Deutliche Kritik an der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank und am Bürokratismus der EU, Kritik an der Wirtschaftsspionage durch den amerikanischen Geheimdienst: Beim Wirtschaftsforum der Volks- und Raiffeisenbanken in Stadt und Landkreis Würzburg steckte Zunder drin.
Fast 800 Bankkunden, darunter viele mittelständische Unternehmer, waren ins Vogel Convention Center gekommen, um vor allem einen prominenten Mann zu hören: Götz Schartner, angekündigt als „professioneller Hacker“ im Internet. Der Informations- und Sicherheitsexperte sprach über Cyberkriminalität und Wirtschaftsspionage. Wie schnell und einfach die Privatsphäre auszuspionieren ist, erlebte die Zuschauer, als Schartner mit wenigen Handgriffen sich in die Handys eines anwesenden Paares einschaltete, sie dann in den Hof schickte, um ihr Gespräch über die manipulierten Handys unbemerkt zu belauschen.
Ebenso einfach gelang es ihm, einen „Trojaner“ auf einen Computer einzuschleusen, obwohl dieser mit neustem Antivirenprogramm ausgestattet war. Eine kleine „Tarnkappe“ machte den Trojaner unsichtbar. Umso sichtbarer waren dann die Inhalte des Compter zu lesen und zu manipulieren. Die Instrumentarien für diese Eingriffe seien für jeden offen im Internet zu finden, sagte Schartner. Weltweit würden deutsche Firmen mit diesen einfachen Mitteln ausgespäht.
Die Häcker säßen nicht nur in Asien. Auch die USA betreibe Wirtschaftsspionage seit einer Anweisung von Präsident Clinton. Dies sei dem Bundestag schon vor langer Zeit schriftlich bekannt gemacht worden, „doch Deutschland tut nicht dagegen“, so Schartner.
Der Experte, der zum Thema zwei Bücher veröffentlicht hat („Tatort www“ und „Vorsicht, Freund liest mit“) hatte auch ein paar Ratschläge: WLAN und Bluetooth am Handy ausschalten, wenn es nicht gebracht wird, Passwörter nicht mehrfach verwenden. Firmen sollten mehr tun für die Schulung ihrer IT-Mitarbeiter und sich auch von außen Rat holen.
Zu Beginn hatte Edgar Bauer als Kreisvorsitzender des Genossenschaftsverbandes Bayern über die wirtschaftliche Situation der 31 Volks- und Raiffeisenbanken in der Region informiert, die 3853 Mitarbeiter beschäftigen und 10,4 Milliarden Euro Kundengelder und weitere 7,1 Milliarden Anlagevolumen verwalten. Damit seien die Geldanlagen signifikant um 4,5 Prozent gesteigert worden. Fast 60 Prozent der Unterfranken seien Kunden und 321 690 Mitglieder als Teilhaber berechtigt, die Zukunft der Bank aktiv mitzugestalten.
Die Genossenschaftsbanken dürften für sich in Anspruch nehmen, in der Banken- und Finanzkrise vieles richtig gemacht zu haben. Er werde aber schwer, die guten Strukturen gegen die Wettbewerbsverzerrung zu verteidigen. Bauer kritisierte die Geldpolitik der europäischen Zentralbank. Die niedrigen Zinsen brächten nicht die erwünschte konjunkturbelebende Wirkung, auch nicht bei den EU-Nachbarn. Vielmehr hätten sie die Konsequenz, dass Sparer ihr Geld eher zurückhalten, etwa auf Geldmarktkonten, statt es langfristig in Investitionen anzulegen.