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Würzburg/Schweinfurt
Profitieren Umweltorganisationen vom Aufschwung der Grünen?
Die Umfrage-Werte sind stabil: Die Grünen haben so viele Anhänger wie noch nie. Doch was bewirkt der Umwelt-Trend in Unterfranken und wer hat etwas vom Erfolg der Ökopartei?
Wo macht sich der Aufschwung der Grünen bemerkbar?
Foto: Felix Kästle, dpa | Wo macht sich der Aufschwung der Grünen bemerkbar?
Nicolas Bettinger, Volontär, Mediengruppe Main-Post
Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:24 Uhr

Laut aktuellen Zahlen des ARD-Deutschlandtrends liegen die Grünen bundesweit knapp vor der Union und wären damit stärkste Kraft. Die Partei verliert nach den zurückliegenden Wahlerfolgen nicht an Zustimmung. Alleine in Bayern haben die Grünen seit vergangenem Jahr über 1000 Mitglieder dazugewonnen. Mit ihrer Vorstellungen von Klimapolitik scheint die Partei den Nerv vieler Wähler zu treffen. Doch sind die Grünen selbst die einzigen, die vom Umweltbewusstsein in der Bevölkerung profitieren? Oder sind auch Umweltverbände aus der Region Nutznießer vom Aufschwung der Oppositionspartei?

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"Der Naturschutz profitiert allgemein vom erkennbaren Wandel in der Gesellschaft", sagt Steffen Jodl, Geschäftsführer der Kreisgruppe Würzburg im "Bund Naturschutz". Alleine die Demonstrationen der "Fridays for Future"-Bewegung hätten eine Diskussion über das Klima angeregt. Allerdings mache er für die Entwicklung nicht die Grünen selbst verantwortlich. "Der Aufschwung der Grünen ist viel mehr ein Ergebnis des gesellschaftlichen Umdenkens", so Jodl. Die Partei hätte es aber verstanden, die richtigen Themen aufzugreifen.

Zahlreiche Schülerinnen und Schüler demonstrieren an einem Freitag in der Würzburger Innenstadt für mehr Klimaschutz.
Foto: Daniel Peter | Zahlreiche Schülerinnen und Schüler demonstrieren an einem Freitag in der Würzburger Innenstadt für mehr Klimaschutz.

Die Gesellschaft sei generell schon weiter als die Politik. "Hier tut sich was", sagt Jodl. Menschen würden anrufen und sich beschweren, wenn sie beobachten, dass Grünflächen an Straßenrändern einfach abgemäht werden. Zuspruch und Bereitschaft für umweltbewusstes Handeln steige demnach an. Alleine in Stadt und Landkreis Würzburg habe der "Bund Naturschutz" rund 6500 Mitglieder. Mitte Mai sind bei einem Infostand 182 Mitglieder neu hinzu gekommen", freut sich Jodl über die wachsenden Zahlen. Die Entwicklung mache sich nicht nur in gezahlten Beiträgen sondern auch in der ehrenamtlicher Hilfe bemerkbar.Das kann der "Förderkreis Umweltschutz Unterfranken" nicht von sich behaupten. Der FUU, der Umweltschutzkonzepte in der Region entwickeln und unterstützen will, könne bislang weder vom gesellschaftlichen Umdenken noch vom Aufschwung der Grünen profitieren. Bisher habe sich nichts geändert, teilt der Verein auf Nachfrage mit. Man habe sogar eher mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen. Überwiegend wollten sich größere Konzerne – auch Unternehmen können Vereinsmitglied sein – nicht engagieren. Bei Privatpersonen stoße man dagegen häufiger auf offene Ohren. Ein Effekt durch die Wahlerfolge der Grünen bleibe vorerst aus.

Naturfreunde Deutschland: "Kein Effekt durch Wahlerfolg der Grünen"

Und auch die "Naturfreunde Deutschland" verspüren keine positiven Folgen des grünen Wahlerfolgs. "Seit dem Aufschwung hat sich bei uns eigentlich nichts verändert", sagt die Schweinfurterin Marion Both, Bezirksvorsitzende von Unterfranken. Zwar bemerke auch sie ein immer größer werdendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Gesellschaft, mit entsprechend steigenden Mitgliederzahlen ließe sich dies allerdings nicht belegen. "Die Aufmerksamkeit für das Klimathema ist aber generell da", sagt Both. Die Leute würden sich mittlerweile genau überlegen, ob sie ihren Kaffee im Einwegbecher kaufen oder ob der Apfelsaft vielleicht lieber im Glas statt im Tetrapak getrunken wird.

Die Organisation "Greenpeace", die ebenfalls den Umweltschutz zum Thema hat, freut sich indes über Zuwachs. Die Motivation der neuen Mitglieder sei "jedoch nicht der Aufschwung der Grünen", erklärt Johannes Schauer, Mitglied der Ortsgruppe von Greenpeace in Würzburg. Vielmehr fände ein "Bewusstseinswandel" statt, der die "brutale Realität des Klimawandels, des Artensterbens und der generellen Zerstörung der Lebensgrundlage von Millionen von Arten" in die Köpfe der Menschen hole. Laut Schauer hätten die Grünen diesem Bewusstseinswandel ihren Stimmenzuwachs zu verdanken, nicht umgekehrt. "Es würde mich sehr wundern, wenn irgendjemand bei uns insgeheim mitmachen würde, nur weil die Grünen gerade einen Aufschwung in ihren Umfragewerten erleben", sagt er.

Vom Bewusstseinswandel profitierten derzeit sowohl die Grünen als auch Nichtregierungsorganisationen, erklärt Benedikt Seger, ebenfalls von Greenpeace. Hinzu komme, dass ein relevanter Teil der Bevölkerung erkannt habe, dass die Erderhitzung kaum noch durch individuelle Verhaltensänderung, sondern nur durch massiven politischen Druck in den Griff zu bekommen sei. "Das eklatante Fehlen von klimaschutzrelevanten Regierungshandlungen auf Bundes- und Landesebene – auch in Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung – tut sein Übriges zur anhaltenden Massenmobilisierung für den Klimaschutz in Deutschland", sagt Seger.

 
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