Das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft ist eine Enttäuschung für viele Fans. Mit dem frühen WM-Aus haben jedoch auch die Public-Viewing-Veranstalter in Unterfranken zu kämpfen. Unter ihnen auch Joachim Schulz, Betreiber der Posthalle in Würzburg: Die Einnahmen aus den drei Deutschlandspielen haben nicht gereicht, um die Kosten zu decken, sagt Schulz. Er spricht von „Liquiditätseinbußen“ von 60 000 bis 80 000 Euro: „Erst ab dem Halbfinale hätte sich die Veranstaltung finanziell überhaupt rentiert“, so der Posthallen-Chef.
Posthallen-Chef: „Fußballgucken in der großen Masse nicht mehr im Trend“
Seine ernüchternde Bilanz fußt aber nicht nur auf dem frühen Scheitern der Nationalelf. Grundsätzlich würden die Public-Viewing-Veranstaltungen schlechter besucht als noch vor einigen Jahren. Die Umsätze seien dadurch stark zurückgegangen. Nach Beobachtung des Posthallen-Betreibers gibt es dafür zwei Gründe: „Fußballgucken in der großen Masse“ liege „nicht mehr so im Trend“ und auch mit dem Bekenntnis zu Schwarz-Rot-Gold sei es vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Situation schwieriger geworden: „So eine Euphorie, wie es sie 2006 gegeben hat, gibt es lange nicht mehr“, so Schulz. Auch deshalb habe die Posthalle ihre Veranstaltung bereits vorab auf einen begrenzten Bereich beschränkt und das Personal deutlich reduziert.
„Das frühe Ausscheiden wird uns schon schaden, aber beziffern kann ich es nicht“, prognostiziert Karl-Heinz Pritzl, Vorsitzender von Mainfranken Bier, einem Zusammenschluss von Brauereien in der Region. Anders als der Posthallen-Chef sieht Pritzl, der selbst ein Public Viewing veranstaltet hat, den Grund für die Umsatzeinbußen jedoch nicht im mangelnden Interesse der Fußballfans, sondern in ihrer abnehmenden Konsumfreudigkeit.
„Es war die schlechteste Stimmung, die wir je hatten“
Seine These: Wieviel die Besucher konsumieren, wird weniger durch Sieg oder Niederlage der deutschen Mannschaft bestimmt als vielmehr durch die Qualität des Spiels. Während die Besucher bei dramatischen Niederlagen einer gut spielenden deutschen Mannschaft – wie beim Finale gegen Italien 2006 – im Anschluss an das Spiel öfter noch ein „Sorgenbier“ oder eine „Kummermaß“ getrunken hätten, wären die Besucher in diesem Jahr direkt nach dem Spiel nach Hause gegangen. Frustspiele wie die in der Vorrunde senken die Konsumfreudigkeit und damit den Umsatz, resümiert Pritzl.
Andreas Ender vom Zaubergarten in Würzburg findet dafür noch deutlichere Worte: „Es war die schlechteste Stimmung, die wir je hatten – von Anfang an.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Public-Viewing-Veranstaltungen werden die Leinwände im Zaubergarten jedoch noch nicht abgebaut. Statt mit 600 Zuschauern wie bei den Deutschlandspielen rechnet Ender nun mit durchschnittlich 50 Zuschauern pro Spiel. Für ihn bedeutet das einen geschätzten Verlust im vier- bis fünfstelligen Bereich, wie er sagt.
Gimperlein: Deutlich mehr Familien bei den Public Viewings
Hugo Heimbach, der in seinem Biergarten am Schloss in Laudenbach bei Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) ebenfalls ein Public Viewing ausrichtete, blickt wesentlich entspannter auf das Vorrunden-Aus. Er habe weder große Umsatzerwartungen noch zusätzliche Kosten gehabt: „Das Zeug wird wieder abgebaut und fertig.“ Ähnlich sieht es Frank Gimperlein vom Stadtmarketingverein Kitzingen, der das Public Viewing am Bleichwasen veranstaltet hat. Um richtig Gewinn zu machen, hätten ein paar Spiele gefehlt; Grundkosten wie Versicherung und Platzlogistik seien jedoch abgedeckt. Anders als Posthallen-Chef Schulz findet er, dass die Deutschlandspiele sogar noch besser besucht waren, als vor einigen Jahren. Die gedämpfte Euphorie, wie sie deutschlandweit zu spüren gewesen sei, habe er an den Besucherzahlen nicht gemerkt. Lediglich die Besucherstruktur habe sich verändert: Es kamen mehr Familien mit vielen „trinkfreudigen Männern“, wie er betont.
Auch Thomas Volpert vom gleichnamigen Getränkefachhandel bereitet sich auf die Folgen des frühzeitigen WM-Aus vor. Rund zehn Public-Viewing-Veranstalter habe er während der Deutschlandspiele beliefert: „Die Bier- und Getränkebranche kalkuliert natürlich mit dem entsprechenden Absatz“, so Volpert. Für ihn gelte es jetzt, die auf Kommission gekauften Getränke sowie verliehene Ausstattung wie Durchlaufkühler, Zapfpumpen und Kühlwägen wieder entgegenzunehmen.
Manfred Griebel, Public-Viewing-Veranstalter am Stadtstrand Bad Kissingen, denkt gar nicht ans Einpacken: „Bei den ersten drei Spielen hatten wir insgesamt 3000 Besucher. Wir werden jetzt einfach weitermachen.“ Zwar seien die Spitzenspiele jetzt vorbei; von den noch bevorstehenden Spielen seien mindestens zehn für das Publikum interessant. Griebel rechnet mit 100 bis 150 Gästen pro Spiel: „Die Leute wollen einfach in Gemeinschaft sein und Fußball gucken.“
Und anscheinend auch des Wirtes ...