Für die Eigentümer endet damit eine knapp 20-jährige Suche nach einem Investor. Bei der künftigen Nutzung will die Stadt Ochsenfurt allerdings ein Wörtchen mitreden. Deshalb war das Rau-Gelände Thema in der jüngsten Stadtratssitzung.
Zwei der vier Stockwerke sollen gewerblich genutzt werden, die oberen beiden für Wohnungen, sagt Mevlan Mutlu, ein Mitglied der Investorenfamilie. Die Einrichtung einer Gemeinschaftunterkunft für Asylbewerber habe er zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, beteuert Mutlu. Genau dieser Verdacht war aber aufgetaucht, nachdem die Regierung von Unterfranken bestätigt hatte, dass ihr das Rau-Gebäude zu diesem Zweck angeboten worden sei.
Anita Rau, Mitglied der bisherigen Eigentümer-Gemeinschaft, weiß nichts von einem entsprechenden Angebot. Wenn, dann muss es der Regierung von einem Dritten ohne ihr Wissen gemacht worden sein, betont sie gegenüber dieser Zeitung. Eine formlose Bauanfrage über den Umbau zu einem Wohn- und Geschäftshaus hatte Mevlan Mutlu bereits an die Stadt gerichtet und zugleich schriftlich klargestellt, dass keine Asylbewerber-Unterkunft geplant sei.
Die Stadt hat diese Zusage nun ihrerseits zum Gegenstand einer Änderung im Bebauungsplan gemacht. Demnach soll eine Asylunterkunft nun auch planungsrechtlich ausgeschlossen werden. Die Nutzung für kirchliche, kulturelle, soziale oder gesundheitliche Zwecke soll nach vorheriger Genehmigung möglich sein. Gleichzeitig hat der Stadtrat über das Gelände eine Veränderungssperre verhängt, die ausschließt, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der geänderte Bebauungsplan rechtskräftig wird.
Die Absage an ein Asylbewerber-Heim begründet die Stadt unter anderem mit der geplanten Gemeinschaftunterkunft auf dem Kindermann-Gelände in der Tückelhäuser Straße. Dieses Gebäude sei die Unterbringung von Flüchtlingen weitaus besser geeignet als das Rau-Anwesen.
Alle übrigen Nutzungen des Gebäudes, die in einem Mischgebiet erlaubt sind, werden durch die Änderung und die verhängte Veränderungssperre nicht eingeschränkt, betonte Bürgermeister Peter Juks in der Stadtrats. Auf den angekündigten Umbau in ein Wohn- und Geschäftshaus habe die Entscheidung des Stadtrats also keinen Einfluss.
Trotzdem hegt Mevlan Mutlu Misstrauen gegenüber der Entscheidung. Eine Ursache dafür ist die ehemalige Güterhalle am Bahnhof, die seine Familie bereits vor zwei Jahren von der Bahn AG mit dem Ziel erworben hatte, dort ein Bistro, einen Spielsalon und eine Autowerkstatt unterzubringen.
Das Landratsamt hat die Einrichtung eines Spielsalons mit geplanten neun Geldspielautomaten und drei Billard-Tischen untersagt und beruft sich dabei auf den seit Anfang der 70er Jahre geltenden Bebauungsplan. Allerdings war es vor dem Kauf seitens des Landratsamts zu widersprüchlichen Aussagen über die Geltung dieses Bebauungsplans gekommen. Und auch die Bahn als Verkäufer habe versichert, dass die Nutzung nicht eingeschränkt sei, sagt Mutlu. Gegen die verweigerte Genehmigung hat er deshalb Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Das Verfahren ist seit mehr als einem Jahr anhängig.
Die fehlenden Stellplätze auf dem dicht bebauten Rau-Gelände beschreibt Anita Rau als einen wesentlichen Grund dafür, warum sie bislang keinen Käufer für das Gebäude finden konnte. Diesen Mangel will Mevlan Mutlu dadurch beheben, dass er, ebenfalls von der Bahn, einen Teil des Parkplatzes östlich des Busterminals erworben hat. Doch auch hiergegen hat die Stadt vorerst interveniert und ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht.
Die Stadt vertritt dabei die Auffassung, dass ein Teil der Parkplätze wegen des großen Bedarfs weiterhin für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollte. Die übrigen Flächen sei man bereit, an den Käufer des Rau-Geländes abzugeben, heißt es dazu auf Anfrage aus dem Rathaus. Wozu es dann des Vorkaufsrechts bedarf, nachdem er das Rau-Gelände ebenfalls gekauft habe, könne er nicht verstehen, sagt Mevlan Mutlu. Die Stadt hingegen will sich so offensichtlich zusätzlichen Einfluss auf die künftige Nutzung des Firmengeländes sichern.
Auf eine einvernehmliche Lösung hofft Anita Rau, nachdem seit 1997 mehrere Anläufe, das Betriebsgelände zu veräußern, gescheitert waren und der äußere Eindruck des Gebäudes zunehmend schlechter geworden ist.