Es ist gar nicht so selten, dass Mutter und Sohn oder gar Ehepaare gemeinsam im Gemeinderat entscheiden. Gehört das zu gelebter Demokratie oder ist es ein Zeichen von Vetterleswirtschaft? Da kann man geteilter Meinung sein. Das sagen unsere Autoren.
Pro: Ja, sie sollen, wenn die Wähler es wollen
Diese Gesellschaft braucht Menschen, die sich fürs Gemeinwohl engagieren. Heute mehr denn je. Warum also sollte man einem Interessierten die Mitarbeit in einem kommunalen Gremium verwehren, nur weil er eine Mutter, einen Sohn oder eine Schwester hat, die Gleiches tun? Entscheiden, ob die Kandidatin oder der Kandidat geeignet ist, sollten zunächst die Parteien, die sie oder ihn aufstellen. Und in letzter Konsequenz die Wähler.
Klar: Niemand kann wollen, dass gerade in kleinen Kommunen einzelne Familien(-Clans) Mehrheiten bilden und dann mehr oder weniger allein über das Wohl der Gemeinde entscheiden können. Darüber zu urteilen, obliegt den Wählerinnen und Wählern. Und die haben in aller Regel ein gutes Gespür dafür, ob Herr Maier und Frau Maier (oder eben nur einem von beiden) zuzutrauen ist, im Gemeinde- oder Stadtrat kundig mitzuberaten und uneigennützig mitabzustimmen.
Es ist wie bei der Diskussion um Altersgrenzen: Kein Kandidat sollte wegen seines Geburtsdatums diskriminiert werden, keiner wegen seiner familiären Herkunft. Er muss aber damit rechnen, im Zweifel auch nicht gewählt zu werden. So läuft Demokratie.
Contra: Nein, Vetternwirtschaft muss verhindert werden
Nicht alle, die in die Politik gehen, verfolgen die hehre Absicht, sich ausschließlich fürs Gemeinwohl einzusetzen. Da spielen auch persönliche Interessen eine Rolle, nicht zuletzt in der Kommunalpolitik. Um Einfluss zu bekommen, braucht es ein Amt. Selbstverständlich setzt man bei demokratisch gewählten Volksvertretern voraus, dass diese korrekt agieren – und die meisten tun das auch.
Doch was, wenn nicht? Wenn politische Ämter schamlos ausgenutzt werden, um sich selbst oder das Familienunternehmen zu bewerben? Die Übergänge zwischen neutraler Wertung und subjektiver Einschätzung von Projekten und Sachverhalten sind fließend. Es sollte keine Familienmacht an einer Stelle geben, an der folgenreiche Entscheidungen getroffen werden.
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Dass mal Vater und Tochter oder ein Ehepaar im Gemeinderat sitzen, mag in der Regel noch kein Problem sein. Theoretisch aber könnte ein achtköpfiger Gemeinderat aus acht Mitgliedern einer Familie bestehen. Bis 2006 durften zumindest in Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern keine Verwandten gemeinsam sitzen. Die Gefahr der Vetternwirtschaft sei zu groß, hieß es. Zu Recht.
Aber: wer schlußendlich gewählt wird entscheidet immer noch der Bürger und die Bürgerin bei der Stimmabgabe. Und es muß ja nicht unbedingt negativ behaftet sein, die beiden Stamms im Landtag waren schon recht interessant, was allerdings eher eine Ausnahmeerscheinung gewesen sein durfte...
Wenn in einer Gemeinde mit 8 Gemeinderäten, acht aus einer Familie stammen, wird das bestimmt einen Grund haben. Der Wähler ist schließlich nicht dumm.
Zitat Melanie Jäger "Theoretisch aber könnte ein achtköpfiger Gemeinderat aus acht Mitgliedern einer Familie bestehen."
Ganz schwaches Argument - theoretisch könnten auch 8 Sportkameraden, 8 Kartbrüder, 8 Katholische, 8 nicht überführte Straftäter usw. im Gemeinderat sitzen!
Letztlich entscheidet auch hier der Wähler und die Chance das 8 Mitglieder einer Familie den kompletten Gemeinderat stellen ist doch sehr weit herbeigeholt (und wenn dem so wäre hat der Wähler entschieden) - allerdings soll es ja Gemeinden geben in denen jeder mit jedem verwandt ist - näher führe ich das jetzt lieber nicht aus :D