeindlicher Unsinn im Radlersaal beklatscht wurde, gemischt mit schlicht Unwahrem, bewusst oder unbewusst Ausgelassenem und realitätsfremden Verschwörungstheorien zuhauf.
Beispielsweise finde ein gezielter Austausch der deutschen Bevölkerung durch Einreisende statt, die Grenzen seien „geöffnet" worden und wir noch immer kein souveränder Staat. Leute, die ihr euer Weltbild auf solchen sog. Wahrheiten aufbaut: verschließt euch doch bitte nicht in so ekelhaftem Maße der Realität.
Sie schreiben, die „Behauptung, dass die Bundesrepublik Deutschland immer noch kein souveräner Staat ist" sei in Ihren Augen „gar nicht ganz so falsch". Sie irren: Bis zur Wiedervereinigung hätten Sie Ihre Aussage belegen können, da die Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg unterschiedliche Rechte behalten hatten, um auf unser Land einzuwirken. Dann allerdings, im Zuge des Zwei-plus-Vier-Vertrags, wurde Deutschland zum vollständig souveränen Staat und die vier Siegermächte verzichteten ab 1990 auf die angesprochenen Rechte. Ihre Aussage ist heute entsprechend nicht mehr durch Fakten gestützt - und ich meine Fakten Fakten, nicht 'alternative Fakten'. Das sag ich „nur der guten Ordnung halber".
Meinen sie mal wieder, mit irgendwelchen Märchen die Bevölkerung von Würzburg manipulieren zu müssen ...
Mich würde nur mal interessieren, ob diejenigen, die behaupten, dass die Zustände schlimmer seien, als in der DDR, auch mal dort waren.
Wenn nicht, sind diejenigen für mich nichts weiter als "Worthülsendampfplauderer".
Ich zumindestens war mehrmal dort und kann begaupten, dass diese Behaupten nichts weiter als eine Lüge ist.
Denn die DDR mit ihren damaligen Zuständen ist schwer zu toppen.
Mich also kann diese "blau-"erdfarbige"" AFD nicht manipulieren.
Und jeder andere, der sich von denen manipulieren lässt, der kann nicht anders, der kann nichts dafür ...