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Würzburg
Randale beim Gefangenentransport
 Er sei ein Opfer, schimpft ein Angeklagter vor Gericht. Ein Polizist habe ihn bewusstlos geschlagen und bedroht. Trotzdem wird er verurteilt - und er bekommt neuen Ärger.
Zu 20 Monaten Haft wurde ein 33-Jähriger verurteilt, weil er beim Gefangenentransport randalierte. 
Foto: Karl-Josef Hildenbrand | Zu 20 Monaten Haft wurde ein 33-Jähriger verurteilt, weil er beim Gefangenentransport randalierte. 
Gisela Schmidt
Gisela Schmidt
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:50 Uhr

Weil er sich in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kronach das Hemd vom Leib gerissen und mit Suizid gedroht hatte, sollte ein 33-Jähriger in die psychiatrische Abteilung der JVA Würzburg verlegt werden. Auf der Fahrt von Ober- nach Unterfranken kam es zu einem folgenschweren Zwischenfall, der den 33-Jährigen wieder mal auf die Anklagebank gebracht hat.

Der Mann habe auf dem Gefangenentransport unbemerkt seinen Bauchgurt gelöst, an dem die Hand- und Fußfesseln befestigt waren, heißt es in der Anklage. Dann habe er im Wagen randaliert. "Scheißbullen" soll er gerufen und den beiden Beamten mit "Erschießen" gedroht haben. Wenn sie nicht sofort anhielten, pinkele er in den Wagen.

"Getreten und gespuckt"

Die Polizisten stoppten den Einzeltransport kurz vor Würzburg. Als sie die Schiebetür öffneten, sei der 33-Jährige raus gesprungen, habe einem Beamten mit den Handschellen auf den Arm geschlagen und versucht, zu flüchten. Der andere Polizist habe ihm ein Bein gestellt, der Angeklagte sei gestürzt, überwältigt und unter Einsatz von Pfefferspray zurück in den Transporter bugsiert worden. Nachdem Verstärkung eingetroffen war, sei der um sich tretende und spuckende Mann gefesselt und auf dem Boden des Wagens liegend mit Blaulicht und Sirene in die JVA Würzburg gebracht worden.

Während der Staatsanwalt die Anklage verliest, schüttelt der Angeklagte den Kopf und rauft sich die Haare. Als der Richter ihn fragt, ob es sich zu den Vorwürfen äußern möchte, sagt er zunächst "Nein". Dann will er ein Vier-Augen-Gespräch mit seinem Verteidiger - und redet doch: "Was der Staatsanwalt sagt, ist falsch", sagt er.

Bitte um Pinkelpause

Zwar habe er die Polizisten beleidigt und bedroht. Aber ansonsten sei alles ganz anders gewesen. Weil er um eine Pinkelpause gebeten habe, habe einer der Beamten ihn mit der Polizei-Kelle bewusstlos geschlagen. "Die waren total aggressiv. Als er wieder aufgewacht sei, habe einer der Polizisten ihm gedroht, dass er jetzt "umgebracht" und dass sein Hund die Mutter des Angeklagten vergewaltigen werde.

Dann habe es einen zweiten Halt gegeben. "Da hab ich mich aus Angst an die Tür gestellt. Vielleicht wollte ich auch fliehen." Auf jeden Fall will der 33-Jährige "gerutscht" sein, und den Beamten unabsichtlich am Arm verletzt haben. Dass er unbemerkt den Bauchgurt mit den Fesseln gelöst hat, hält der 33-Jährige zunächst für "gut möglich". Sekunden später behauptet er, an eine Flucht habe er gar nicht gedacht. "Wie hätte ich mit den Fesseln denn flüchten sollen?"

100.000 Euro Schulden

Der psychiatrische Sachverständige bescheinigt dem 33-Jährigen zwar überdurchschnittliche Intelligenz. Aber der Angeklagte habe nichts daraus gemacht. Seit er 16 war, wurde er 13 Mal verurteilt, hat Bewährungen nicht durchgehalten, harte Drogen konsumiert und nach eigenen Worten "100.000 Euro Schulden" angehäuft. Dass er im Gefängnis, wo er über sechs Jahre seines Lebens verbracht hat, die Mittlere Reife nachgeholt hat, hat nicht zu einer Ausbildung oder einem Job auf dem ersten Arbeitsmarkt geführt. "Ich habe ja keine Möglichkeit, zu arbeiten", sagt der Angeklagte - und meint damit, dass ihm ein Teil seines Lohns dann gepfändet würde.

Der Mann erzähle "Geschichten", sagt der Psychiater. Und er wisse, dass sie nicht stimmen. In seiner "Überheblichkeit" glaube er aber, mit seinen Behauptungen "Punkte machen" zu können. Auf jeden Fall sei der Angeklagte voll schuldfähig. Dann charakterisiert er den 33-Jährigen als jemand, der "aggressiven Impulsen schnell nachgibt" und "nicht plant".

"Freundin hochschwanger"

Für letzteres spricht die persönliche Situation des Angeklagten. Ständig wiederholt er, dass er im März 2017, als er mal kurz in Freiheit war, eine Frau kennengelernt habe. Sie habe seinen Heiratsantrag angenommen und sei jetzt im achten Monat schwanger. "Ich bin auf einem guten Weg", sagt der 33-Jährige.

Die Polizisten, die ihn auf dem Gefangenentransport begleiteten, schildern die Randale so, wie sie in der Anklage steht. Die angeblichen Schläge mit der Kunststoff-Kelle und die üblen Drohungen verweisen sie ins Reich der Märchen.

Der Staatsanwalt fordert für den 33-Jährigen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Der Verteidiger hält ein Jahr und sieben Monate für angemessen. Darin einbezogen ist die Strafe, die der Angeklagte derzeit wegen verschiedener Delikte verbüßt.

Neue Anklage in Arbeit

Das Urteil, das nicht rechtskräftig ist: Wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Widerstands, Beleidigung und Bedrohung soll der Angeklagte ein Jahr und sieben Monate absitzen. Wie alle Verurteilten muss er auch die Verhandlungskosten tragen. "Ich werde noch viel mehr Kosten verursachen", verkündet er wütend am Ende der Verhandlung.

Weil er die Polizisten beschuldigt hat, ihn misshandelt zu haben, bereitet der Staatsanwalt schon die nächste Anklage gegen den 33-Jährigen vor. Sie wird auf "falsche Verdächtigung" lauten.

 
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  • R.Silber
    Drogen, Schulden, Vorstrafen, aber Schuld ist wie immer die Gesellschaft. Aber unsere Teddy-Bär-Richter werden ihm schon eine saftige Bewährungsstrafe aufbrummen. Der Steuerzahler wird ihn, seine Freundin und sein Kind Zeit seines Lebens durchfüttern.
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Weder von Bewährung noch von Schuld der Gesellschaft steht irgendwas im MP Artikel.
    Wieder mal Fake Facts in einem typischen ThomasB Kommentar.
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