
"Alle Jahre wieder kommt das Christuskind, Auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus . . ." - Alle Jahre wieder . . . gibt es Eierlikör, Plätzchen und Geschenke, kleine Enttäuschungen und Riesenfreude unterm Christbaum, Familientreffen oder viel Arbeit und Einsatz für andere. Aber wann und wie war Weihnachten einmal besonders schön und einmalig? Acht bekannte Menschen aus Unterfranken erinnern sich - manche sogar mit Blick ins Fotoalbum.
Anselm Grün - Pater und Bestsellerautor: Eine einzige Weihnachtskarte in Rom

Im Jahre 1967 kam ich als junger Mönch zum Studium nach Rom. Wegen der damals unzuverlässigen römischen Post saß ich am Heiligabend ohne Brief oder ein Weihnachtspäckchen von zuhause allein in meiner kleinen Klosterzelle. Nur eine einzige Weihnachtskarte hatte mich erreicht. Auf ihr herzt Maria das Kind und drückt es an sich. Es ist ein Fresko aus dem 14. Jahrhundert in der Kirche S.Chiara in Assisi.

So setzte ich mich vor der Christmette in mein Zimmer, stellte die Weihnachtskarte auf meinen Schreibtisch und eine Kerze davor. So saß ich drei Stunden lang vor der Kerze und dem Bild, dachte an meine Familie und an all die Menschen, mit denen ich mich verbunden fühlte. Vieles, was sonst für mich zu Weihnachten gehörte, fiel weg. Aber ich spürte eine tiefe innere Stille und habe gerade in der Stille das Geheimnis von Weihnachten neu erspürt, ein inneres und stilles Glück.
P. Anselm Grün (75) ist Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Der promovierte Theologe und Betriebswirt wurde als Autor spiritueller Bücher, viele davon im klostereigenen Vier-Türme-Verlag erschienen, Referent und Führungskräftetrainer bekannt.
Carolin Meyer - Fränkische Weinkönigin: Weihnachten ist einfach immer schön!

Seit ich denken kann ist Weihnachten gleich nach der Weinlese die schönste Zeit des Jahres. Früher, als ich klein war, war die Bescherung natürlich noch das Highlight des Abends. Das hat sich in den letzten Jahren geändert – wir haben alles was wir brauchen, deshalb gibt es nur noch kleine Aufmerksamkeiten und Geschenke.

Heute ist das gemeinsame Essen das schönste und wichtigste am Heiligen Abend. Wir machen ein paar wirklich gute Flaschen Wein auf und zelebrieren den gemeinsamen Genuss-Moment. Seit ich denken kann gibt es Raclette. Das kann schon mal mehrere Stunden dauern. Auch schon immer dazu gehört der Besuch des abendlichen Gottesdienstes in der Casteller Kirche St. Johannes. Als letztes Lied singt die Gemeinde „Oh du fröhliche“. Dabei gehen die Lichter aus und die Kirche ist nur von Kerzenschein beleuchtet. Ein magischer Moment- der das Weihnachtsfest für mich jedes Jahr auf neue wieder zum schönsten Fest des Jahres macht.
Carolin Meyer (24) stammt aus einer Winzerfamilie aus Castell-Greuth (Lkr. Kitzingen), ist staatliche geprüfte Technikerin für Weinbau und Oenologie und seit 2019 Fränkische Weinkönigin.
Prof. Ralf Jahn - IHK-Hauptgeschäftsführer: Als ich noch ein Plätzchenräuber war

Der Christstollen war immer zuerst dran, in der Adventszeit, wenn meine Oma Erna das Backen anfing. Zitronat und Orangeat mochten meine Schwester Uli und ich nicht, wir puhlten beides immer aus dem Christstollen heraus. Danach, wenn endlich die Plätzchen dran waren, durften wir meiner Oma Erna bei der Weihnachtsbäckerei helfen. Es wurden Vanillekipferl gebacken und Spritzgebäck, teilweise verziert mit Schokoladen -Kuvertüre. Meine Schwester Ulli und ich durften uns die Arbeit teilen am Fleischwolf, aus dem wir unterschiedlich geformte Plätzchen zauberten. Nach dem Backvorgang durften wir die Kuvertüre verstreichen. Danach wanderte danach wanderte alles in eine blecherne Keksdose von Oma Erna, ein ziemlich verbeultes zinkfarbenes Ding, das offenbar schon viele Weihnachtsfeste erlebt hatte.
Diese Dose wurde von meiner Oma immer sorgsam versteckt und es war verboten, sich dieser Dose auch nur zu nähern. Schließlich sollten die Plätzchen ja reichen bis zum Weihnachtsfest ...
Immer wenn meine Oma Erna nicht im Hause war, machte ich mich mit meiner Schwester auf die Suche. Und es dauerte natürlich nicht lang, bis wir die Dose gefunden hatten. Im Fliegenschrank der Speisekammer (so genannt weil ein Fliegenschutzgitter angebracht war) war unten ein großes Fach, in dem sich alle allerlei Tücher befanden. Und unter diesen befand sich die Dose, über deren Inhalt ich mich gerne her machte , auch wenn meine Schwester mich immer ermahnte.

Nicht viele, jedes Mal nur zwei, drei Plätzchen stibitzte ich – es sollte ja schließlich nicht auffallen. Bis Weihnachten hatte ich es dann aber regelmäßig geschafft, die Dose gut die Hälfte leer zu räubern. Meine Oma hatte mich schnell in Verdacht, und ich war gut beraten, gleich geständig zu sein. Gottseidank hatte meine Oma in weiser Voraussicht immer noch ein zweites Plätzchendepot, im Schlafzimmer bei ihrer eigenen Wäsche. Und so war immer gewährleistet, dass am Ende alles gut war, wir ein friedliches Weihnachtsfest feiern konnten, mit reichlich hausgebackenen Plätzchen von Oma Erna.
Dr. Ralf Jahn (61) ist Jurist, seit 2004 Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt und Honorarprofessor für Verwaltungsrecht und öffentliches Wirtschaftsrecht an der Uni Würzburg.
Carolin Lehrieder - Profi-Triathletin: Fotos und Videos dokumentieren mein Glück

An mein schönstes Weihnachten habe ich selbst gar keine Erinnerung, ich war noch zu klein. Aber ein paar Fotos und Videos dokumentieren mein Glück. An manchen Feiertagen kramen wir sie in der Familie raus und lachen herzlich darüber. Es war Heiligabend 1991, als ich ein rotes Bobbycar von meinen Eltern geschenkt bekam. Ich war eineinhalb und gerade groß genug, um es zu fahren. Ganz offensichtlich war ich sehr stolz und hatte mächtig Spaß damit. Bis meine Eltern sagten: "Das ist aber auch fürs Baby."

Der Satz ist bis heute ein Running Gag in unserer Familie, wenn ich etwas teilen soll. Das wollte ich damals auf keinen Fall. Zum Glück war mein Bruder Dominik seinerzeit erst ein paar Monate alt und noch zu klein für mein erstes Auto. Später haben wir zusammen vor jedem Weihnachten heimlich die Geschenke angeschaut, die unsere Eltern in einer Abstellkammer versteckt hatten. Da gab’s bei der Bescherung dann keine so schönen Überraschungen mehr wie das rote Bobbycar.
Carolin Lehrieder (31) ist Triathletin. Die Würzburgerin wollte eigentlich in diesem Oktober beim Ironman auf Hawaii starten. Ihren ersten Ironman gewann sie 2019 in Italien.
Bischof Dr. Franz Jung: Besuche im Krankenhaus
Eigentlich war es gar nicht schön. Denn nach der Erstellung des Dienstplanes für Weihnachten an meiner ersten Kaplanstelle in Pirmasens wurde mir plötzlich klar: Wenn das jetzt alles so kommt, wie eben besprochen, kannst du dieses Jahr an Weihnachten gar nicht nach Hause fahren. Das allererste Weihnachtsfest ohne die vertraute Familienfeier mit allen Geschwistern, Eltern und Großeltern, mit gemeinsamem Musizieren, Geschenken und dem festlichen Weihnachtsessen. Ein Schock. Und etwas Trauer.

Aber dann wurde es doch richtig schön. Ich feierte die Gottesdienste in diesem Jahr mit einem neuen Ernst. Die freie Zeit zwischen den gottesdienstlichen Feiern nutzte ich zu Besuchen im Krankenhaus, um bei denen zu sein, die an Weihnachten auch nicht nach Hause konnten. Die geteilte Freude und die tiefe Dankbarkeit bei den Begegnungen entschädigten für so Vieles, auf das ich hatte verzichten müssen. Das weihnachtliche Licht strahlte mir aus den frohen Gesichtern an den Krankenbetten entgegen. Ein wunderbares Weihnachtsfest!
Franz Jung (54) kommt aus Ludwigshafen, ist promovierter Theologe, war Domkapitular in Speyer ist seit Februar 2018 Bischof von Würzburg.
Enrico Calesso - Generalmusikdirektor am Mainfranken Theater: Vielleicht genau in diesem Jahr das allerschönste?
Mein besonderes Glück, für das ich sehr dankbar bin, ist, dass ich keines meiner bisher erlebten Weihnachtsfeste hervorheben kann, da nach meiner Erinnerung alle sehr, sehr schön waren. Und doch hege ich die Zuversicht, genau in diesem Jahr das vielleicht allerschönste und im eigentlichen Sinne weihnachtlichste Fest feiern zu dürfen.

Zwar werde ich erstmals seit vielen Jahren zu den Festtagen kein Dirigat haben, was mich bitter schmerzt. Aber dafür eröffnet sich die herrliche Chance, beschauliche Einkehr zu halten und im engsten Familienkreis mit voller Innigkeit das Wunder der Weihnacht zu feiern und sich auf das Wesentliche zu besinnen. Gerade das wird mir tiefste Freude und neues Leben geben – und das wird mein schönstes Weihnachtsgeschenk werden.
Enrico Calesso (46) kommt aus Italien, ist Dirigent und Pianist und seit 2010 , Generalmusikdirektor des Mainfranken Theater Würzburg.
Frank Schmitt - Sänger des Rhöner Trios "Spilk": Immer auch Geburtstag

Im Rückblick auf 4 Jahrzehnte Weihnachten stelle ich fest, dass jedes Jahrzehnt meines Lebens, seine eigenen Weihnachtserlebnisse hatte, wobei ich mich bei den folgenden Memoiren auf das Kindheitsalter von 0 bis 14 beschränken will. Dabei kann ich von einer behüteten und harmonischen Weihnachtszeit sprechen, in der meine Eltern um alles bemüht waren, was man als Kind mit Weihnachten verbindet: Adventskalendersäckchen, Nikolaus, Adventskerze anzünden, Plätzchen backen, basteln, musizieren, Wunschzettel verschicken usw. bis dann endlich der langersehnte Heilige Abend da war – und damit auch mein Geburtstag!
Spätestens, wenn sich am späten Heiligen Abend alle Tanten und Onkel, , bei meiner Oma Blanka einfanden und meine Cousinen & Cousin erstaunte Gesichter zogen, weil ich eine Mehrzahl an Geschenken erhielt, darunter ein Extra-Geschenk von meinem „Duud“, wusste ich das Privileg, mit dem Christkind zusammen Geburtstag zu haben, durchaus zu schätzen. Wenn die älteren Kinder dann die Sternwerfer an Omas Christbaum anzünden durften und 13 Personen gemeinsam „O Du Fröhliche“ sangen, war dies wohl einer der verbundensten und harmonischsten Momente überhaupt.

Seit ich selbst zwei Kinder habe begehe ich Weihnachten wieder bewusster, indem ich versuche meinen Beiden in der Adventszeit das zu vermitteln, was ich als Kind erfahren durfte. Dabei versuche ich dem Weihnachtstrubel und – konsum soweit es geht auszuweichen und mich aus dem Endjahrestrott auszuklinken, um mir so Zeit zu nehmen, für das eigentlich Wichtige …
„Wenn uns bewusst wird, dass die Zeit die wir uns füreinander nehmen, das Kostbarste ist, was wir schenken können, haben wir den Sinn von Weihnachten verstanden.“
Frank Schmitt (43) kommt aus Steinach (Lkr. Bad Kissingen), arbeitet im Staatliche Bauamt in Schweinfurt und wurde bekannt als Mundart-Sänger des Rhöner Trios "Spilk".

Dorothee Bär - Staatsministerin für Digitales: Das schönste Puppenhaus, das ich je gesehen hatte
Mein schönstes Weihnachtserlebnis ist zwar schon ein paar Jährchen her, wird aber für immer unvergesslich sein. Mein Bruder und ich durften uns als Kinder immer alles wünschen, haben aber mitnichten alles bekommen. Als ich acht Jahre alt, war mein größter Herzenswunsch ein Puppenhaus. Doch in den Wochen davor habe ich ganz oft konspirative Gespräche meiner Eltern und Großeltern „belauschen“ können. „Zu teuer.“ „Zu großer Wunsch.“ „Heuer gibt es nur selbstgestrickte Socken.“ Usw. Usw.

Meine Laune sank also bis zum Heiligen Abend immer weiter in den Keller. Und als dann am Morgen des 24. Dezember noch eine Nachbarin vorbeikam und mich mit den Worten „Na, Dorothee? Ich habe gehört das Christkind bringt Dir dieses Jahr nur Kohlen?“ begrüßte, wusste ich: das wird das schlimmste Weihnachtsfest der Welt! Als dann am Abend das Glöckchen klingelte, wir ins Wohnzimmer stürzten und von Lichtern und Geschenken empfangen wurden, sah ich es sofort: kein Puppenhaus weit und breit. Ein riesiger Kloß im Hals. Tränen, die am Aufsteigen waren. Meine Oma war die erste, die das bemerkte und mich ansah und trösten wollte. „Was hast Du denn? Warum bist Du denn so traurig?“ „Weil ich kein Puppenhaus bekomme?“, bekam ich gerade noch heraus bevor ich hemmungslos zu Weinen begann.
Meine Eltern und Großeltern tauschten Blicke, mein Opa ging aus dem Raum und rollte einen Tisch herein, auf dem ein Gegenstand mit einer Decke abgedeckt war. Und was soll ich sagen? Darunter war das schönste Puppenhaus, das ich je gesehen hatte. Selbstgebaut von Papa und Opa. Teppiche verlegt. Tapeziert. Von Oma und Mama Vorhänge genäht, Minihandtücher oder kleine Tischdecken. Auch alle Möbel waren selbst geschreinert und die Püppchen eingekleidet. Ich war in diesem Moment, an diesem Ort, das glücklichste Mädchen der ganzen Welt. Und natürlich habe ich es heute noch...
Dorothee Bär (42) kommt aus Ebelsbach (Lkr. Haßberge), ist CSU-Politikerin und gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2018 ist sie Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung.
Da ist einfach die große Enttäuschung, dass Oma alleine im Krankenhaus ist im Vordergrund gewesen.
Hoffentlich können Sie sich recht bald sehen!
Und auch Ihnen: Frohes Fest (trotz allem) und einen Gute Beschluss!
lG, Wiggins
Damit Sie nicht fälschlicherweise über angebliche Privilegien eines Bischofs erzürnt sein müssen: Bischof Jung berichtete von einem Weihnachten, das er an seiner ersten Kaplanstelle in Pirmasens feierte, so steht es oben im Text. Er war ab 02/1998 bis 07/2001 Kaplan in Pirmasens: Vor über zwei Jahrzehnten nutzte er somit seine freie Zeit zwischen den Gottesdiensten für Besuche im Krankenhaus. Keine Sorge, somit liegen keine Corona-Bischofs-Privilegien vor. Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass wir alle in Zukunft erst mit viel Ruhe und genau lesen, bevor wir kommentieren ...
Frohes Fest!
Aha - sind das weitere Privilegien eines Bischofs? Kann doch nicht sein? Unsere Omaliegt in Würzburg in der Klinik und wir dürfen sie nicht mehr besuchen, da seit 18.12. ein generelles Besuchsverbot ist. Jetzt muss sie Weihnachten alleine auf dem Krankenzimmer verbringen. Aber vielleicht besucht sie ja der Bischof.
Bischofs-Bashing-Reflex?