
Der Kleinochsenfurter Quaderkalkbruch zählt seit mehr als zehn Jahren als Nummer 83 zu den 100 schönsten Geotopen Bayerns, verliehen vom bayerischen Landesamt für Umwelt. Jetzt kam durch die Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologien e.V. mit Sitz in Hannover eine weitere Ehrung hinzu – nämlich die Auszeichnung als "Nationaler Geotop" für die Würzburger Quaderkalke. Die Auszeichnung für den Kleinochsenfurter Steinbruch erfolgte schon im Jahr 2020. Die Urkunde konnte jedoch aufgrund der Pandemie nicht offiziell im Geotop überreicht werden.
Um den Quaderkalkbruch in Kleinochsenfurt zu besuchen, muss man einige Mühe auf sich nehmen. Im Ochsental geht es los. Der Weg ist mit dem Schild "Geologie erleben!" gekennzeichnet. Der Geotop liegt direkt am Panoramaweg zwischen Ochsenfurt und Sommerhausen. So ist es möglich, bei einer Wanderung einen wunderschönen Ausblick auf die Landschaft des Mains und gleichzeitig einen Einblick in die Erdgeschichte zu erhalten. Dabei erlebt man in beispielhafter Weise den aktiven Abbau in Sommerhausen, den stillgelegten Steinbruch Kleinochsenfurt und die Verwendung der Gesteine, die nicht nur in der darunter liegenden Schleusenmauer zu sehen ist, sondern auch an zahlreichen Häusern in den am Main liegenden Ortschaften.
Quaderkalk war ein Exportschlager
Den meisten Ochsenfurtern ist der Steinbruch bekannt. Viele Naturinteressierte haben ihn schon besucht und erkundet. Für Kinder ist es häufig der erste Kontakt mit der Erdgeschichte ihrer Heimat. Aber den wenigsten ist bewusst, welch großer Schatz dieser Steinbruch wirklich ist, denn den Quaderkalk gibt es außer in der hiesigen Region nirgendwo sonst auf der Welt.
Bereits in den 1940er Jahren wurde der Steinbruch betrieben, wobei die Steingewinnung in den früheren Zeiten eine beschwerliche Arbeit war. Nur besonders hochwertige Steine wurden unter solchen Mühen abgebaut. Zu diesen Steinen gehört der Quaderkalk im Oberen Muschelkalk, der schichtartig abgelagerte, metergroße Steinquader ausbildet. Sie sind seit mehr als 100 Jahren begehrt und waren auch ein großer Exportschlager. So wurden die Steinquader aus der Würzburger Region in die ganze Welt verschifft. Der Stein aus Unterfranken fand beispielsweise beim Bau der Grand Central Station in New York City, des Pergamon Museums in Berlin und des Deutschen Museums in München Verwendung.

Da der Steinbruch lange Zeit nicht mehr bewirtschaftet wurde, durfte später aus rechtlichen Gründen nicht mehr abgebaut werden. So konnte ihn sich die Natur zurückerobern. Dennoch ermöglicht er Fachleuten und Laien aufschlussreiche Einblicke in die Erdgeschichte, denn er wurde regelmäßig beweidet und ist deshalb nicht vollständig zugewachsen. Dazu kommt, dass stillgelegte Steinbrüche wertvolle Lebensräume und Überlebensnischen für spezialisierte, gefährdete Arten sind, sowohl Tiere als auch Pflanzen, wie dies in Kleinochsenfurt auch der Fall ist. Deshalb ist er nicht nur Geotop, sondern auch Biotop.
Muschelkalk gibt es in sehr vielen Ländern der Erde, jedoch ist der Quaderkalk, wie er im Würzburger Raum entstanden ist, einmalig – und damit auszeichnungswürdig. Und so entstand die einzigartige Formation: In der Oberen Muschelkalkzeit vor etwa 235 bis 238 Millionen Jahren war fast ganz Deutschland nördlich der Donau von einem flachen Meer überflutet. Das Klima war warm, und in diesem Meer lebten die unterschiedlichsten Lebewesen, darunter viele zweischalige Meeresbewohner, Muscheln und Brachiopoden (Armfüßer), die für diesen Zeitabschnitt namensgebend sind.
Besondere Meeresströmungen im Muschelkalkmeer
Deren Schill, also die zerbrochenen Schalen, ist teilweise so häufig, dass sie das Gestein maßgeblich aufbauen. Dieses Binnenmeer wurde im Westen und im Südosten von Festländern begrenzt, jedoch bestand eine Verbindung (Linie Basel-Marseille) zum südlichen Weltmeer, der Tethys. Die Sedimente, die abgelagert wurden, waren überwiegend Kalke mit tonigen Zwischenlagen.
Durch eine schwellenartige Untiefe im Muschelkalkmeer, die Gammesfelder Barre, entstanden besondere Meeresströmungen, so dass im unterfränkischen Raum zwischen Würzburg und Rothenburg Schillkalke abgelagert wurden. Es entstanden besonders dicke Kalkbänke, die die Eigenschaft haben, entlang eines rechtwinkligen, natürlichen Kluftnetzes auseinander zu brechen. Auf diese Weise entstehen die großen quaderförmigen Blöcke, die zur Namensgebung des Quaderkalkes geführt haben.
Weitere Infos im Internet unter: http://www.lfu.bayern.de/geologie/geotope_schoensten/83/index.htm. Die Besucher des Geotops haben außerdem die Möglichkeit, das Triasmuseum (Kleindienst) in Kleinochsenfurt zu besuchen. Dort finden sich zahlreiche Versteinerungen aus der Triaszeit, zu der der Muschelkalk gehört.