Zwei Männer, die in dicke Wintermäntel gehüllt auf ihrem Schiff sitzen, das in der Ewigkeit des Eises Grönlands feststeckt. Der eisige Polarwind rauscht. Weit und breit keine Menschenseele in Sicht, schon gar keine Rettung aus dieser buchstäblich festgefahrenen Situation. Einer der beiden Männer liegt im Sterben, der andere, Kapitän Ramper, hat sein Leben noch vor sich. Doch ist er im ewigen Eis gefangen und bald auch noch mutterseelenallein. So beginnt die erste Szene aus "Ramper" vom Max Mohr, die die Zuschauenden frösteln und die Ausweglosigkeit der Situation erkennen lässt. Das Theater Ensemble Würzburg zeigt dieses Stück von Max Mohr am Bürgerbräugelände.
Ramper lässt die Einsamkeit und Isolation über 15 Jahre nach und nach zum Tier werden. Als man Ramper schließlich aus dem Eis rettet und zurück in die Zivilisation bringt, wird er zu einer Attraktion im Zirkus. Mehr Integration in der Welt der Menschen ist für ihn nicht vorgesehen. Er dient nur noch der Erheiterung und der Befremdung. Befremdet sind hier auch die Zuschauenden, wenn er in einem entwürdigendem Outfit über die Bühne geführt wird.
In einem Käfig gehalten
Jenseits der Manege hält man Ramper in einem Käfig, bis ein Arzt auf seinen Fall aufmerksam wird und sich seiner annimmt. Nicht aus Nächstenliebe und Mitgefühl, mehr aus wissenschaftlichem Interesse. Seine Zirkusfamilie kassiert eine hohe Ablösesumme, die sie zu Wurstfabrik-, Himmelbett- und Pelzmäntelbesitzern macht.
Ramper wird in der Klinik unterdessen zurück in die Welt der Menschen geführt. Erlernt die Sprache und soziale Interaktion. Glücklich ist er darüber nicht. Doch das interessiert sein Umfeld wenig. Vorgefertigt ist die Lebenswelt, die für ihn vorgesehen ist und solange er in diese nicht reinpasst, darf er die Klinik nicht verlassen. Ein Dilemma, denn er möchte nicht zu dieser Art Mensch werden, der man die Freiheit zusprechen würde.
Wenig Anlass zum Schmunzeln
Jeder Autonomie beraubt fristet er sein Dasein hinter verschlossenen Türen. Einzig die Frau des Klinikchefs versteht ihn und verhilft ihm zur Flucht. Gemeinsam versuchen sie sich ein neues Leben aufzubauen. Seinen Traum, nach Grönland zurückzukehren, trägt Ramper mit sich und sieht jeden Tag den Schiffen nach, die den Hafen verlassen. Im letzten Moment sagt er sich dennoch davon los.
Das vom Theater angekündigte humorige und spannende Psychogramm schleppt sich über den Abend hinweg und gibt wenig Anlass zum Schmunzeln. Die starken süddeutschen sprachlichen Einfärbungen des Ensembles beeinträchtigen die Authentizität einer in Norddeutschland spielenden Geschichte. Am Ende gelingt es dem Ensemble dennoch, dass Publikum nachdenklich zu stimmen: Können Liebe und Empathie mehr retten als die Wissenschaft? Und es bleibt der Eindruck, dass Glück am Ende des Tages kein maßgeschneiderter Mantel ist, der jedem passt.